Psychische Gesundheit fördern und erhalten (Seite 7/9)

Wege zu mehr psychischer Fitness

Demjenigen, der sich psychisch nicht fit genug fühlt, stehen verschiedene Wege offen, Unterstützung zu finden: Ratgeber, Seminare, Coachings oder Psychotherapie.

Selbstfürsorge bereitet jedem Menschen eine Basis des guten Umgangs mit sich selbst. Ratgeber in Form von Büchern oder Videos vermitteln häufig einen wichtigen ersten Überblick über das eigene Thema. Doch Vorsicht! Selbst eindeutige Diagnosen anhand der eigenen Rechercheergebnisse stellen zu wollen, kann häufig die Not erst einmal größer machen. Denn meistens fehlt es an Wissen und Erfahrung, um wirklich einschätzen zu können, was einem selbst oder einer nahestehenden Person fehlt und vor allem, wie und wo man Hilfe bekommt.

Seminare online und in Präsenz

Viele Psychologen bieten inzwischen auch Webinare an, zum Beispiel wenn es um Themen wie Beziehungsfähigkeit oder Selbstverwirklichung geht. Diese Online-Seminare sind meistens kostenpflichtig. Sie bieten die Möglichkeit, am eigenen Thema zu arbeiten. Meistens kann man auch Fragen einbringen, die dann gesammelt beantwortet werden.

"Traditionell" fanden und finden, nach der Unterbrechung aufgrund der Corona-Lockdows, die meisten Seminare oder auch Workshops (wieder) in Präsenz statt. Sie bieten die Möglichkeit, sich ein oder mehrere Tage mit einem Thema zu beschäftigen. Der Austausch mit dem Trainer und den anderen Seminarteilnehmern kann anregend und inspirierend sein und den Blick auf das eigene Thema erweitern. Außerdem können Kontakte mit Seminarteilnehmern auch fortgeführt werden.

Coaching und Beratung

Häufig findet Coaching im beruflichen Kontext statt. Vereinfacht formuliert arbeitet man im Coaching an Themen, die das eigene Verhalten oder Denken betreffen, mit dem Ziel, sein eigenes Potenzial noch besser leben zu können. In der Psychotherapie geht es dagegen darum, Symptome von Störungen abzumildern oder im Idealfall auch die Störung selbst zu heilen, um überhaupt erst einmal einen freieren Zugriff auf das eigene Potenzial zu bekommen. Wer die Gelegenheit hat, im Job ein Coaching wahrzunehmen, kann dabei auch immer seine ureigenen Themen bearbeiten. Denn wer beispielsweise zu zögerlich im Job ist, wird privat nicht unbedingt ein Hansdampf in allen Gassen sein.

Um sich coachen zu lassen, ist man aber nicht darauf angewiesen, dass die Personalabteilung zustimmt. Man kann sich auch selbst einen Coach suchen. Das Honorar dafür ist eine sinnvolle Investition in die eigene Entwicklung.

Psychologische und psychosoziale Beratung unterstützt Menschen, wenn sie beispielsweise unter einer akuten Krise leiden oder bestimmte Fähigkeiten erlernen wollen, um insgesamt besser durchs Leben zu kommen. Im Unterschied zu einer Psychotherapie dürfen bei Beratungsangeboten jedoch keine psychischen Störungen mit Krankheitswert behandelt werden, es dürfen nicht einmal Diagnosen gestellt werden. Psychische Störungen werden nur unterstützend begleitet. Berater arbeiten also grundsätzlich nicht psychotherapeutisch beziehungsweise dürfen es auch nicht.

Abschnitt Beratung vs. Psychotherapie

Psychotherapie bedeutet die Behandlung der Psyche oder Seele mit wissenschaftlichen psychologischen Methoden. Störungen des Denkens, Handelns und Erlebens sollen dabei gelindert oder auch geheilt werden. Die angewandten Methoden oder Verfahren basieren auf verschiedenen Psychotherapieschulen wie Verhaltenstherapie, Systemischer Therapie oder Psychoanalyse.

Abschnitt Unterschied Psychotherapeut - Psychologe - Psychiater

Wer psychisch fitter oder gesünder werden möchte, kann Unterstützung unterschiedlicher Art in Anspruch nehmen. Viele Selbsthilfegruppen arbeiten mit Psychologen oder Psychotherapeuten zusammen. Ratgeber und Seminare können helfen, sich selbst besser verstehen zu lernen und auch selbst mehr Initiative zu ergreifen. In Coaching oder Beratung kann man beispielsweise konkrete Fähigkeiten erlernen, um bestimmte Ziele schneller zu erreichen oder besser mit bestimmten Herausforderungen umgehen zu können. Psychotherapie kann einen dabei unterstützen, tieferlegende Probleme zu bearbeiten oder psychische Verletzungen und Traumata zu heilen. Die Bandbreite der Möglichkeiten ist groß. Es geht darum, diejenige Hilfe in Anspruch zu nehmen, die in der aktuellen Lebenssituation am wirksamsten ist. Und manchmal können das verschiedene zugleich sein.

Psychotherapie

Psychotherapeutische Sprechstunde ohne Überweisung (GKV)

Psychotherapeut:innen sind darin ausgebildet, ihre Klient:innen möglichst schnell wieder zu stabilisieren. Über die psychotherapeutische Sprechstunde bekommt jeder gesetzlich Krankenversicherte einen schnellen Erstzugang zur Psychotherapie. Für die Sprechstunde benötigt man keine Überweisung und es muss dafür kein Antrag bei der eigenen Krankenkasse gestellt werden. Man benötigt lediglich die Versichertenkarte. Im Rahmen einer psychotherapeutischen Sprechstunde kann bereits eine kurze psychotherapeutische Intervention durchgeführt werden, wenn der Betroffene unter einem besonders hohen Leidensdruck steht.

Die psychotherapeutische Sprechstunde ist für gesetzlich Krankenversicherte der verbindliche Erstzugang zu einer Psychotherapie. Die Teilnahme an mindestens zwei Mal 25 Minuten psychotherapeutischer Sprechstunde ist Bedingung, um im Anschluss eine andere kassenfinanzierte psychotherapeutische Behandlung, zum Beispiel eine Kurz- oder Langzeittherapie oder auch eine Akutbehandlung, beginnen zu können.

Kommt die Psychotherapeutin, der Psychotherapeut, zu dem Schluss, dass eine Akutbehandlung nötig ist, stellt sie oder er dafür eine schriftliche Empfehlung aus. Wenn bei dieser Therapeutin oder diesem Therapeuten keine Termine für eine Akutbehandlung mehr frei sind, kann man sich mit dieser Empfehlung selbst auf die Suche nach einem Psychotherapieplatz machen.

Das Formblatt PTV10 zur Information der Patientinnen und Patienten im Rahmen der Psychotherapeutischen Sprechstunde können Sie hier herunterladen.

Schnelle Hilfe mit der Akutbehandlung (GKV)

Auf eine Akutbehandlung hat jeder Anspruch, der sich gerade in einer Krise befindet. Sie ist eine Art Kurzform der Psychotherapie sowie schnell und unkompliziert möglich. Sie soll zur Besserung akuter psychischer Krisen beitragen und ist auf eine kurzfristige Verbesserung der Symptomatik der Patient:innen ausgerichtet. Stellt sich heraus, dass eine Akutbehandlung nicht ausreicht, werden Betroffene so stabilisiert, dass sie auf eine Psychotherapie vorbereitet sind oder ihnen eine andere ambulante, teil- oder vollstationäre Maßnahme empfohlen werden kann.

Versicherte können sich direkt an Therapeut:innen oder an die Kassenärztlichen Vereinigungen wenden. Auf diese schnelle Hilfe hat auch Anspruch, wer sonst schwerer oder chronisch erkranken würde, nicht mehr arbeiten könnte oder ins Krankenhaus eingewiesen werden müsste. Eine Akutbehandlung besteht aus bis zu 24 Gesprächseinheiten à 25 Minuten und sie muss nicht von der Krankenkasse genehmigt werden.

Wer privat versichert ist, sollte sich bei seiner Krankenkasse informieren, ob und in welcher Höhe die Krankenversicherung die Kosten für eine Akutbehandlung oder eine Psychotherapie übernimmt.

Abschnitt Psychotherapie für gesetzlich Versicherte

Terminservicestellen müssen binnen zwei Wochen Akutbehandlung vermitteln

Wer selbst keinen Psychotherapeuten für eine kurzfristige Behandlung finden kann, kann sich auch an die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen wenden. Diese Stellen müssen versuchen, innerhalb von zwei Wochen einen Termin für die Akutbehandlung zu vermitteln. Gelingt dies der Terminservicestelle nicht, muss sie versuchen, einen Termin in einer Krankenhausambulanz zu besorgen.