Merkmale und Vorteile einer Familientherapie
In einer Familientherapie wird versucht, Veränderungen des Systems „Familie“ anzustoßen. Dabei sieht sich der Therapeut nicht als Experte, der eine Diagnose stellt und Lösungen vorgibt. Stattdessen unterstützt er die Familie dabei, Schwierigkeiten aufzulösen, neue Perspektiven zu finden und befriedigendere Formen des Zusammenlebens zu entwickeln.
Dabei nimmt der Therapeut eine typische Grundhaltung ein: Er behandelt alle Beteiligten mit Respekt und Wertschätzung und zeigt Interesse an ihren bisherigen Handlungsweisen und Lebenseinstellungen. Er betrachtet die unterschiedlichen Sichtweisen, Annahmen und Überzeugungen der einzelnen Familienmitglieder unvoreingenommen und macht deutlich, dass solche Unterschiede etwas ganz Normales sind und es sich lohnt, in der Therapie damit zu arbeiten.
Die systemische Therapie ist lösungsorientiert und versucht, zügig Verbesserungen zu erreichen. Ein wichtiges Prinzip ist dabei die „Hilfe zur Selbsthilfe“: Die Therapie soll die Eigeninitiative der Klienten bei der Lösung ihrer Probleme fördern. Deshalb reicht oft eine relativ kurze Therapiedauer aus – im Durchschnitt zwischen 6 und 20 Sitzungen. Sie finden oft in relativ großen Abständen statt: Zu Beginn der Therapie meist alle zwei bis vier Wochen, später immer seltener. Die wichtigste Therapiearbeit wird zwischen den Sitzungen geleistet: Hier können die Klienten neue Erkenntnisse aus der Therapie im Alltag ausprobieren und Hausaufgaben erledigen.
Wesentlich bei einer Familientherapie ist auch, dass der Therapeut großen Wert auf die Ressourcen und Stärken der Beteiligten legt. So wird er immer wieder herausarbeiten, was in der Familie – trotz aller Probleme – gut läuft, wo die Stärken jedes Einzelnen liegen und worauf die Familienmitglieder stolz sind. Gleichzeitig arbeitet der Therapeut selbst kleine Fortschritte und Veränderungen heraus und lobt die Klienten dafür ausgiebig.
Vorteile einer Familientherapie
Ein großer Vorteil der Familientherapie ist, dass in den Therapiestunden typische Verhaltensmuster, Umgangsformen und ungeschriebene Regeln der Familie direkt beobachtet werden können. Weil der Therapeut durch gezielte Fragen neue Sichtweisen auf die problematische Situation ermöglicht, kann er oft durch geringe Anstöße relativ schnell Veränderungen anregen, die oft zu überraschenden therapeutischen Erfolgen führen.
Durch die systemische Sichtweise wird außerdem vermieden, die Schuld für ein Problem dem Patienten selbst oder seiner Familie zuzuweisen – denn die Probleme werden immer durch die wechselseitigen Einflüsse zwischen den Familienmitgliedern erklärt.
Bei diesen Problemen kann eine Familientherapie helfen
Eine systemische Therapie kann in allen Situationen hilfreich sein, die mit den wechselseitigen Beziehungen der Familienmitglieder zu tun haben: Etwa, wenn einer in der Familien unter psychischen Problemen leidet, wenn die Familie schwierige Lebenssituationen oder Übergangsphasen (zum Beispiel Geburt eines Kindes, Auszug der Kinder) bewältigen muss oder wenn ungünstige Verhaltensmuster zwischen den Familienmitgliedern zu Problemen führen. Sie kann sowohl zur kurzfristigen Lösung von Krisen eingesetzt werden, als auch, um langfristige Problemlösungen zu entwickeln.
Typische Themen, bei denen eine Familie von Familientherapie profitieren kann, sind:
- psychische Probleme oder Erkrankung eines Kindes, Jugendlichen oder Erwachsenen (zum Beispiel Depressionen, Verhaltensauffälligkeiten, Essstörungen, Sucht)
- Eheprobleme, Trennung und Scheidung
- Förderung der Erziehungskompetenzen der Eltern
- schulische Probleme
- chronische körperliche Erkrankung oder lebensbedrohliche Erkrankung eines Familienmitglieds
- Probleme in Pflegefamilien oder bei Adoption
- traumatische Erfahrungen, Verlust eines Familienmitglieds, Trauer
- durch schwerwiegende Konflikte zerrüttete Familien