Angehörige psychisch Kranker (Seite 8/11)

So können Angehörige bei Psychosen helfen

Thomas, 38 Jahre alt, leidet seit mehreren Jahren an einer paranoiden Schizophrenie. Schon in jüngeren Jahren fällt seinen Freunden auf, dass er sich manchmal bedroht fühlt und Zusammenhänge wahrnimmt, die sie nicht sehen. Mit der Zeit nehmen seine Ängste und Verfolgungsideen immer mehr zu. Thomas zieht sich vor Freunden und Familie zurück, kann seiner Arbeit in der Stadtverwaltung nicht mehr nachgehen und verlässt schließlich kaum noch seine Wohnung.

Seine Eltern verstehen nicht recht, was mit ihm los ist und machen sich große Sorgen. Schließlich drängen sie ihn, in eine Klinik zu gehen. Thomas weigert sich jedoch lange Zeit, weil er befürchtet, dass die Ärzte ihm nur schaden wollen. In einem Moment, als er sich durch „Kriminelle im Internet, die ihn angreifen wollen“ besonders bedroht fühlt, gelingt es seiner Mutter schließlich, mit ihm in eine Klinik zu fahren.

Nach der Entlassung zieht Thomas zurück ins Haus seiner Eltern. Die Mutter berichtet, dass er in manchen Phasen ängstlich und antriebslos ist und sich oft in sein Zimmer zurückzieht. Dann wieder gehe es ihm gut und er sei „fast wieder der Alte“.

Immer wieder setzt Thomas jedoch seine Medikamente ab, so dass seine Symptome zurückkommen und er schließlich wieder in einer Klinik behandelt werden muss. Die Eltern kümmern sich fürsorglich um Thomas, merken aber, dass sie mit zunehmendem Alter an ihre Grenzen kommen. Mit der Zeit sind sie verzweifelt, weil sie schon so viel versucht haben und es trotzdem immer wieder zu Rückfällen kommt.

Welche Schwierigkeiten können in der Familie auftreten, wenn ein Angehöriger von einer Psychose betroffen ist?

Wenn ein Angehöriger an einer Psychose erkrankt, ist das für die Familie meist sehr verunsichernd und belastend. Oft haben die Betroffenen Wahnvorstellungen oder Halluzinationen. Sie sagen dann häufig Dinge, die bizarr oder erschreckend sind oder sie verhalten sich eigenartig und für andere schwer nachvollziehbar. Es kann sein, dass der Erkrankte sich zurückzieht oder sich auch bei nahestehenden Menschen misstrauisch oder feindselig verhält.

Die meisten Angehörigen wissen zunächst nicht, was los ist und können das Verhalten des Betroffenen schwer nachvollziehen. Oft sind sie unsicher, wie sie sich dem Erkrankten gegenüber verhalten sollen und wie sie ihm helfen können.

Nicht selten weigern sich an einer Psychose Erkrankte, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, etwa zu einem Arzt oder in eine Klinik zu gehen. Das hängt damit zusammen, dass sie oft nicht erkennen, dass sie krank sind oder dass sie keine Hilfe annehmen möchten.
In Phasen, in denen es dem Erkrankten besser geht, sind die Angehörigen oft sehr erleichtert.

Gleichzeitig machen sie sich oft weiterhin Sorgen, etwa, dass es zu einem Rückfall kommen könnte oder ob es dem Erkrankten gelingt, im Beruf oder in den sozialen Beziehungen wieder zu einem weitgehend normalen Leben zurückzukehren.

Wie können Sie Ihren Angehörigen mit einer Psychose möglichst gut unterstützen?

Wenn Sie Ihren Angehörigen mit einer Psychose gut unterstützen möchten, beachten Sie auch die allgemeinen Tipps unter „Wie kann ein guter Umgang mit der psychischen Erkrankung gelingen?“ und „Was können Angehörige selbst für ihre psychische Gesundheit tun?“ oder den "Informationsteil für Angehörige".

Weiterhin kann Folgendes hilfreich sein, um zu einer Besserung der Psychose beizutragen und Rückfällen vorzubeugen:

  • An einer Psychose Erkrankte erleben oft großen Stress. Deshalb ist es wichtig, dass Sie Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen. Bleiben Sie selbst gelassen, sorgen Sie für eine ruhige, entspannte Atmosphäre und sprechen sie ruhig mit ihrem Angehörigen. Akzeptieren Sie, wenn er sich zurückziehen möchte. Und vermeiden Sie, mit ihm zu streiten oder ihm Vorwürfe zu machen.
  • Unterstützende soziale Netzwerke sind für den Betroffenen sehr wichtig. Seien Sie einfach für Ihren Angehörigen da, zeigen Sie ihm, dass Sie ihn weiterhin lieben und zu ihm halten und unterstützen Sie ihn bei alltäglichen Dingen. Auch andere Netzwerke wie der Freundeskreis oder die Teilnahme an Freizeitgruppen können für den Erkrankten hilfreich sein.
  • Eine vertraute Umgebung, Stabilität und vertraute Abläufe können Sicherheit geben und Ängste und Stress verringern.
  • Angehörige sind oft unsicher, wie sie sich dem Erkrankten gegenüber verhalten und wie sie mit ihm sprechen sollen. Wichtig ist dabei Folgendes:
  • Seien Sie Sie selbst und verstellen Sie sich nicht.
  • Versuchen Sie nicht, dem Erkrankten seine Wahnvorstellungen auszureden, sondern interessieren Sie sich für das, was er wahrnimmt und erlebt. Die psychotischen Erlebnisse sind für viele sehr beängstigend und belastend. Nehmen Sie Ihren Angehörigen ernst und zeigen Sie Verständnis und Akzeptanz für seine Situation – ohne dabei direkt auf die Wahnvorstellungen einzugehen.
  • Sie können versuchen, das Gespräch auf die gesunden Aspekte des Betroffenen oder auf andere, neutrale Themen zu lenken.
  • Regen Sie Ihren Angehörigen zu regelmäßiger körperlicher Aktivität an, zum Beispiel, indem Sie gemeinsam mit ihm spazieren gehen.
  • Wenn Ihr Angehöriger sich weigert, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, kann möglicherweise der Hausarzt eine erste Anlaufstelle sein. Oder vielleicht können Sie Ihren Angehörigen motivieren, einen Termin in einem Krisenzentrum, einer psychotherapeutischen oder psychiatrischen Praxis oder einer psychiatrische Ambulanz wahrzunehmen.
  • Sollte Ihr Angehöriger aggressiv werden oder haben Sie das Gefühl, dass er sich selbst oder anderen Gewalt antun könnte, sollten Sie schnell Hilfe holen. Sie können zum Beispiel seinen behandelnden Arzt, den sozialpsychiatrischen Dienst oder den Notarzt anrufen. Besteht eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung, können Sie auch die Polizei rufen und den Betroffenen auch gegen seinen Willen in eine psychiatrische Klinik einweisen lassen. Auch wenn Ihnen dieser Schritt drastisch erscheint: Dies ist wichtig, damit der Betroffene umgehend Hilfe erhält und zugleich andere geschützt werden.

Im Serviceteil finden Sie konkrete Leseempfehlungen und bundesweite Anlaufstellen, an die Sie sich mit Ihren Sorgen und Problemen als Angehöriger wenden können.