Schutz und Rechte von Patienten bei Problemen in der Psychotherapie (Seite 4/9)

Beschwerde­möglich­keiten

Hat sich ein Patient entschlossen, sich über seinen Therapeuten zu beschweren, hat er verschiedene Möglichkeiten.

Zunächst ist es wichtig, zu wissen, welche Ausbildung der Therapeut hat: Handelt es sich um einen psychologischen Psychotherapeuten, einen ärztlichen Psychotherapeuten oder einen Heilpraktiker für Psychotherapie?

Wann sollte ein Klient eine offizielle Beschwerde in Betracht ziehen?

Ist eine direkte Klärung mit dem Therapeuten bei leichteren Problemen nicht möglich, ist es sinnvoll, sich zunächst Rat und Unterstützung bei einer fachkundigen Beratungsstelle (siehe „Liste der Anlaufstellen“) oder bei der telefonischen Beratung einer Psychotherapeutenkammer zu holen. Diese können über Patientenrechte informieren und dazu beraten, ob im individuellen Fall ein Grund für eine Beschwerde vorliegt und ob eine offizielle Beschwerde sinnvoll ist.

Wenn es aber in der Therapie zu schwerwiegenden, inakzeptablen Vorfällen, wie etwa einem sexuellen Übergriff gekommen ist, ist es einerseits ratsam, in einem ersten Schritt die Behandlung zeitnah abzubrechen. Anschließend sollte man sich baldmöglichst an anderer Stelle im persönlichen Umfeld oder im professionellen Bereich Unterstützung, etwa durch eine Psychotherapie bei einem anderen Therapeuten suchen.

Darüber hinaus ist es empfehlenswert, sich hinsichtlich weiterer Schritte über eine offizielle Beschwerde bis hin zur Strafanzeige von einer unabhängigen Beratungsstelle wie bspw. dem Ethikverein e.V. beraten zu lassen. Auch § 174 c des Strafgesetzbuches untersagt u. a. (Psycho-)Therapeuten sexuelle Handlungen mit Klienten und Patienten.

Die Entscheidung dafür, offiziell Beschwerde einzulegen, hängt auch davon ab, was man damit erreichen möchte. So kann eine Beschwerde sinnvoll sein, wenn sie eine Klärung von Unstimmigkeiten zwischen Therapeut und Patient verspricht, etwa bei Unstimmigkeiten über Ausfallhonorare. Weiterhin kann eine Beschwerde darauf abzielen, dass das Fehlverhalten des Therapeuten in Zukunft nicht mehr auftritt. So legen viele Patienten aus dem Wunsch heraus Beschwerde ein, andere Patienten vor dem Fehlverhalten des Therapeuten zu schützen.

Zieht man in Erwägung, sich offiziell zu beschweren, sollte man sich bewusst machen, dass dies ein längerer Prozess sein kann, der mit psychischen Belastungen einhergehen kann. Daher ist es wichtig, sich zu überlegen, ob man sich psychisch zu einer Beschwerde in der Lage fühlt.

Wo kann man sich über Therapeuten beschweren?

Psychologische Psychotherapeut:innen

Beschwerden über psychologische Psychotherapeuten können bei der Psychotherapeutenkammer des Bundeslandes eingereicht werden, in dem der Therapeut seinen Beruf ausübt, Beschwerden über ärztliche Psychotherapeuten bei der Ärztekammer des Bundeslandes, in dem der Therapeut tätig ist.

Eine weitere Möglichkeit ist, bei einem Berufsverband, dem der Psychotherapeut angehört, Beschwerde einzulegen. Dieser beruft dann eine Schiedskommission ein, die über die Beschwerde urteilt.

Heilpraktiker:innen für Psychotherapie

Beschwerden über Heilpraktiker für Psychotherapie sind an das zuständige örtliche Gesundheitsamt zu richten. Dies gilt auch, wenn es sich dabei um Psychologen handelt. Weiterhin ist bei entsprechenden Verstößen auch ein zivil- oder ggf. strafrechtliches Vorgehen gegen einen Heilpraktiker vor Gericht möglich.

Auch bei Heilpraktikern, die Mitglied in einem Berufsverband sind, kann eine Beschwerde beim Berufsverband eingereicht werden. Allerdings bestehen in diesem Fall weniger Sanktionsmöglichkeiten gegen den Therapeuten. Zudem bieten nicht alle Berufsverbände diese Möglichkeit an, und nicht alle Psychotherapeuten oder Heilpraktiker gehören einem Berufsverband an.

Was muss man bei einer offiziellen Beschwerde beachten?

Günstig ist es, bei einer Beschwerde Belege für das Fehlverhalten des Therapeuten vorlegen zu können. Dies können E-Mails, Chats oder andere schriftliche Kommunikation oder Fotos sein, die das Fehlverhalten belegen, oder zumindest eigene, mit Datum versehene Notizen über die Vorkommnisse in der Therapie. Günstig ist es auch, wenn möglich, Zeugen zu finden, die Aussagen zu den Vorkommnissen machen können.

Wie läuft eine Beschwerde bei einem Berufsverband ab?

Auch bei einem Berufsverband, bei dem der Therapeut Mitglied ist, muss der Patient die Beschwerde schriftlich einreichen und seinen Therapeuten von der Schweigepflicht entbinden. Der Berufsverband fordert dann eine schriftliche Stellungnahme des Therapeuten. Anschließend kann er eine Schlichtungskommission einberufen, die die Konfliktparteien anhört und über die Beschwerde urteilt. Die Konsequenzen für den Therapeuten können hier zum Beispiel eine Verwarnung, ein Verweis, eine Geldbuße, die Aberkennung von vom Verband verliehenen Zertifikaten oder der Ausschluss aus dem Verband sein.

Kann der Klient Strafanzeige erstatten?

Ganz allgemein kann jeder Anzeige erstatten, wenn er glaubt, dass eine Straftat geschehen ist. Dies gilt auch, wenn die Tat in einer Psychotherapie geschehen ist. Eine solche Straftat kann zum Beispiel Körperverletzung oder sexueller Missbrauch sein. Die Strafanzeige kann bei der Polizei, dem Amtsgericht oder der Staatsanwaltschaft eingereicht werden. Sie kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Durch die Anzeige werden polizeiliche Ermittlungen ausgelöst. Um die Ermittlungen zu beschleunigen, empfiehlt es sich, die Anzeige bei der Polizei einzureichen. Von der Polizei wird die Anzeige gleichzeitig an die Staatsanwaltschaft weitergegeben. Diese entscheidet nach Abschluss der Ermittlungen, ob gegen den Beschuldigten Anklage erhoben wird oder ob das Verfahren eingestellt wird. Ist letzteres der Fall, erhält der Erstatter der Anzeige einen schriftlichen Bescheid, in dem er auf Beschwerdemöglichkeiten hingewiesen wird. Zu beachten ist auch, dass eine einmal erstattete Anzeige nicht zurückgezogen werden kann.

Bei der Erstattung einer Strafanzeige gibt es grundsätzlich keine Verjährungsfrist. Ausnahme sind bestimmte, minderschwere Vergehen. Hier muss innerhalb von drei Monaten Anzeige erstattet werden.