Missbrauch und Abhängigkeit von Medikamenten

Bei 4 bis 5 Prozent der häufig von Ärzten verordneten Medikamente besteht Missbrauchs- und Suchtgefahr

Neben Alkohol und Drogen gibt es auch Medikamente, die zu Missbrauch und Abhängigkeit führen können. Insgesamt besitzen 4 bis 5 Prozent der häufig von Ärzten verordneten Medikamente ein Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential.

Viele Betroffene nehmen die Medikamente gewohnheitsmäßig ein und sind sich ihrer Abhängigkeit gar nicht bewusst – auch, weil die Medikamente ja vom Arzt verschrieben werden und sie diese als notwendige Therapie ansehen. Andere steigern die Dosis immer weiter und finden Wege, um mehr von den Medikamenten zu bekommen als ihnen vom Arzt verschrieben wurde – zum Beispiel, indem sie verschiedene Ärzte aufsuchen.

Ein Problem dabei ist, dass Ärzte und andere Mitarbeiter des Gesundheitssystems die Medikamentenabhängigkeit häufig nicht erkennen. Zudem neigen manche Ärzte dazu, die Medikamente weiter zu verordnen, statt die Patienten zu einer Behandlung der Abhängigkeit zu motivieren.

Folgende Substanzgruppen können zu Missbrauch und Abhängigkeit führen:

  • starke Schmerzmittel: Opiate und Opioide
  • Schlafmittel (Hypnotika) und Beruhigungsmittel (Sedativa, Tranquilanzien)
  • Benzodiazepin-Analoga (so genannte Z-Drugs), die als Schlafmittel eingesetzt werden
  • Misch-Analgetika: Hier wird ein Schmerzmittel mit einer anderen psychoaktiv wirkenden Substanz kombiniert, zum Beispiel mit Codein oder Koffein
  • Psychostimulanzien: Amphetamine und damit verwandte Substanzen

Das stärkste Abhängigkeitspotential haben dabei Benzodiazepine und Misch-Analgetika.

Ursachen von Medikamentenmissbrauch und -abhängigkeit

Ähnlich wie beim Missbrauch und Abhängigkeit von Alkohol oder Drogen entsteht die Abhängigkeit von Medikamenten durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Meist werden die Medikamente zunächst verordnet, um psychische oder körperliche Beschwerden (wie Schlafstörungen oder Schmerzen) zu lindern. Dabei trägt auch ein problematisches Verschreibungsverhalten der Ärzte dazu bei, dass Medikamentenmissbrauch und -abhängigkeit entstehen. Psychische und soziale Faktoren, etwa starke psychische Belastungen, können dazu beitragen, dass das Medikament länger eingenommen wird als ursprünglich beabsichtigt. Auf der anderen Seite spielen genetische Faktoren eine Rolle dabei, wie stark jemand dazu neigt, eine Abhängigkeit zu entwickeln. Beim Versuch, das Medikament abzusetzen oder zu reduzieren, kommt es oft zu unangenehmen Entzugserscheinungen. Daher nehmen viele Betroffene das Medikament erneut ein, um die Entzugserscheinungen zu vermeiden oder zu lindern.

Welche anderen psychischen Störungen treten häufig gleichzeitig auf?

Beim Missbrauch und der Abhängigkeit von Medikamenten bestehen gleichzeitig oft weitere psychische Störungen. Dazu gehören insbesondere Angststörungen, Depressionen und Persönlichkeitsstörungen. Diese haben entweder schon vor der Abhängigkeit bestanden und waren möglicherweise der Grund, dass überhaupt Medikamente eingenommen wurden. Sie können aber auch eine Folge des Medikamentenmissbrauchs bzw. der -abhängigkeit sein.

Häufigkeit von Missbrauch und Abhängigkeit von Medikamenten

Es wird geschätzt, dass in Deutschland 1,4 bis 1,9 Millionen Menschen abhängig von Medikamenten sind. Etwa 80 Prozent der Betroffenen sind von Benzodiazepinen abhängig.

Ältere Menschen sind häufiger von einer Medikamentenabhängigkeit betroffen als Jüngere. So steigt die Häufigkeit ab dem 40. Lebensjahr an und ist besonders bei Menschen ab dem 60. Lebensjahr hoch.

Weiterhin sind Frauen etwa doppelt so häufig von einer Medikamentenabhängigkeit betroffen wie Männer.