Was ist eine Kombinationstherapie?
Gruppentherapie kombiniert mit Einzeltherapie bietet Klient:innen oft bessere Entwicklungschancen
01.08.2023 Von Angelika Völkel
Die Kombinationstherapie verbindet für die Behandlung einzelner Klient:innen die beiden psychotherapeutischen Settings Gruppentherapie und Einzeltherapie. In der Psychotherapie steht der Begriff „Setting“ für die Rahmenbedingungen, unter denen eine Behandlung durchgeführt wird.
Gleichzeitig sozialer Rückhalt und individuelle Begleitung
Durch diese Verbindung können sich die behandelten Klient:innen die Vorteile von Gruppentherapie und Einzeltherapie zu Nutze machen.
Psychotherapieplätze sind nach wie vor rar, vor allem wenn die Kosten dafür über die gesetzliche Krankenkasse abgerechnet werden müssen. Psychotherapie im Gruppensetting ist nachweislich so wirksam wie im Einzelsetting.
Nicht nur der Einzelne, auch das System insgesamt könnte profitieren
In einer Gruppe können vier bis acht oder sogar zehn Klient:innen gleichzeitig behandelt werden. Das bedeutet, dass sehr viele Menschen schneller eine Psychotherapie beginnen könnten, wenn mehr Psychotherapeut:innen auch Gruppentherapie anbieten würden.
Was macht die Kombinationstherapie für Patienten so wertvoll?
Rückhalt und Zusammenhalt der Gruppe
Viele Klient:innen, die gruppentherapeutische Erfahrungen gesammelt haben, berichten, dass der soziale Rückhalt in der Gruppe ihnen eine zusätzliche Unterstützung bieten würde. Sie fühlten sich geschützt und würden den Zusammenhalt als große Stärkung erleben.
Außerdem lernen sie Gleichgesinnte kennen, was es leichter machen würde, über die eigenen Probleme und Schwierigkeiten zu sprechen. Wer selbst depressiv ist, kann einem Leidensgenossen sehr viel wertvollere Tipps und Ratschläge geben. Wer unter einer Angststörung leidet, fasst deutlich mehr Mut, wenn er mit jemanden sprechen kann, der diese Störung weitgehend überwunden hat.
Weil verschiedene Klient:innen meist unterschiedliche Perspektiven einnehmen, können in einer Gruppe außerdem ganz neue Lösungsansätze entwickelt werden. Wer in der Gruppentherapie einfach einmal nur zuhören möchte, gewinnt allein schon dadurch neue Einsichten und wertvolle Anregungen.
Kombinationstherapie verringert Therapieabbrüche
Die Kombination beider Therapiesettings verringert nachweislich die Abbruchraten einer Psychotherapie: Die Einzeltherapie erleichtert den Patienten, Kritik und Unsicherheiten an der Gruppentherapie auszudrücken. Viele Klient:innen, die diese Ergänzung der Gruppentherapie nicht erleben, laufen Gefahr, stille Entscheidungen zu treffen. Diese Entscheidungen werden dann meist erst geäußert, wenn sie nicht mehr rückgängig gemacht werden wollen.
Einzelsitzungen für sensible Themen und Vertiefung
In der Einzeltherapie wiederum können Klient:innen die in der Gruppentherapie angestoßenen Prozesse noch einmal tiefer verarbeiten. Sie können bewegende Situationen, die sie in der Gruppe erlebt haben, mit dem Psychotherapeuten noch einmal ausführlich zu zweit bearbeiten. Gleichzeitig können in den Einzelsitzungen sensible Themen überhaupt erst einmal angesprochen und der Umgang damit so vorbereitet werden, dass sie vom Klienten dann auch in der Gruppe eingebracht werden können.
In einer Gruppentherapie entwickeln sich oft Krisen, die eine intensive Bearbeitung erfordern. Manchmal braucht ein einzelner Patient auch mehr Zeit und Aufmerksamkeit, als es im Rahmen einer reinen Gruppentherapie möglich ist. In der Einzelsitzung kann der Klient dann individuell behandelt und stabilisiert werden.
Auch Therapeut:innen bietet die Kombinationstherapie Vorteile
Der Therapeut lernt den Klienten im Einzelsetting schneller kennen und weiß um seine Hauptkonflikte.
Vor diesem Hintergrund kann der Therapeut den Klienten besser in die Gruppe einführen und die Bedürfnisse des Klienten hinsichtlich der Interventionen im Rahmen der Gruppentherapie individueller berücksichtigen. Schwierigkeiten zwischen dem Klienten und der Gruppe kann er früher wahrnehmen und innerhalb der Gruppe bewältigen. Außerdem kann der Therapeut die therapeutische Beziehung zum Klienten besser aufbauen und halten.
Welche Krankheiten lassen sich per Kombinationstherapie behandeln?
Die Kombination von Gruppen- und Einzeltherapie erlaubt es, die meisten psychischen Störungen wie zum Beispiel Angststörungen, Depressionen, Burn-Out-Syndrom, Trauma-Störungen, Suchterkrankungen, Zwangsstörungen, Essstörungen, psychosomatische Erkrankungen oder auch somatoforme Störungen zu behandeln.
Trotz ihres enormen Potenzials werden derartige Kombinationsbehandlungen bisher vergleichsweise selten genutzt und angeboten.
Nicht geeignet sind Gruppentherapien und Kombinationsbehandlungen bei akuten psychotischen Störungen, hirnorganischen Störungen oder paranoiden, schizoiden und dissozialen Persönlichkeitsstörungen.
Wie und wo finde ich eine Kombinationstherapie?
Wer sich als Klient:in auf die Suche nach einer Kombinationspsychotherapie macht, muss lange suchen. Denn weder die großen Anlaufstellen wie die Kassenärztlichen Vereinigungen noch die Psychotherapeutenkammern können mit Listen von entsprechend ausgebildeten Therapeut:innen weiterhelfen.
Wer eine Psychotherapie machen möchte und bereits in der Psychotherapeutischen Sprechstunde das Formblatt PTV 11 ausgefüllt hat, dem würden die Terminservice-Stellen bei der Suche nach einem Platz in der Kombinationspsychotherapie sogar helfen. Leider wird diese Therapieform bisher noch zu selten empfohlen.
Bei Interesse an einer Gruppentherapie oder Kombinationsbehandlung können Sie also bereits in der psychotherapeutischen Sprechstunde in Erfahrung bringen, ob Ihre psychische Erkrankung und Ihre Persönlichkeit sich für eine Behandlung per Gruppentherapie eignen. Denn eine wesentliche Aufgabe der psychotherapeutischen Sprechstunde ist neben der Diagnosestellung auch eine konkrete Behandlungsempfehlung.
Sobald Sie sicher wissen, dass Ihre Beschwerden und Sie für eine Gruppentherapie geeignet sind, können Sie auch selbst nachschauen, welche Psychotherapeut:innen in Ihrer Nähe Gruppentherapie anbieten und somit grundsätzlich für eine Kombinationsbehandlung un Frage kommen.
Ansonsten können Hilfesuchende auch mit einem Psychotherapeuten oder Arzt in der Nähe sprechen und nachfragen, ob dieser Angebote in der Umgebung kennt.