Psychische Gesundheit fördern und erhalten (Seite 6/9)

Sie haben ein Recht auf psychische Gesundheit

Obwohl die Wirksamkeit von Psychotherapie aufgrund zahlreicher Studien belegt ist, suchen viele Menschen, die unter psychischen Problemen leiden, keine oder erst spät ärztliche oder psychotherapeutische Hilfe auf. Jeder Fünfte in Deutschland leidet unter psychischen Erkrankungen, doch nur rund 30 Prozent davon suchen sich Hilfe in Form einer Psychotherapie. Viele Menschen leiden unnötig lang.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Gesundheit als einen „Zustand vollständigen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit oder Gebrechen.“ Damit spricht die WHO ausdrücklich auch von psychischer Gesundheit.
Nach einer Prognose der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden Depressionen bereits im Jahr 2030 in den Industrienationen die häufigste Erkrankung sein. Trotzdem sind psychische Erkrankungen für viele Menschen immer noch ein Tabu.

Die Ausgaben für Psychopharmaka und für stationäre Behandlungen für psychisch kranke Menschen sind deutlich höher als die Ausgaben für ambulante Psychotherapie. Darüber hinaus entstehen aufgrund psychischer Erkrankungen erhebliche indirekte Kosten durch Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentungen.

Sehr viele qualifizierte Studien belegen, dass sich durch Psychotherapie Leiden von Menschen verkürzen und schlussendlich Kosten reduzieren. Durch eine rechtzeitige ambulante Psychotherapie lassen sich insbesondere Krankenhausbehandlungen von psychisch kranken Menschen vermeiden, die Anzahl der Fehltage von Arbeitnehmer:innen in Unternehmen senken und frühzeitige Verrentungen aufgrund von Erwerbsunfähigkeit verringern.

Sprechen Sie Ihre Situation offen an

Ein großer Teil von Patient:innen nimmt aus Scham wegen einer psychischen Erkrankung keine ärztliche Hilfe in Anspruch und lebt mit der Angst, durch eine psychotherapeutische Behandlung zusätzlich stigmatisiert zu werden.

Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass Menschen mit einer psychischen Erkrankung häufig Abwertung erleben. Sie werden aufgrund ihrer Erkrankung oft stigmatisiert und stigmatisieren sich deswegen selbst. Die Stigmatisierung ist so belastend, dass sie zu einer Art zweiten Krankheit wird, weil viele Betroffene die diskriminierenden Erlebnisse, die sie wegen ihrer Krankheit erleiden mussten, verinnerlicht haben und sich selbst verurteilen.

Ein Stigma ist eigentlich ein Wundmal. Auf die menschliche Gesellschaft übertragen hat jemand, der stigmatisiert wird, etwas, wodurch er deutlich sichtbar in einer bestimmten, meist negativen Weise gekennzeichnet ist und sich dadurch von anderen unterscheidet.

Jeder Mensch hat das Recht auf Gesundheit. Die Angst vor psychischen Krankheiten und die Vorurteile gegenüber den Betroffenen stammen im Grunde noch aus anderen Jahrhunderten, als man Menschen, die unter Ängsten, Zwängen oder Psychosen litten, aufgrund von mangelndem Wissen wegsperrte. Menschen, die psychisch nicht so fit sind, nehmen in vielen Kulturen eine Sonderstellung ein. Aber die ist nicht immer negativ. Im Gegenteil, es gibt beispielsweise Stämme in Zentralafrika, die Menschen mit einer Schizophrenie als etwas Besonderes verehren.

Sprechen Sie mit einem Menschen Ihres Vertrauens und lassen Sie sich gegebenenfalls bei der Suche nach einem Therapeuten helfen.