Forschung zur Psycho­therapie-Ausbildung

Das Wichtigste aus dem Gutachten des BMG

04.12.2017 Von Dr. Christine Amrhein

Das Gutachten des BMG gibt zum ersten Mal darüber Aufschluss, wie die Ausbildung für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten von den Beteiligten bewertet wird – und verrät auch, wo Möglichkeiten zur Verbesserung bestehen

Wenn jemand sich zu einer Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten – oder zum Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten – entschließt, hat er oder sie sich das meist gut überlegt. Die Ausbildung lässt sich nicht einfach „so nebenbei“ machen – im Gegenteil, sie ist mit großem zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden. Dennoch streben nach wie vor viele Studienabgänger in Psychologie, Pädagogik und verwandten Fächern eine solche Ausbildung an. So geben etwa 60 Prozent der Psychologiestudenten an, durch ihr Studium anderen Menschen helfen zu wollen, 40 bis 50 Prozent arbeiten später tatsächlich im klinisch-psychologischen Bereich. Viele von ihnen entscheiden sich für eine Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten – häufig mit der Erwartung, dadurch ihre Berufschancen zu verbessern und einen Beruf mit relativ gesichertem Einkommen auszuüben.

Seit Anfang 1999 ist die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten und zum Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten durch das Psychotherapeutengesetz bundesweit einheitlich geregelt. Nun hat sich ein Forschungsgutachten des Bundesministeriums für Gesundheit zum ersten Mal damit beschäftigt, wie die aktuelle Ausbildungssituation von den verschiedenen Beteiligten – wie Ausbildungsteilnehmern oder Lehrkräften – bewertet wird. Ziel dabei war auch, Schwachstellen und Kritikpunkte der momentanen Ausbildung aufzudecken und daraus Verbesserungsmöglichkeiten für die Zukunft abzuleiten.

Methoden des Forschungsgutachtens

Für das Gutachten wurden die Erfahrungen der Ausbildungsstätten, der Ausbildungsteilnehmer und der Lehrenden mithilfe von Fragebögen erfasst. Darin sollten die Befragten die Rahmenbedingung der Ausbildung wie Zeitdauer und Kosten, vor allem aber die Qualität der einzelnen Ausbildungsbausteine beurteilen. Diese umfassen die Theorieausbildung, die praktische Tätigkeit, die praktische Ausbildung, die Selbsterfahrung und die staatliche Abschlussprüfung. Mit „praktischer Tätigkeit“ sind dabei die vorgeschriebenen 1200 Stunden in einer psychiatrischen Einrichtung sowie die 600 Stunden in einer psychosomatischen oder psychotherapeutischen Einrichtung gemeint, „praktische Ausbildung“ bezeichnet dagegen die Durchführung eigener Therapiestunden unter Supervision.

An der Untersuchung nahmen insgesamt 290 Institutsleiter, 3223 derzeitige und 666 ehemalige Ausbildungsteilnehmer und 480 Studierende als mögliche zukünftige Ausbildungsteilnehmer teil. Weiterhin wurden 2196 Lehrkräfte befragt, die am Theorieunterricht, an der Supervision, an der Selbsterfahrung oder an der Prüfung beteiligt waren. Darüber hinaus wurden an 89 Lehrpraxen und 183 Kliniken Befragungen durchgeführt. Schließlich wurden auch 125 Experten von Psychotherapeutenkammern, Ärztekammern und psychotherapeutischen Fachverbänden zu ihren Erfahrungen mit dem Psychotherapeutengesetz befragt. Die Untersuchung fand von Juni bis Oktober 2008 statt.

Ergebnisse des Forschungsgutachtens im Detail

Nachfolgend finden Sie die detaillierten Ergebnisse des Forschungsgutachtens zum Stand der Psychotherapeutenausbildung:

Informationen zu den Ausbildungsinstituten

Insgesamt gibt es in Deutschland 173 staatlich anerkannte Ausbildungsstätten, von denen 141 nicht universitär, 15 universitär und 17 an eine Universität angebunden sind. Die Ausbildung in Psychoanalyse (PA) ist an 43 Instituten möglich, die Ausbildung in Tiefenpsychologie (TP) an 78 Instituten, die verklammerte Ausbildung in tiefenpsychologisch-fundierter Therapie und Psychoanalyse (TP/PA) an 67 Instituten und die Ausbildung in Verhaltenstherapie (VT) an 82 Instituten. Zudem ist an 2 Instituten eine Ausbildung in Gesprächstherapie möglich. Viele Institute bieten neben ihrem Hauptverfahren auch Zweitverfahren an – am häufigsten systemische Therapie und Hypnotherapie.

Von den Ausbildungsteilnehmern geben 63 Prozent an, eine Ausbildung in Verhaltenstherapie zu machen, 17 Prozent machen eine Ausbildung in tiefenpsychologisch-fundierter Therapie, 4 Prozent in Psychoanalyse und 13 Prozent eine Ausbildung in TP/PA. Während 70 Prozent der Teilnehmer in einer Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten (PP) sind, machen 27 Prozent eine Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichen-Therapeuten (K&J). Dabei fällt auf, dass zwei Drittel der Teilnehmer der PP-Ausbildung den Schwerpunkt Verhaltenstherapie gewählt haben, während bei der K&J-Ausbildung die Hälfte eine VT-Ausbildung, die andere Hälfte eine psychodynamische Ausbildung macht.

Dauer der Ausbildung

Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die dreijährige Vollzeitausbildung und die fünfjährige Teilzeitausbildung etwa gleich oft angeboten und auch etwa gleich oft gewählt werden.

Nur etwa die Hälfte der ehemaligen Ausbildungsteilnehmer gibt an, die Ausbildung in der vorgegebenen Zeit abgeschlossen zu haben. Die übrigen haben für die Teilzeitausbildung zwischen 5,5, und 6,5 Jahren gebraucht, für die Vollzeitausbildung zwischen vier und sechs Jahren. Dabei gibt es keine Unterschiede zwischen der PP- und der K&J-Ausbildung, allerdings bestehen Unterschiede zwischen den Therapierichtungen: Teilnehmer einer VT-Ausbildung brauchen im Schnitt am kürzesten, Teilnehmer einer TP/PA-Ausbildung am längsten für ihre Ausbildung, Teilnehmer einer TP- oder PA-Ausbildung liegen dazwischen.

Als Gründe für eine Ausbildung in Teilzeit, aber auch für eine verlängerte Ausbildungsdauer werden vor allem die Finanzierung der Ausbildung, andere berufliche Verpflichtungen und familiäre Gründe genannt. Bei etwa 10 bis 20 Prozent der Teilnehmer führten jedoch auch Probleme im Ausbildungsablauf und institutsbedingte Gründe zu einer verlängerten Ausbildungsdauer.

Zufriedenheit der Teilnehmer mit den Ausbildungsinstituten

Im Durchschnitt sind die Ausbildungsteilnehmer mit der Qualität und dem Angebot der Ausbildungsstätten „mittel“ zufrieden. Am besten werden die Atmosphäre an den Instituten und die persönliche Erreichbarkeit von Ansprechpartnern bewertet. Verbesserungsbedarf besteht nach Ansicht der Teilnehmer dagegen vor allem beim Preis-Leistungs-Verhältnis des Ausbildungsangebots.

Übersicht über die Bewertung der Ausbildungsbausteine

Im Forschungsgutachten wurden die Befragten zunächst gebeten, eine allgemeine Beurteilung der einzelnen Ausbildungsbausteine abzugeben. Dabei schätzen die Ausbildungsteilnehmer vor allem die praktische Ausbildung (ambulante Behandlungsstunden) und die Einzelsupervision als sehr hilfreich für die Entwicklung ihrer psychotherapeutischen Kompetenz ein. Auch Theorieunterricht, Einzelselbsterfahrung und Gruppensupervision werden als hilfreich bewertet.

Als am wenigsten hilfreich wird die so genannte „freie Spitze“ angesehen. Diese frei zur Verfügung stehenden Stunden werden sehr heterogen verwendet, zum Beispiel für Literaturstudium, Teilnahme an Weiterbildungen, Arbeit in Kleingruppen oder zusätzliche Supervisions- und Selbsterfahrungsstunden. Auch die praktische Tätigkeit I (psychiatrische Einrichtung) und die praktische Tätigkeit II (psychosomatische Einrichtung oder Lehrpraxis) werden als relativ wenig nützlich eingestuft.

Die Mehrzahl der Teilnehmer findet die Ausbildung in einem bestimmten Schwerpunktverfahren (also VT, TP oder PA) sinnvoll. Allerdings wünschen sich viele, dass mehr verfahrensübergreifendes Wissen und mehr Kenntnisse in anderen als dem eigenen Schwerpunktverfahren vermittelt werden.

Auch die Experten geben der praktischen Ausbildung, der Supervision, dem Theorieunterricht sowie der „freien Spitze“ die besten Noten, während sie die praktische Tätigkeit I und II als weniger nützlich einschätzen. Wie die Ausbildungsteilnehmer sprechen auch sie sich für die Ausbildung in einem Schwerpunktverfahren aus. Gleichzeitig sehen sie jedoch auch Kenntnisse in anderen Therapieverfahren, störungsspezifisches Wissen, Differentialdiagnostik und die Kenntnis von therapeutischen Wirkfaktoren als besonders wichtige Lerninhalte der Ausbildung an.

Beschreibung und Bewertung der einzelnen Ausbildungsbausteine

Theorieausbildung

Für die PP- und K&J-Ausbildung müssen insgesamt 600 Stunden Theorieunterricht abgeleistet werden. Das Forschungsgutachten macht deutlich, dass dabei der Anteil von Vorlesungen, Seminaren und Übungen je nach Institut sehr unterschiedlich ist. So bieten 40 Prozent der Institute keine Vorlesungen an, bei etwa 30 Prozent machen die Vorlesungen dagegen bis zu 250 Stunden der Theorieausbildung aus. Übungen machen bei 53 Prozent der Institute bis zu 200 Stunden, bei 30 Prozent der Institute bis zu 400 Stunden des Theorieunterrichts aus.

Sowohl Lehrkräfte und Experten als auch die Ausbildungsteilnehmer bewerten die Nützlichkeit und die Zufriedenheit mit der Theorieausbildung als gut. Auch der Umfang des Theorieunterrichts wird als zufrieden stellend bewertet. Allerdings sind vor allem ehemalige Teilnehmer der K&J-Ausbildung der Meinung, der Theorieunterricht sei zu wenig umfangreich gewesen. Viele Lehrkräfte fordern außerdem, dass während des Theorieunterrichts mehr praxisbezogene Inhalte vermittelt werden sollten – zum Beispiel Falldarstellungen oder die Demonstration von Behandlungstechniken. Außerdem wird gefordert, Überschneidungen zwischen den Lerninhalten des Psychologiestudiums und der theoretischen Ausbildung zu reduzieren.

Praktische Tätigkeit

Die praktische Tätigkeit – also 1200 Stunden Tätigkeit in einer psychiatrischen Einrichtung und 600 Stunden in einer psychosomatischen oder ambulanten therapeutischen Einrichtung – wird von den meisten Ausbildungsteilnehmern in Vollzeit und während der Theorieausbildung durchgeführt. Die Ausbildungsinstitute nehmen dabei kaum Einfluss auf den Beginn der praktischen Tätigkeit und auf die Wahl der Ausbildungseinrichtung.

Wie die Ergebnisse des Gutachtens zeigen, ist das Spektrum der Tätigkeiten während der praktischen Tätigkeit sehr heterogen. Viele Ausbildungskandidaten geben an, selbständig Einzel- und Gruppenpsychotherapien durchgeführt zu haben. Weiterhin wurden psychodiagnostische, psychoedukative und co-therapeutische Tätigkeiten häufig genannt. Viele Befragte berichten außerdem, Kenntnisse über verschiedene psychiatrische Krankheitsbilder, über die Therapie mit Psychopharmaka und über den Umgang mit suizidalen Patienten erhalten zu haben.

Auffällig ist, dass bei der praktischen Tätigkeit I über 80 Prozent der Teilnehmer berichteten, nicht oder überwiegend nicht eingearbeitet und angeleitet worden zu sein. Bei der praktischen Tätigkeit II sind dies ebenfalls über 60 Prozent. Zudem gab es in den meisten Fällen keine klare Aufgabenverteilung und keine Ausbildungsstandards, zum Beispiel in Form eines verbindlichen Curriculums.

Im Schnitt bewerten die Ausbildungsteilnehmer die praktische Tätigkeit dennoch als nützlich und sind mit diesem Ausbildungsbaustein „mittel“ zufrieden. Die Dauer der praktischen Tätigkeit I und II wird jedoch sowohl von den Teilnehmern als auch von Lehrkräften und Experten als zu lang eingestuft. Im Kontrast dazu fällt auf, dass die Ausbildungsstätten mit der Dauer der praktischen Tätigkeit sehr zufrieden sind.

Verbesserungsvorschläge von Institutsleitern, Lehrkräften und Experten:

  • die praktische Tätigkeit sollte einheitlich vergütet werden
  • Lernziele und Aufgaben während der praktischen Tätigkeit sollten in einem verbindlichen Curriculum festgelegt werden
  • die Ausbildungsteilnehmer sollten während der praktischen Tätigkeit einen klaren Status und eine angemessene Funktionsbezeichnung haben

Zusätzliche Empfehlungen der Leiter des Forschungsgutachtens:

  • die praktische Tätigkeit sollte mehr in die Gesamtausbildung integriert werden, zum Beispiel durch begleitende Seminare zur Reflexion der praktischen Tätigkeit
  • Vorerfahrungen der Ausbildungsteilnehmer (z. B. vorherige Tätigkeit in einer psychiatrischen Einrichtung) sollten auf die praktische Tätigkeit anerkannt werden
  • die praktische Tätigkeit sollte auf insgesamt 1200 Stunden reduziert werden

Praktische Ausbildung (ambulante Behandlungsstunden) und Supervision

Die praktische Ausbildung umfasst die eigenständige Durchführung von Psychotherapien, die von regelmäßiger Supervision begleitet ist. Um mit der praktischen Ausbildung beginnen zu können, müssen die Ausbildungsteilnehmer an den meisten Instituten bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Am häufigsten – nämlich bei etwa einem Drittel der Teilnehmer – war eine institutsinterne Zwischenprüfung erforderlich.

Die Ausbildungskandidaten berichten, bei der praktischen Ausbildung am meisten Erfahrungen mit den Krankheitsbildern Angststörungen, affektive Störungen und Anpassungs- und Belastungsstörungen zu sammeln. Neben der Durchführung von Einzeltherapien geben sie aber auch psychodiagnostische Aufgaben und die Abrechnung von Leistungen als Bestandteile der praktischen Ausbildung an. Weiterhin zeigt das Forschungsgutachten, dass VT-Institute im Vergleich zu anderen Instituten am meisten Behandlungsvarianten zur ambulanten Einzeltherapie (z. B. Gruppentherapie oder Therapie stationärer Patienten) anerkennen.

Insgesamt wird die praktische Ausbildung sowohl von den Teilnehmern als auch von Lehrkräften, Institutsleitern und Experten als sehr nützlich für die Entwicklung der psychotherapeutischen Kompetenz bewertet. Dabei wird vor allem die Einzelsupervision von den Ausbildungsteilnehmern als sehr hilfreich angesehen, während die Gruppensupervision als etwas weniger hilfreich bewertet wird. Der Umfang der praktischen Ausbildung wird dabei von der Mehrheit in allen Befragungsgruppen als angemessen angesehen.

Teilnehmer von PA- und TP/PA-Ausbildungen sind mit der fachlichen Betreuung während der praktischen Ausbildung signifikant zufriedener als Teilnehmer von TP- und VT-Ausbildungen. Allerdings äußern vor allem die Supervisoren und Institutsleiter der PA- und TP-Ausbildungen den Wunsch nach einer Erhöhung der Supervisionsstunden, und zwar insbesondere der Einzelsupervision.

Zusätzliche Empfehlungen der Leiter des Forschungsgutachtens:

  • bei der praktischen Ausbildung sollten mehr Settings und Zielgruppen anerkannt werden, zum Beispiel die Therapie stationärer Patienten oder gruppentherapeutische Behandlungen
  • eine institutsinterne Zwischenprüfung sollte verbindlich sein, um den Teilnehmern vor Beginn der praktischen Ausbildung eine Rückmeldung über ihren Kenntnisstand zu geben
  • die Weiterbildungsmöglichkeiten für Supervisoren sollten verbessert werden

Selbsterfahrung

Für die PP- und K&J-Ausbildung sind insgesamt 120 Stunden Selbsterfahrung erforderlich, die je nach Ausbildungsverfahren einzeln, in der Gruppe oder in einer Kombination von beidem durchgeführt werden. Die Selbsterfahrung wird von den Ausbildungsteilnehmern, Lehrkräften und Institutsleitern insgesamt als sehr positiv bewertet. Die Dauer der Gruppenselbsterfahrung wird meist als angemessen angesehen, während der Umfang der Einzelselbsterfahrung häufig als zu gering betrachtet wird. Vor allem Teilnehmer einer VT-Ausbildung wünschen sich mehr Einzelselbsterfahrung, die bei dieser Ausbildung nicht vom Psychotherapeutengesetz vorgeschrieben ist.

Als problematisch wird von vielen Selbsterfahrungsleitern angesehen, dass sie zugleich andere Funktionen an einer Ausbildungsstätte erfüllen (z. B. Supervision, Ambulanzleitung). Außerdem fordern sie häufig, die Selbsterfahrungsstunden zu erhöhen und die Einzelselbsterfahrung mehr in die Gesamtausbildung zu integrieren.

Staatliche Prüfung

Wie das Forschungsgutachten zeigt, haben sich die ehemaligen Ausbildungsteilnehmer ausführlich, nämlich im Schnitt mehr als zwölf Wochen, auf die Prüfung vorbereitet. Die Durchfallquote ist sowohl bei der schriftlichen als auch bei der mündlichen Prüfung sehr gering. Dabei erzielen Teilnehmer der PP-Ausbildung etwas bessere Prüfungsergebnisse als Teilnehmer der K&J-Ausbildung. Innerhalb der K&J-Ausbildung schneiden außerdem Teilnehmer mit psychologischem Studium besser ab als Teilnehmer anderer Studienrichtungen.

Sowohl die Institutsleiter als auch die Experten bewerten die bisherigen Prüfungsregelungen als „befriedigend“. Die Frage, ob sich die Aufteilung der Prüfung in einen schriftlichen und einen mündlichen Teil bewährt habe, wird von etwa der Hälfte der Prüfer bejaht.

Dabei wird die schriftliche Prüfung sowohl von ehemaligen Teilnehmern als auch von den Prüfern als relativ wenig geeignet zur Feststellung der psychotherapeutischen Kompetenzen angesehen. Die mündliche Prüfung wird von den Prüfern als „gut“ geeignet, von den ehemaligen Teilnehmern dagegen nur als „mittel“ geeignet angesehen. Weiterhin sehen die Prüfer die Anforderungen der schriftlichen Prüfung tendenziell als zu hoch, die der mündlichen Prüfung jedoch als angemessen an.

Neben der Prüfungsvorbereitung im Rahmen der Theorieausbildung wird auch die praktische Ausbildung von den ehemaligen Teilnehmern als „ziemlich hilfreich“ für die Vorbereitung der Prüfung angesehen. Die Mehrheit von ihnen ist dafür, dass das Angebot zur Prüfungsvorbereitung gleich bleiben oder erhöht werden sollte. Allerdings fällt auf, dass von den Dozenten zur Prüfungsvorbereitungen zwar häufig Fallvorstellungen trainiert werden, jedoch nur selten die Multiple-Choice-Fragen aus der schriftlichen Prüfung geübt werden.

Empfehlungen der Leiter des Forschungsgutachtens:

  • der Gegenstandskatalog der schriftlichen Prüfung sollte überarbeitet werden; dabei sollten vor allem weniger medizinisch orientierte Fragen und mehr psychotherapeutischen Behandlungsfragen in den Fragenkatalog aufgenommen werden
  • die Prüfungsvorbereitung durch die Ausbildungsinstitute sollte verbessert werden
  • es sollte keine personellen Überschneidungen zwischen Prüfern, Supervisoren und Selbsterfahrungsleitern geben

Weitere Aspekte der Psychotherapieausbildung

Zugangsvoraussetzungen für die PP- und K&J-Ausbildung

Laut Forschungsgutachten beobachten viele Lehrkräfte der K&J-Ausbildung Unterschiede im Vorwissen der Ausbildungsteilnehmer. Am meisten Vorwissen haben demnach Teilnehmer mit Psychologiestudium, gefolgt von Pädagogen und Sozialpädagogen. Das geringste Vorwissen bringen nach Meinung der Lehrkräfte Teilnehmer mit Lehramts- und Kunsttherapiestudium mit.

Die Experten beurteilen die Regelungen zur Zulassung bei einer PP-Ausbildung als „befriedigend“, bei einer K&J-Ausbildung nur als „ausreichend“. Einige Experten und Lehrkräfte fordern, dass fehlende Vorkenntnisse bei einer K&J-Ausbildung in Form von Vorbereitungsveranstaltungen nachgeholt werden sollten.

Empfehlungen der Leiter des Forschungsgutachtens:

  • die Zugangsvoraussetzungen für die PP- und K&J-Ausbildung sollten vereinheitlicht werden, wobei Voraussetzung für beide Ausbildungsgänge ein Master-Abschluss in den Fächern Psychologie, soziale Arbeit, Pädagogik oder Heilpädagogik (und evt. in wenigen weiteren Fächern) sein sollte
  • theoretische Inhalte aus dem Studium sollten auf die Theorieausbildung anrechenbar sein
  • der Erwerb einer Doppel-Approbation im PP- und K&J-Bereich sollte (nach entsprechender Ausbildung) in Zukunft für alle Ausbildungsteilnehmer möglich sein

Ausbildungskosten

Die Ausbildungskosten werden von den verschiedenen Befragten des Gutachtens im Mittel mit 20.000 bis 30.000 Euro angegeben. Dabei ist die Varianz zwischen den Instituten jedoch sehr hoch. Die geringsten Ausbildungskosten entstehen bei einer VT-Ausbildung, die höchsten bei einer PA-Ausbildung. TP- und TP/PA-Ausbildungen liegen dazwischen.

Bei den Angaben zu den Gesamtkosten besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen den Ausbildungsteilnehmern und den Instituten: Die Teilnehmer berichten, dass die Einnahmen während der Ausbildung ihre Ausbildungskosten nicht vollständig ausgleichen und ihnen im Mittel Kosten von 3.400 Euro entstehen. Dagegen geben die Institute mehrheitlich an, die Einnahmen während der Ausbildung würden die Ausbildungskosten ausgleichen oder sogar übersteigen, und zwar im Mittel um 3.700 Euro.

Etwa die Hälfte aller Ausbildungsteilnehmer gibt außerdem an, für die praktische Tätigkeit I und II keine Vergütung erhalten zu haben. Diejenigen, die eine Bezahlung erhalten, verdienen durchschnittlich 920 Euro pro Monat währen der praktischen Tätigkeit I und 1150 Euro pro Monat während der praktischen Tätigkeit II.

Die Möglichkeiten, die Ausbildung zu finanzieren, sind wenig systematisch. Hier werden Bildungskredite, Bankkredite oder die Unterstützung einzelner Ausbildungsstätten als Finanzierungshilfen angegeben.

Empfehlungen der Leiter des Forschungsgutachtens:

  • die Übersicht über die Gesamtkosten der Ausbildung (also auch der „versteckte“ Kosten, die nicht direkt ans Institut, sondern an Supervisoren etc. gezahlt werden) sollte von den Instituten transparenter gestaltet werden
  • vom Staat sollten mehr Möglichkeiten zur Ausbildungsförderung zur Verfügung gestellt werden

Qualitätssicherung während der Ausbildung

Ein weiterer Aspekt des Forschungsgutachtens beschäftigte sich mit der Frage, wie die Qualitätssicherung in den Instituten gehandhabt wird. Hier zeigt sich, dass die Ausbildungskandidaten vor allem beim Theorieunterricht die Möglichkeit zur Evaluation bekamen – bei den anderen Ausbildungsbausteinen gab es diese Möglichkeit deutlich seltener. Weiterhin hatte nur ein geringer Teil der Ausbildungsteilnehmer das Gefühl, ihre Rückmeldungen zur Qualität der Supervision würden ernst genommen.

Darüber hinaus gibt nur die Hälfte der befragten Lehrkräfte an, dass ihre eigene Tätigkeit evaluiert wird. Von diesen berichtet wiederum nur etwa die Hälfte, dass die Evaluation Konsequenzen gehabt hat. Am häufigsten wurden dabei die Ergebnisse der Evaluation mit der Institutsleitung besprochen.

Empfehlungen der Leiter des Forschungsgutachtens:

  • die Qualitätssicherung an den Instituten sollte verbessert werden; dabei sollten neben der Theorieausbildung auch die anderen Bestandteile der Ausbildung intern evaluiert werden
  • es sollten verbindliche Maßnahmen zur Evaluation der Supervisoren an den Instituten etabliert werden

Auswirkungen der Ausbildung auf die Chancen auf dem Arbeitsmarkt

Die Mehrheit der ehemaligen Teilnehmer ist nach Abschluss der Ausbildung psychotherapeutisch tätig, und zwar vor allem im ambulanten Bereich. Drei Viertel sind der Meinung, dass sich durch die Therapieausbildung ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert hätten. Allerdings entscheidet sich ein Großteil für andere Wege als den „klassischen“ beruflichen Werdegang: Nur ein Drittel der ehemaligen Ausbildungsteilnehmer gibt an, eine Kassenzulassung zu besitzen.

Exkurs

Mögliche Erweiterungen der Kompetenzen für Psychologische Psychotherapeuten

Eine weitere, ergänzende Frage des Forschungsgutachtens lautete, ob eine Erweiterung der Kompetenzen für PP- und K&J-Therapeuten in bestimmten Bereichen sinnvoll sein könnte. Gefragt wurde, ob PP- und K&J-Therapeuten die Möglichkeit haben sollten, Psychopharmaka zu verschreiben, eine stationäre Unterbringung von Patienten anzuweisen, Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen auszustellen und Patienten regulär in eine stationäre Behandlung zu überweisen.

Dabei wird die Möglichkeit, Psychopharmaka zu verordnen, von etwa der Hälfte der Ausbildungsteilnehmer, aber nur von einem Fünftel der Lehrkräfte befürwortet. Ärztliche Psychotherapeuten lehnen diese Möglichkeit dagegen eindeutig ab.

Die Befugnis, regulär in eine stationäre Behandlung einweisen zu können, wird von der Mehrheit der Teilnehmer und Lehrkräfte befürwortet. Auch ärztliche Psychotherapeuten befürworten diese Möglichkeit.

Bei den Fragen, ob PP und K&J-Therapeuten die Befugnis haben sollten, eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung auszustellen oder eine stationäre Unterbringung anzuweisen, ließ sich in der Befragung kein eindeutiger Trend ausmachen.

Empfehlungen der Leiter des Forschungsgutachtens:

  • die Kompetenzen von PP und K&J-Therapeuten sollten nicht auf die Verschreibung von Medikamenten erweitert werden; begründet wird dies mit haftungsrechtlichen Gründen und mit den sehr umfangreichen erforderlichen Kenntnissen (z. B. Wechselwirkungen zwischen Medikamenten)
  • die Kompetenzen sollten ebenfalls nicht auf die Möglichkeit einer Zwangseinweisung erweitert werden
  • die Möglichkeit zur Erstellung von Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen, zur Überweisung an Fachärzte und zur Einweisung in eine stationäre psychiatrische oder psychosomatische Behandlung wird dagegen – nach entsprechender Weiterbildung – befürwortet
  • weiterhin sollte die Definition der heilkundlichen Psychotherapie auch die Gebiete Prävention und Rehabilitation umfassen