Trauma als unverarbei­tete seelische Verletzung

Akute Belastungsreaktion und Posttraumatische Belastungsstörung

19.10.2015 Von Dr. Christine Amrhein

  • Schwerwiegende Erlebnisse wie Naturkatastrophen oder Gewalterfahrungen sind für fast jeden Menschen sehr belastend und können zu extremem Stress, Hilflosigkeit und Entsetzen führen.
  • Wenn unmittelbar nach dem Trauma Symptome wie Betäubtheit, starke Gefühlsschwankungen und starker körperlicher Stress auftreten, spricht man von einer akuten Belastungsreaktion. Sie klingt meist nach kurzer Zeit von alleine wieder ab.
  • Halten die Symptome länger an, kann sich eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln. Hier kommt es zu intensiven, sich aufdrängenden Erinnerungen an das Trauma, Alpträumen, emotionaler Betäubung und Vermeidungsverhalten.
  • Wichtig ist eine frühzeitige Therapie, die von einem Trauma-Spezialisten durchgeführt werden sollte. Ohne Therapie bleiben die Symptome der PTBS oft dauerhaft bestehen.

Es gibt Bilder, die selbst dann Entsetzen und Betroffenheit auslösen, wenn man sie nur aus der Distanz – etwa im Fernsehen – miterlebt: Menschen, die bei einem Erdbeben zahlreiche Angehörige verlieren, Terrorangriffe mit vielen Verletzten und Toten oder ein schwerer Verkehrsunfall. Ist jemand selbst von solchen Ereignissen betroffen oder muss mit ansehen, wie andere Menschen verletzt oder getötet werden, bricht für ihn schlagartig eine Welt zusammen. Es ist nicht verwunderlich, dass solche Ereignisse zu extremen psychischen Reaktionen führen: Zu Hilflosigkeit, Verzweiflung, extremer Angst, aber auch einem Gefühl der Betäubung oder einer eingeschränkten Wahrnehmung der Umgebung.

All diese Reaktionen können als ein Versuch des Organismus betrachtet werden, mit der extremen, vielleicht lebensbedrohenden Situation irgendwie zurechtzukommen. Halten die psychischen Veränderungen aber über längere Zeit an, können sie zu ausgeprägtem Leiden und starken Beeinträchtigungen führen. Dann ist eine frühzeitige Behandlung bei einem Spezialisten für Trauma und PTBS sehr wichtig.

Was ist ein (psychisches) Trauma?

Der Begriff „Trauma“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Verletzung“.

Unter einem psychischen Trauma versteht man eine seelische Verletzung oder eine starke psychische Erschütterung, die durch ein extrem belastendes Ereignis hervorgerufen wird. Dazu gehören zum Beispiel Naturkatastrophen, schwere Unfälle, Vergewaltigungen, Terroranschläge, Kriegserlebnisse oder Entführungen.

Solche Ereignisse können extremen Stress und Gefühle der Hilflosigkeit und des Entsetzens auslösen. Dies kann der Fall sein, wenn jemand selbst von dem Ereignis betroffen ist oder wenn er – etwa als Augenzeuge – miterlebt, wie andere Opfer dieses Ereignisses werden.

Akute Belastungsreaktion (ABR) und Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

In der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) werden zwei psychische Störungen beschrieben, die als Reaktion auf ein außergewöhnlich belastendes Lebensereignis auftreten können: Die akute Belastungsreaktion und die Posttraumatische Belastungsstörung. Kennzeichnend ist, dass beide Störungen direkte Folge eines Traumas sind – ohne dieses Ereignis wären sie nicht entstanden.