Für wen ist Bonding geeignet?
Die Bonding-Psychotherapie kann bei Patienten mit unterschiedlichen psychischen Erkrankungen eingesetzt werden. Außerdem ist sie, zum Beispiel im Rahmen von Workshops, für alle Menschen geeignet, die einen besseren Zugang zu ihren Gefühlen erhalten und ihre emotionale Bindungsfähigkeit verbessern möchten.
Bei Patienten mit schizophrenen Psychosen wird eine Bonding-Psychotherapie als kontraindiziert angesehen.
Von einigen Therapeuten wird sie bei Patienten, die besonders verletzlich sind oder besonders rigide Ich-Strukturen haben, als ungeeignet angesehen. Dies betrifft vor allem Patienten mit schweren Traumatisierungen, Borderline-Störungen, schweren Persönlichkeitsstörungen, Panikstörungen oder schweren Angststörungen.
Es wird angenommen, dass das starke Erleben von Gefühlen, die Ermutigung zum lauten Ausdruck von Gefühlen und mögliche Spannungen zwischen den Gruppenmitgliedern dazu führen können, dass traumatische bzw. problematische Erfahrungen reaktiviert werden und es so zu einer Verschlechterung der Symptomatik kommen kann.
Weiterhin kann es sein, dass die Patienten die Bonding-Arbeit nur aufgrund des Gruppendrucks und nach dem Motto „Augen zu und durch“ mitmachen, dabei aber innerlich starke Angst und andere negative Gefühle erleben. Auch das kann zur Verschlechterung der Symptomatik beitragen.
Andere Therapeuten halten die Bonding-Psychotherapie jedoch unter bestimmten Voraussetzungen bei leichteren Trauma-Störungen oder Borderline-Störungen für geeignet. Dazu gehört, dass die Therapie in eine stationäre Behandlung oder in eine ambulante Einzel- oder Gruppentherapie eingebettet ist, in der die starken Gefühlserfahrungen aus der Bonding-Arbeit verarbeitet werden können.
Bonding sollte von erfahrenen Therapeuten durchgeführt und besonders stützend und Geborgenheit spendend gestaltet werden. Weiterhin kann die klassische Bonding-Haltung durch andere Formen des „Holding“ ersetzt werden.
Positive Effekte des Bonding
Während der Bonding-Arbeit können die Patienten die Erfahrung machen, dass der Bonding-Partner mit ihnen in engem Kontakt bleibt, obwohl sie Dinge und Gefühle aussprechen, die sie bisher als problematisch erlebt haben oder die sie als nicht akzeptabel angesehen und deshalb nie ausgesprochen haben.
Durch das intensive Erleben von Gefühlen in der Bonding-Arbeit sollen negative Gefühle und Erfahrungen besonders wirksam verarbeitet werden.
Das Eingebundensein in die therapeutische Gemeinschaft ermöglicht es den Patienten zudem, korrigierende Beziehungserfahrungen zu machen.
Wie wirksam ist die Bonding-Psychotherapie?
Bisher liegen zur Wirksamkeit der Bonding-Psychotherapie nur wenige gut kontrollierte Studien vor.
Eine Untersuchung mit 443 Patienten mit Depressionen ergab, dass die Depressionswerte nach einer Bonding-Psychotherapie im Rahmen einer stationären Behandlung signifikant zurückgingen. Dies war umso mehr der Fall, je länger die Patienten an der Bonding-Psychotherapie teilnahmen.
Kleinere Studien aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden ergaben, dass nach einer Bonding-Psychotherapie die subjektive Beeinträchtigung durch psychische und körperliche Symptome, gemessen mit der Symptom-Checkliste-90 (SCL-90), zurückging. Auch die Werte für Angst, Depression und somatische Symptome gingen zurück. Allerdings wurde in diesen Studien keine Kontrollgruppe verwendet.
Weiterhin wurde in Studien eine Zunahme eines sicheren Bindungsstils und eine Abnahme unsicherer Bindungsstile beobachtet.
Darüber hinaus wird Bonding von vielen Patienten, die während einer stationären Behandlung daran teilgenommen haben, als sehr hilfreich bewertet. In einer Untersuchung mit 8.624 Patienten wurde die Bonding-Therapie unter 29 verschiedenen Therapieangeboten als am viert hilfreichsten bewertet. In dieser Studie bewerteten 51 Prozent der Patienten, die an einer Bonding-Therapie teilgenommen hatten, sie als sehr hilfreich.