Neue Ansätze mit positivem Effekt

Anwendung von Psychotherapie-Grundregeln wesentlich

In den letzten Jahren haben sich parallel zum Ansatz Hellingers eine Reihe weiterer Ansätze der Familienaufstellung entwickelt. Dabei distanzieren sich viele systemisch arbeitende Therapeuten und viele Familienaufsteller inzwischen ausdrücklich von Hellingers Methode. Andere bauen zwar auf Hellingers Ansatz auf, setzen aber eigene Schwerpunkte und verbinden den Ansatz mit weiteren Methoden aus der Psychotherapie oder der psychosozialen Beratung.

Gleichzeitig sind in den letzten zehn Jahren Fachgesellschaften entstanden, die sich zum Ziel gesetzt haben, Qualitätsstandards und ethische Richtlinien für Systemaufstellungen zu entwickeln. Zu Ihnen gehören die Deutsche Gesellschaft für Systemaufstellungen (DGfS) und die International Systemic Constellations Association (ISCA). Die DGfS hat zum Beispiel Qualitätsstandards für die Aufstellungsarbeit und für die Weiterbildung in Systemaufstellungen erarbeitet, bietet eine Datenbank mit geprüften Systemaufstellern an und unterstützt die Forschungsarbeit über Systemaufstellungen.

Positive Wirkungen von Familienaufstellungen

Eine Familienaufstellung kann durchaus positive Auswirkungen haben – sofern dabei bestimmte Grundregeln beachtet werden, wie sie auch für eine Psychotherapie gelten.

Wo eine Familienaufstellung hilfreich sein oder zu neuen Erkenntnissen führen kann

Generell kann eine Familienaufstellung eine neue Sichtweise der eigenen Familiengeschichte ermöglichen und zu einer Neubewertung problematischer Verhaltens- und Beziehungsmuster führen. Anschließend können daraus zusammen mit dem Aufstellungsleiter neue, weniger problematische Bewertungsmuster und Verhaltensweisen abgeleitet und ausprobiert werden.

Gegenüber anderen Therapiemethoden hat eine Familienaufstellung den Vorteil, dass hier die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern bildlich dargestellt werden und dabei das Familiensystem im Ganzen sichtbar gemacht wird. Da der Klient die Figuren intuitiv im Raum aufstellt, werden oft Beziehungsmuster oder Konflikte aufgedeckt, die ihm vorher so nicht bewusst waren. Dabei werden häufig beim Klienten selbst intensive Gefühle ausgelöst, zum anderen werden ihm durch die Stellvertreter auch mögliche Gefühle und Reaktionen der Familienmitglieder verdeutlicht.

Häufig wird den Klienten durch eine Familienaufstellung auch bewusst, wie stark ihr Leben durch ihre Familie und durch unbewusste Verpflichtungen oder Schuldgefühle gegenüber anderen Familienmitgliedern beeinflusst ist. Durch die Aufstellung erkennen viele Ratsuchende, dass sie keine Schuld an ihrem Leid trifft, da sich dieses gar nicht hätte verhindern lassen.

Auch die Bearbeitung der aufgestellten Szene ist häufig mit intensiven Gefühlen verbunden – zum Beispiel, wenn die Positionen der Familienmitglieder verändert werden oder wenn der Klient den Stellvertretern gegenüber Dinge sagt, die er zum Beispiel dem Vater oder der Mutter schon lange mitteilen wollte. Es wird vermutet, dass durch diese starken Eindrücke und Gefühle intensivere und dauerhaftere Veränderungen ausgelöst werden können als bei anderen Therapieformen.

DGSF-Kriterien zur Unterstützung günstiger Wirkungen einer Familienaufstellung:

Soll eine Familienaufstellung günstige therapeutische Auswirkungen haben, sollten – zum Beispiel nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie (DGSF) – unbedingt folgende Aspekte berücksichtigt werden:

  • Die Klienten sollten auf die Aufstellungsarbeit im Vorfeld sorgfältig vorbereitet werden und auch hinterher therapeutisch begleitet werden.
  • Eine Familienaufstellung sollte nicht in Großgruppen durchgeführt werden, bei denen es vor allem um den publikumswirksamen Effekt geht.
  • Eine Aufstellung sollte wegen der möglichen starken Auswirkungen nie leichtfertig oder als „Spiel“ durchgeführt werden.
  • Der Behandler sollte sich dem Klienten gegenüber einfühlsam verhalten und ihm Respekt entgegenbringen.
  • Er sollte die Sichtweise und die Interpretationen des Klienten immer respektieren und ihm nicht seine eigene Sichtweise aufdrängen. Auch Lösungsansätze sollten immer gemeinsam mit dem Klienten entwickelt werden.
  • Die Aussagen von „Stellvertretern“ sollten als Hypothesen gewertet werden, die der Klient als nützlich einschätzen, aber auch als nicht passend oder nicht nützlich verwerfen kann.
  • Der Behandler sollte die Autonomie des Ratsuchenden fördern – zum Beispiel, indem er die Entscheidung für eine Veränderung immer dem Klienten überlässt.
  • Falls die Aufstellung nicht im Rahmen einer kontinuierlichen Psychotherapie stattfindet, sollte der Aufsteller den Klienten zumindest ausdrücklich darauf hinweisen, dass er Unterstützung suchen soll, falls es hinterher zu problematischen Auswirkungen kommt.

Aspekte der Qualifikation der Aufsteller:

Wichtig ist auch, dass ein Aufstellungsleiter eine fundierte Ausbildung und Praxiserfahrungen bei der Durchführung von Familienaufstellungen hat. Da es jedoch keine festen Ausbildungsrichtlinien für Systemaufstellungen gibt, ist dieser Aspekt relativ schwer zu überprüfen.

Eine Qualifikation als Psychologischer Psychotherapeut, Arzt für Psychiatrie oder Psychosomatik oder als Heilpraktiker für Psychotherapie ist ein Anhaltspunkt dafür, dass der Anbieter eine umfassende fachliche Ausbildung durchlaufen hat und mit den Grundregeln einer Psychotherapie vertraut ist. Gleichzeitig sollte er jedoch auch praktische Erfahrungen in der Aufstellungsarbeit nachweisen können.

Wird die Aufstellung im Rahmen einer Systemischen Therapie durchgeführt, sollte man darauf achten, dass der Behandler über eine fundierte Ausbildung in systemischer Therapie oder Beratung und Praxiserfahrungen in der Aufstellungsarbeit verfügt.

Eine Ausbildung zum Aufsteller nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Systemaufstellungen (DGfS) ist zumindest ein Anhaltspunkt dafür, dass der Behandler eine gewisse theoretische und praktische Grundausbildung in der Aufstellungsarbeit hat und sich um die Einhaltung von Qualitätsstandards bemüht.

Als zweifelhaft ist dagegen die Qualifikation von Anbietern zu sehen, die aus dem Esoterikbereich kommen.

Aufstellungen in der Einzelarbeit

Auch in der Einzeltherapie kann die Methode der Aufstellung angewandt werden. Anstelle von Personen werden dann Symbole wie Figürchen oder Kissen als Stellvertreter der Familienmitglieder aufgestellt. Eine weitere Möglichkeit ist, die räumlichen Positionen der Familienmitglieder mithilfe von „Bodenankern“ darzustellen, bei denen der Klient Stühle oder Papierblätter im Raum positioniert. In diesem Fall kann er in die Rolle der einzelnen Familienmitglieder schlüpfen, indem er sich an die verschiedenen Positionen stellt und formuliert, was er jeweils dort empfindet.

Bei der Bearbeitung der Problematik kann der Therapeut Sätze formulieren, die die Familienmitglieder sagen könnten. So beschreibt die Pädagogin Barbara Innecken ein Fallbeispiel, bei der eine Mutter zwischen ihrem geschiedenen Mann und ihrem Sohn nur wenig Kontakt zulässt. Hier könnte der Therapeut die Figur des Vaters sagen lassen: „Aber ich liebe meinen Sohn doch genauso wie Du.“ Daraufhin könnte er für die ratsuchende Mutter einen Satz formulieren – zum Beispiel: „Ich sehe erst jetzt, wie sehr Du ihn liebst. Bei dir ist er gut aufgehoben.“ Der Klientin ist anschließend freigestellt, ob sie diesen Satz nachspricht oder sich einen anderen, für sie besser passenden Satz überlegt.

Organisationsaufstellungen

Eine weitere Form der Aufstellung, die in den letzten Jahren immer häufiger zum Einsatz kommt, ist die Organisationsaufstellung. Dabei geht es um berufliche Fragen wie zum Beispiel Mobbing, Konflikte in der Arbeitsgruppe oder Schwierigkeiten im Unternehmen. Bei dieser Art der Aufstellung lassen sich Dynamiken in beruflichen Systemen sichtbar machen, aus denen sich dann Hilfestellungen bei beruflichen Entscheidungen oder Lösungen für problematische Konstellationen entwickeln lassen.

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