Wirksamkeit von Gruppentherapien

Wie wirksam ist eine Gruppentherapie und bei welchen Erkrankungen wird sie eingesetzt?

Untersuchungen an der Universität Jena haben gezeigt, dass eine Gruppenpsychotherapie bei verschiedenen psychischen Erkrankungen hilfreich sein kann – oft genauso hilfreich wie eine Einzeltherapie. Zudem ist sie kostengünstiger als eine Einzeltherapie. Gruppentherapie wird zum Beispiel bei Angststörungen, sozialen Ängsten, Depressionen, Burn-Out-Syndrom, Trauma-Störungen, Suchterkrankungen, Zwangsstörungen, Essstörungen, psychosomatischen Erkrankungen und Schmerzstörungen eingesetzt. Auch bei Persönlichkeitsstörungen und Psychosen (Schizophrenien) können gruppentherapeutische Verfahren erfolgversprechend sein.

Welche Faktoren wirken in einer Gruppenpsychotherapie?

In einer Gruppentherapie kommt eine Reihe von Wirkfaktoren zum Tragen, die sich in einer Einzeltherapie nicht verwirklichen lassen. Denn in der Gruppe entsteht eine soziale Dynamik, die dazu beitragen kann, Probleme zu bearbeiten und Lösungswege zu finden.
Folgende Wirkfaktoren spielen in einer Gruppentherapie eine Rolle:

  • Die Teilnehmer entwickeln ein Gefühl der Zugehörigkeit zur Gruppe und machen die Erfahrung, mit ihren Problemen nicht alleine zu sein.
  • Sie erleben, von anderen akzeptiert und verstanden zu werden und Unterstützung zu erhalten, aber auch, selbst Unterstützung geben zu können.
  • In der Gruppe wird Hoffnung vermittelt, dass die psychischen Probleme bewältigt werden können.
  • Die Teilnehmer lernen, sich mit ihren Problemen zu öffnen und Vertrauen in die Gruppe zu entwickeln. Vielen fällt es zu Beginn schwer, vor mehreren fremden Menschen über ihre Probleme zu sprechen. Haben sie jedoch den Mut dazu gefunden, können sie die Erfahrung machen, dass dies positive Auswirkungen hat – etwa, dass sie von anderen akzeptiert und verstanden werden. Zudem können sie auf diese Weise bisher unterdrückte Gefühle erleben und verarbeiten (Katharsis).
  • In der Gruppe wird das Selbstwertgefühl gestärkt – etwa dadurch, dass die Teilnehmer lernen, sich zu öffnen, für eigene Wünsche und Bedürfnisse einzutreten, anderen Feedback zu geben oder an Rollenspielen teilzunehmen.
  • Die Gruppenmitglieder lernen, Feedback zu geben und Feedback von anderen anzunehmen. Durch die Rückmeldung der anderen Teilnehmer kann der Berichtende seine Situation aus einer anderen Perspektive sehen, seine Probleme besser einordnen und erfahren, dass seine Gefühle und Reaktionen auf ein Problem durchaus verständlich sind. Durch das Feedback lernen die Teilnehmer auch, sich selbst und ihre Wirkung auf andere besser einzuschätzen.
  • Die Patienten tauschen sich über ihre Erfahrungen aus und können von den Erfahrungen der anderen Teilnehmer profitieren. Durch die Anzahl der Teilnehmer kommen dabei oft viele Vorschläge zusammen, wie Probleme bewältigt oder gelöst werden können. Zudem können die Patienten Änderungsvorschläge von anderen Betroffenen oft besser annehmen als wenn diese vom Therapeuten kommen.
  • In der Gruppe können die Teilnehmer lernen, ihre Gefühle besser wahrzunehmen und neue, günstigere Denk- und Verhaltensweisen und neue Bewältigungsstrategien für Probleme zu entwickeln. Zudem können sie ihre soziale Kompetenz verbessern – etwa, eigene Wünsche und Bedürfnisse zu äußern und dafür einzutreten, Kritik zu üben, Nein zu sagen oder angemessen mit Konflikten umzugehen.
  • Durch den Austausch in der Gruppe lernen die Betroffenen auch, sich in andere einzufühlen und Gefühle bei anderen Menschen besser wahrzunehmen.
  • Die Teilnehmer lernen darüber hinaus am Modell der anderen Gruppenmitglieder – zum Beispiel, wenn diese berichten, wie sie eine günstige Veränderung erreichen konnten, oder durch das Verhalten der anderen im Rollenspiel.
  • In den aktuellen Beziehungen in der Gruppe wiederholt sich oft das Rollenverhalten, das die Teilnehmer in ihrer Herkunftsfamilie gezeigt haben oder in Situationen im Privatleben oder im Beruf zeigen. Dadurch lässt sich herausfinden, welche typischen Verhaltensweisen ein Patient in bestimmten sozialen Situationen zeigt – etwa, dass er sich Autoritätspersonen gegenüber unterwürfig oder schnell aufbrausend verhält. Gemeinsam mit dem Therapeuten und den anderen Gruppenmitgliedern kann der Betroffene solche Erfahrungen aus der Kindheit reflektieren, bearbeiten und neue, angemessenere Verhaltensweisen entwickeln.
  • Auch mithilfe von Rollenspielen in der Gruppe kann ein Patient schwierige Situationen im „echten Leben“ erneut durchleben. Dabei können typische Schwierigkeiten des Betroffenen analysiert und neue Verhaltensmöglichkeiten ausprobiert und geübt werden – etwa der Umgang mit Konflikten mit Angehörigen oder Kollegen am Arbeitsplatz. Die Rückmeldungen der anderen Gruppenmitglieder nach dem Rollenspiel können dazu beitragen, das neue Verhalten weiter zu verbessern.
  • Ähnlich wie in einer Einzeltherapie können die Patienten auch in einer Gruppentherapie Hilfestellungen und Anleitungen zur Lösung von Problemen erhalten. Auch hier können Hausaufgaben gegeben werden, die die Teilnehmer dazu anregen, auch außerhalb der Therapiestunden an ihren Problemen zu arbeiten.

Was sind die Vorteile und Nachteile einer Gruppentherapie?

Gegenüber einer Einzeltherapie hat eine Gruppentherapie mehrere Vorteile. So entsteht durch die Anwesenheit mehrerer Patienten und den gegenseitigen Austausch eine soziale Dynamik, die dazu beitragen kann, dass es schneller und effizienter zu Veränderungen kommt. Auf diese Weise können Therapieziele oft schneller erreicht werden.

Da in einer Gruppe mehrere Patienten gleichzeitig behandelt werden, können Psychotherapeuten mehr Therapieplätze anbieten. Das verkürzt die Wartezeiten auf einen Therapieplatz - ein wichtiger Effekt in Zeiten knapper Therapieplätze.

Mögliche Nachteile einer Gruppentherapie

Manchen Patienten fällt es in einer Gruppe schwer, sich zu öffnen, über ihre persönlichen Probleme zu sprechen und aktiv am Gruppengeschehen teilzunehmen. Das kann sich nachteilig auf ihren Therapieerfolg auswirken. Daher sollten nur Patienten an einer Gruppentherapie teilnehmen, die sich vorstellen können, im Kreis anderer Betroffener über ihre Probleme und Gefühle zu sprechen.

Ein weiterer Nachteil einer Gruppenpsychotherapie ist, dass hier auf die Probleme, Bedürfnisse und Veränderungsmöglichkeiten eines einzelnen Patienten weniger eingegangen werden kann als in einer Einzeltherapie.

Voraussetzungen für die erfolgreiche Teilnahme an einer Gruppentherapie

Um in einer Gruppentherapie erfolgreich mitzuarbeiten, sollten Patienten den Willen und die Fähigkeit haben, Beziehungen zu anderen aufzunehmen, gegenüber den anderen Gruppenmitgliedern über ihre Probleme und Gefühle zu sprechen, Feedback anzunehmen und den anderen Teilnehmern Feedback zu geben.

Seite 4/7