Angehörige psychisch Kranker (Seite 4/11)

Informierte Angehörige sind bessere Helfer

Gezielte einfühlsame Hilfe der Angehörigen kann positiven Einfluss auf Verlauf haben

Angehörige sind wichtige Bezugspersonen und Gesprächspartner für den psychisch Kranken. Sie können ihn bei der Besserung der Erkrankung, beim Umgang mit Krisen und bei der Vorbeugung und Bewältigung von Rückfällen unterstützen.

In vielen Unterstützungsangeboten für Angehörige geht es darum, wie sie einfühlsam mit dem psychisch Kranken umgehen können, wie sie konstruktive, genesungsfördernde Beziehungen zu ihm und innerhalb der Familie aufbauen und wie sie den psychisch Kranken bestmöglich unterstützen können. So kann eine gelassene, akzeptierende Haltung gegenüber der psychischen Erkrankung dem Erkrankten helfen, sich verstanden und unterstützt zu fühlen.

Vielfältige Angebote unterstützen die Angehörigen in ihren Bemühungen um die Genesung des psychisch Kranken

Es gibt eine Reihe von Anlaufstellen, bei denen Angehörige Informationen und Hilfestellungen erhalten können: Sie können sich bei einer Beratungsstelle für Angehörige psychisch Erkrankter beraten lassen oder eine Selbsthilfegruppe für Angehörige besuchen. Häufig werden Angehörigengruppen speziell für Eltern, Partner, Kinder oder Geschwister psychisch Erkrankter angeboten. Auch die Landesverbände der Angehörigen psychisch Erkrankter bieten telefonische Beratungen von erfahrenen Mitarbeitern an.

Weiterhin gibt es an vielen psychiatrischen Kliniken Informationsveranstaltungen für Angehörige psychisch Kranker. Manche Kliniken bieten auch regelmäßige Angehörigen-Gespräche über einen längeren Zeitraum an, bei denen die Angehörigen kontinuierlich Unterstützung bei konkreten Problemen erhalten, etwa beim Umgang mit Rückfällen. Viele Kliniken bieten zudem öffentliche Vorträge oder Seminare über psychische Erkrankungen an, bei denen sich auch Angehörige informieren können.

Darüber hinaus kann es hilfreich sein, das Gespräch mit dem oder den Behandlern des psychisch erkrankten Angehörigen zu suchen. Diese können allgemeine Fragen zur Erkrankung und zu geeigneten Behandlungsansätzen beantworten und – wenn der betroffene Angehörige einverstanden ist – auch konkrete Fragen zu seiner Erkrankung und zum Umgang damit.

Auch auf Internetseiten und in Ratgeber-Büchern für Angehörige finden sich viele Informationen für Angehörige psychisch Erkrankter. Außerdem können Sie auch die bisher genannten Ansprechpartner fragen, welche konkreten Unterstützungsangebote es in Ihrer näheren Umgebung gibt.

Serviceteil für Angehörige mit Anlaufstellen und Lesetipps

Psychoedukation: Experte für die Erkrankung werden

Um die Symptome und das Verhalten des psychisch Erkrankten besser verstehen zu können, ist es wichtig, über die Erkrankung und ihre Behandlungsmöglichkeiten Bescheid zu wissen. Das macht es auch möglich, den Betroffenen so gut wie möglich zu unterstützen, Rückfälle frühzeitig zu erkennen oder angemessen zu reagieren, um Rückfällen vorzubeugen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Angehörige, die gut über die psychische Erkrankung informiert sind, den Verlauf der Erkrankung durch ihre tägliche Unterstützung günstig beeinflussen und das Risiko eines Rückfalls um 25 Prozent senken können. Eine ausreichende Psychoedukation kann helfen, Vorurteile und falsche Vorstellungen über die Erkrankung abzubauen.

Viele psychiatrische Kliniken bieten Informationsveranstaltungen für Angehörige an. Dort erfahren sie, wie die Erkrankung entsteht, welche Ursachen sie hat, welche Symptome auftreten können und wie gut die Chancen sind, dass die Symptome wieder verschwinden oder zumindest deutlich zurückgehen. Außerdem lernen sie dort, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, wie sie den psychisch Erkrankten gut unterstützen und wie sie im Alltag mit der Erkrankung umgehen können.
Eine Psychoedukation kann auch im Einzelgespräch mit einem Behandler des betroffenen Angehörigen stattfinden, etwa mit einem ambulanten Psychotherapeuten oder Psychiater oder einem Arzt oder Psychotherapeuten in einer Klinik. Dabei können die Angehörigen mehr über den Umgang mit der psychischen Erkrankung erfahren und konkrete Fragen stellen.

Zusammenarbeit mit den Behandlern

Für jemanden, der psychisch erkrankt, ist es wichtig, frühzeitig professionelle Unterstützung zu erhalten. Angehörige und Freunde können ihn ermutigen und motivieren, zu einer Beratungsstelle oder zu einem Arzt oder Psychotherapeuten zu gehen oder sich nötigenfalls stationär behandeln zu lassen. Sie können den Betroffenen bei diesem Schritt unterstützen, indem sie ihn zum ersten Gespräch beim Psychotherapeuten oder zur Aufnahme in die Klinik begleiten. Professionelle Hilfe ist vor allem dann sehr wichtig, wenn ein psychisch Erkrankter sich anderen gegenüber aggressiv verhält, wenn er Suizidgedanken oder Suizidabsichten äußert oder wenn er nicht mehr zugänglich ist.

Gelingt es nicht, den psychisch Kranken zu motivieren, sich professionell behandeln zu lassen, können Angehörige sich selbst bei einer der genannten Anlaufstellen beraten lassen und sich darüber informieren, was sie tun können.

Darüber hinaus können Angehörige die Behandlung unterstützen, indem sie gut mit dem oder den Behandlern des psychisch Erkrankten zusammenarbeiten – sofern der Betroffene damit einverstanden ist. So können Angehörige dem Arzt oder Psychotherapeuten wichtige Informationen mitteilen, die zu einer erfolgversprechenden Behandlung beitragen können.

Außerdem können Familienangehörige das Vorgehen in einer ambulanten Therapie unterstützen und dem Patienten nach einer stationären Behandlung dabei helfen, wieder in den Alltag zurückzukehren. Bei Fragen zur Erkrankung oder zur Behandlung oder bei Zweifeln an der Therapie ist ein Gespräch mit dem Behandler eine gute Möglichkeit, sich mehr Klarheit zu verschaffen.

In einer ambulanten Psychotherapie können von Zeit zu Zeit gemeinsame Termine mit dem Patienten und einem oder mehreren Angehörigen vereinbart werden. Am Ende einer stationären Behandlung können Behandler, Patient und Angehörige gemeinsam besprechen, wie die Angehörigen den psychisch Erkrankten bei seiner Rückkehr in den Alltag und in die Familie am besten unterstützen können. Zugleich kann dabei ein Krisenplan erstellt werden.

Selbsthilfegruppe für Angehörige

Eine Selbsthilfegruppe für Angehörige kann hilfreich sein, um sich mit anderen Angehörigen über die eigenen Erfahrungen im Umgang mit der psychischen Erkrankung, über Belastungen und Probleme auszutauschen. Mit anderen zu sprechen und zu erfahren, dass man mit der Situation nicht alleine ist, kann sehr entlastend sein. Darüber hinaus können die Teilnehmer von den Erfahrungen anderer Angehöriger profitieren, sich gegenseitig Tipps geben und sich in Krisensituationen gegenseitig unterstützen. Auch ein Online-Forum für Angehörige kann hilfreich sein, um sich mit anderen Angehörigen über eigene Erfahrungen und einem geeigneten Umgang mit dem psychisch Kranken auszutauschen.

Serviceteil für Angehörige mit Anlaufstellen und Lesetipps

Familien- oder Paartherapie

Es kann sinnvoll sein, dass Angehörige gemeinsam mit dem psychisch Erkrankten eine Familien- oder Paartherapie machen, bei der der Partner oder die ganze Familie in die Therapie einbezogen werden. Dabei wird erarbeitet, welche Faktoren in der Familie möglicherweise zur Entstehung oder zu einer Verschlechterung der psychischen Erkrankung beitragen haben. Die Beteiligten lernen, wie Probleme und Konflikte in der Partnerschaft oder Familie besser gelöst oder sogar vermieden werden können und wie die Beziehungen in der Familie so gestaltet werden können, dass sie zu einer Besserung der psychischen Erkrankung beitragen können.