Beruhigungsmittel

Anwendungsgebiete und Wirkweise

Beruhigungsmittel (Tranquilizer, Anxiolytika) besitzen angstlösende, beruhigende und zum Teil auch muskelentspannende und schlaffördernde Effekte. Sie werden deshalb bei Angst- und Spannungszuständen eingesetzt. In der Praxis werden Benzodiazepine bei weitem am häufigsten verschrieben.

Neben den unten genannten Medikamenten kommen bei verschiedenen Störungsbildern auch niedrigpotente Neuroleptika in niedriger Dosierung und bestimmte Antidepressiva als Beruhigungsmittel zum Einsatz.

Die wichtigste Gruppe der Beruhigungsmittel sind die Benzodiazepine. Sie entfalten ihre Wirkung auf den GABA-A-Rezeptor und verstärken so die beruhigenden, dämpfenden Effekte des Neurotransmitters GABA im Gehirn.

Arten von Beruhigungsmitteln

a. Benzodiazepine

Charakteristisch für die Benzodiazepine ist, dass ihre angstlösende und entspannende Wirkung sehr schnell eintritt. Allerdings kann es bei längerfristiger Einnahme leicht zu einer Abhängigkeitsentwicklung kommen. So gehören Benzodiazepine zu den Medikamenten mit der höchsten Missbrauchsrate weltweit.

Die Anwendung eines Benzodiazepins kann sinnvoll sein, wenn sie in niedriger Dosierung und zeitlich begrenzt stattfindet, zum Beispiel bei akuten oder relativ kurz dauernden Krisenzuständen. In der Praxis werden Benzodiazepine häufig auch bei mittelschweren und schweren Depressionen zu Beginn der Therapie eingesetzt, um so die Zeit zu überbrücken, bis die Wirkung des Antidepressivums einsetzt.

Man unterscheidet zwischen Benzodiazepinen mit langer, mittlerer und kurzer Halbwertszeit sowie mit und ohne aktive Metaboliten. Von diesen beiden Faktoren hängt ab, wie lange eine Substanz wirksam ist. Dabei bezieht sich die Halbwertszeit auf die Zeitdauer, in der die Substanz im Körper wieder abgebaut wird. Unter aktiven Metaboliten versteht man Abbauprodukte der ursprünglichen Substanz, die ebenfalls eine Wirkung auf den Körper haben. Diese ist meist ähnlich wie die der ursprünglichen Substanz, häufig jedoch schwächer ausgeprägt.

Eine Abhängigkeitsgefahr besteht, wenn Benzodiazepine länger als vier Wochen eingenommen werden. Zudem kann es bei der Einnahme zu einer Toleranzentwicklung kommen, das heißt, die Wirkung der Substanz fällt schwächer aus, und es muss mehr davon eingenommen werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Beim Absetzen der Medikation kommt es häufig zu Entzugserscheinungen, insbesondere, wenn sie abrupt abgesetzt wird. Bei vielen Patienten lässt sich zudem eine so genannte Niedrig-Dosis-Abhängigkeit beobachten – das heißt, die Betroffenen nehmen zwar nur die verschriebene niedrige Dosierung ein, es fällt ihnen jedoch sehr schwer, auf diese zu verzichten. Niedrig-Dosis-Abhängigkeiten kommen vor allem bei älteren Menschen vor.

Mögliche Nebenwirkungen bei der Einnahme von Benzodiazepinen sind Müdigkeit, Schwindel, Benommenheit und ein eingeschränktes Reaktionsvermögen. Dies sollte bei der Teilnahme am Straßenverkehr und bei Bedienung von Maschinen bedacht werden. Insbesondere bei Medikamenten mit langer Halbwertszeit kann es zu Hang-Over-Effekten kommen, das heißt, es kommt zu Müdigkeit und Abgeschlagenheit über die gewünschte Wirkdauer hinaus. Bei einer Überdosierung oder bei gleichzeitiger Einnahme von Alkohol, Drogen oder bestimmten Medikamenten können außerdem unvorhersehbare und teilweise lebensgefährliche Wechselwirkungen auftreten.

Auch wenn das Medikament abrupt abgesetzt oder die Dosis stark reduziert wird, kann es zu unerwünschten Wirkungen kommen. Dabei unterscheidet man Rebound-Symptome, das heißt, die ursprünglichen Symptome – wie z. B. Angst, Unruhe oder Schlaflosigkeit – treten nach dem Absetzen verstärkt wieder auf. Zum anderen können auch Entzugssymptome auftreten, die vorher nicht vorhanden waren, z. B. Angst und innere Unruhe, Zittern, Schwitzen, Schlafstörungen oder Kopfschmerzen. Schwere Entzugssymptome, die nach dem plötzlichen Absetzen einer hohen Dosierung auftreten können, können Verwirrtheitszustände, Muskelzittern, Wahrnehmungsverzerrungen und Krampfanfälle sein.

Wegen dieser möglichen Gefahren und Nebenwirkungen sollten Benzodiazepine maximal vier Wochen lang und nur in der vom Arzt verschriebenen Dosierung eingenommen werden. Weiterhin ist es wichtig, die Medikation langsam und in mehreren Schritten wieder abzusetzen.

b. Beta-Rezeptorenblocker

Betablocker hemmen die Wirkung der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin. Dies führt vor allem zu einer niedrigeren Herzfrequenz und zu einer Senkung des Blutdrucks. Daher werden sie in erster Linie zur Behandlung von Bluthochdruck, Herzerkrankungen und Herzrhythmusstörungen eingesetzt.

Wegen ihrer beruhigenden Wirkung können Beta-Rezeptorenblocker aber auch bei Angsterkrankungen und Angstzuständen verordnet werden. Sie haben zwar keine direkte Wirkung auf die Angst, können aber dazu beitragen, die körperlichen Auswirkungen von Angst oder starker Erregung, z. B. eine erhöhte Herzrate, einen erhöhten Blutdruck, Zittern oder Schwitzen zu reduzieren.

Betablocker sind in der Regel gut verträglich und führen nicht zu Abhängigkeit. Nebenwirkungen können Müdigkeit, Benommenheit, ein verlangsamter Herzschlag, Kopfschmerzen und depressive Verstimmungen sein. Betablocker sollten nicht bei Asthma und bestimmten Herzerkrankungen eingenommen werden.

c. Non-Benzodiazepin-Tranquilizer: Buspiron

Buspiron ist ein Medikament, das angstlösend, aber nicht beruhigend wirkt und das nach bisherigem Forschungsstand keine Abhängigkeit erzeugt. Buspiron wird vor allem zur Behandlung der generalisierten Angststörung eingesetzt. Im Gegensatz zu den Benzodiazepinen tritt die Wirkung hier nicht unmittelbar, sondern erst nach zwei oder mehr Wochen regelmäßiger Einnahme ein.

Häufige Nebenwirkungen von Buspiron sind Schwindel, Müdigkeit, Übelkeit und Kopfschmerzen. Daneben können Nervosität, Herzklopfen, Schlaflosigkeit und Durchfall auftreten. Außerdem kann es zu Wechselwirkungen mit Medikamenten kommen, die auf das System des Neurotransmitters Serotonin wirken (z. B. SSRI, Johanniskraut). Die Einnahme sollte deshalb genau nach den Anweisungen des Arztes erfolgen.

d. Antihistaminika

Antihistaminika werden in erster Linie bei der Behandlung allergischer Symptome eingesetzt, haben aber oft auch eine Wirkung auf das Zentralnervensystem. Insbesondere Antihistaminika der ersten Generation, die den so genannten H1-Rezeptor blockieren, haben auch einen beruhigenden Effekt. Sie werden deshalb auch als Beruhigungs- und Schlafmittel eingesetzt. Ihre Wirkung entfalten Antihistaminika, indem sie die Histamin-Rezeptoren im Körper blockieren und so den Effekten des Botenstoffes Histamin entgegenwirken.

Antihistaminika führen nicht zu Abhängigkeit. Nebenwirkungen können Schwindel, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden sein. Bei einigen Substanzen kann es zu Hang-Over-Effekten kommen. Häufig ist auch ein Gewöhnungseffekt an die Substanz zu beobachten.

e. Pflanzliche Beruhigungsmittel

Als leichte pflanzliche Beruhigungsmittel werden z. B. Hopfen, Baldrian, Melisse oder Passionsblume eingesetzt. Sie haben meist weniger Nebenwirkungen als die klassischen Psychopharmaka, dafür ist ihre Wirkung aber auch eher schwach ausgeprägt.