Diagnose Schlafstörungen

Rund um gesunden und gestörten Schlaf

31.05.2013 Von Dr. Christine Amrhein

Phasen mit schlechtem Schlaf kennt fast jeder: Man kann abends nicht einschlafen, wälzt sich nachts unruhig hin und her und fühlt sich am nächsten Morgen müde und nicht erholt und leistungsfähig. Meist sind diese Beschwerden vorübergehend und eher leicht ausgeprägt, so dass man noch nicht von einer Schlafstörung spricht.

Allerdings gehören Schlafstörungen in der westlichen Welt zu den am häufigsten genannten Gesundheitsbeschwerden: 20 bis 30 Prozent der Menschen berichten über Ein- und Durchschlafstörungen, etwa 15 Prozent über Müdigkeit und eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit am Tag.

Die Merkmale einer Schlafstörung

Von einer behandlungsbedürftigen Schlafstörung hingegen sprechen Fachleute, wenn die Symptome über einen bestimmten Zeitraum (meist einen Monat oder länger) bestehen, wenn sie bedeutsame Beeinträchtigungen oder Leiden hervorrufen und wenn der Betroffene dadurch in seinen beruflichen oder sozialen Funktionen deutlich beeinträchtigt ist.

Die Kennzeichen normalen Schlafes

Im Durchschnitt schlafen Menschen etwa sieben Stunden pro Nacht. Allerdings kann die Schlafzeit individuell sehr unterschiedlich sein. So können auch Schlafenszeiten von sechs Stunden und weniger oder zehn Stunden und mehr vorkommen. Solche Abweichungen werden nicht als Störung angesehen, wenn sich der Betroffene dadurch nicht beeinträchtigt fühlt.

Während Säuglinge und Kleinkinder sehr lange schlafen, nimmt die Schlafdauer bis zum Erwachsenenalter kontinuierlich ab. Für ältere Menschen ist charakteristisch, dass ihr Schlaf kürzer und leichter ausgeprägt ist als bei jungen und mittelalten Erwachsenen.

Der Schlaf lässt sich in verschiedene Stadien unterteilen, die mithilfe von Ableitungen im Schlaflabor bestimmt werden können. Bei dieser Untersuchung werden die Hirnströme (EEG), die Muskelspannung (EMG) und die Augenbewegungen (EOG) während des Schlafes mithilfe von Elektroden gemessen. Dabei lassen sich im Lauf einer Nacht vier bis sechs 90-minütige Schlafzyklen beobachten, in denen sich die Schlafphasen in einer typischen Reihenfolge abwechseln.

So folgt auf den Wachzustand normalerweise eine kurze Phase leichten Schlafes (Schlafstadium 1), die bald vom mitteltiefen Schlafstadium 2 abgelöst wird. Anschließend treten die Schlafstadien 3 und 4 auf, die man zusammen auch als Tiefschlaf bezeichnet. In diesen Stadien lassen sich im EEG langsame Wellen, die so genannten Delta-Wellen, beobachten. Am Ende eines Schlafzyklus folgt dann die so genannte REM-Phase, in der schnelle Augenbewegungen zu beobachten sind und in der oft lebhafte Träume auftreten. Zur Abgrenzung vom REM-Schlaf bezeichnet man die Schlafstadien 1 bis 4 zusammen auch als Non-REM-Schlaf.

Im Verlauf einer Nacht sind die Stadien 3 und 4 zu Beginn der Nacht meist am deutlichsten ausgeprägt, der REM-Schlaf tritt dagegen vermehrt gegen Ende der Nacht auf. Die meiste Zeit verbringt man jedoch im Schlafstadium 2, das bei gesunden Menschen mehr als 50 Prozent des gesamten Schafes ausmacht.

Diagnose von Schlafstörungen

Um eine Schlafstörung zu diagnostizieren, wird der Arzt zunächst systematisch nach den Symptomen, ihrem Beginn, ihrer Dauer und ihrem Schweregrad fragen. Außerdem wird er überprüfen, ob es äußere oder psychische Faktoren gibt, die mit den Schlafproblemen in Zusammenhang stehen. Weiterhin können Schlaffragebogen und Schlafprotokolle eingesetzt werden, um die Symptomatik genauer zu erfassen. Häufig reichen diese Informationen bereits aus, um eine Diagnose stellen und eine entsprechende Behandlung einleiten zu können.

Eine Untersuchung im Schlaflabor wird in der Regel durchgeführt, wenn die Diagnose unklar ist oder wenn der Verdacht auf eine bestimmte Schlafstörung besteht, die sich nur mit dieser Untersuchung eindeutig nachweisen lässt – z. B. bei Verdacht auf eine Atemstörung im Schlaf oder ein Restless-Legs-Syndrom.

Weil Schlafstörungen sehr unterschiedliche Ursachen haben können, werden sie von Experten aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen behandelt – insbesondere von Psychiatern und Psychologen, Neurologen, Internisten und Lungenfachärzten.

Besonders auf die Diagnose und Behandlung von Schlafstörungen spezialisiert sind Schlafmediziner, die in schlafmedizinischen Zentren tätig sind. Eine Liste der akkreditieren schlafmedizinischen Zentren in Deutschland findet sich auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM).

Ablauf einer Untersuchung im Schlaflabor

Bei der Untersuchung im Schlaflabor, der so genannten Polysomnographie, werden am Körper eine Reihe von Elektroden angebracht. Anschließend verbringt der Proband die Nacht in einem Bett im Schlaflabor. Dabei werden mit Elektroden am Kopf die Gehirnströme (EEG), mit Elektroden neben den Augen die Augenbewegungen (EOG) und mit Elektroden am Kinn die Muskelspannung (EMG) gemessen. Bei der Auswertung der Messkurven werden jeweils Abschnitte von 30-Sekunden einem Schlafstadium zugeordnet. Daraus ergibt sich ein so genanntes Schlafprofil, aus dem sich ablesen lässt, wann und wie lange jemand in einer Nacht wach war bzw. leicht oder tief geschlafen hat.

Während der Untersuchung im Schlaflabor können außerdem weitere Kennwerte erfasst werden, z. B. Beinbewegungen oder die Sauerstoffsättigung im Blut, mit der sich Atemaussetzer im Schlaf erkennen lassen. Mithilfe einer Videoaufnahme können ungewöhnliche Bewegungsmuster oder Verhaltensweisen beobachtet werden, wie sie z. B. beim Pavor Nocturnus oder beim Schlafwandeln vorkommen.

Formen von Schlafstörungen

Es gibt eine ganze Reihe von Schlafstörungen, die z. T. organische und z. T. vorwiegend psychische Ursachen haben. In den beiden internationalen Klassifikationssystemen ICD-10 (Internationale Klassifikation psychischer Störungen) und DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) werden ähnliche Arten von Schlafstörungen unterschieden, die jedoch etwas unterschiedlich eingeteilt werden.

Die folgende Darstellung orientiert sich an den Kategorien der ICD-10, die zwischen organischen Schlafstörungen und nicht-organischen Schlafstörungen mit vorwiegend psychischer Ursache unterscheidet. Dabei werden zunächst die psychisch bedingten Schlafstörungen näher beschrieben, anschließend werden die organisch bedingten Schlafstörungen kurz erläutert.

Nicht-organischen Schlafstörungen sind Schlafstörungen, denen in erster Linie emotionale Faktoren zugrunde liegen. Dabei wird zwischen Dyssomnien und Parasomnien unterschieden. Bei den Dyssomnien besteht das Problem darin, dass der Betroffene zu wenig oder zu viel schläft. Bei den Parasomnien treten die Symptome dagegen im Schlaf oder beim Übergang vom Wachzustand in den Schlaf bzw. vom Schlaf in den Wachzustand auf.

Um die Diagnose stellen zu können, muss es sich um ein eigenständiges Krankheitsbild handeln, das nicht die Folge einer anderen körperlichen oder psychischen Erkrankung ist. Die Probleme müssen mindestens einen Monat lang bestehen und deutliches Leiden hervorrufen bzw. den Betroffenen deutlich in seiner psychischen, sozialen und beruflichen Funktionsfähigkeit beeinträchtigen.

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