Schlafstörungen (Seite 3/9)

Nichtorganische Hypersomnie

Vorwiegend psychisch bedingte erhöhte Schläfrigkeit am Tag

Bei einer Hypersomnie fühlen sich die Betroffenen tagsüber schläfrig und schlafen wiederholt ungewollt ein – oft auch zu unpassenden Zeiten, z. B. während der Arbeit oder in einem Gespräch. Die Müdigkeit und Schläfrigkeit sind stärker ausgeprägt als bei gesunden Menschen, wenn sie zu wenig oder schlecht geschlafen haben. Gleichzeitig ist die Schlafqualität in der Nacht gut, das heißt, die Betroffenen haben eine normale Schlafstruktur.

Menschen mit Hypersomnie schlafen in der Regel deutlich länger als andere Menschen (mehr als 10 Stunden pro Nacht). Häufig haben sie Schwierigkeiten, sich nach dem Schlafen zu orientieren und richtig wach zu werden, was man auch als Schlaftrunkenheit bezeichnet. Viele fühlen sich zudem am Tag energielos oder unruhig, haben das Gefühl, langsam zu denken oder berichten über Gedächtnisprobleme. Diagnostisch wird zwischen der nicht-organischen Hypersomnie und der organisch bedingten bzw. idiopathischen Hypersomnie (siehe unten) unterschieden. Bei der organisch bedingten (idiopathischen) Hypersomnie geht man von einer körperlichen bzw. unbekannten Ursache für die erhöhte Schläfrigkeit aus. Bei der nichtorganischen Hypersomnie wird dagegen angenommen, dass die erhöhte Schläfrigkeit vorwiegend psychische Ursachen hat.

Beide Diagnosen setzen voraus, dass die erhöhte Schläfrigkeit am Tag keine anderen erkennbaren Ursachen hat. Dies könnten z. B. ein Restless-Legs-Syndrom (siehe unten), periodische Beinbewegungen im Schlaf (siehe unten), eine Schlafapnoe (siehe unten), eine Narkolepsie (siehe unten) sowie andere organische Erkrankungen (z. B. Schädigungen oder Abbauprozesse des Gehirns) und andere psychische Erkrankungen (z. B. eine Depression) sein.

Häufigkeit und Verlauf

Die Hypersomnie ist eine seltene Erkrankung, von der weniger als ein Prozent der Bevölkerung betroffen sind. Die Symptome beginnen meist im jungen Lebensalter, in der Regel zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr, und bestehen dann meist dauerhaft.

Eine 24-jährige Frau leidet seit sieben Jahren an ständiger Müdigkeit. Sie berichtet, dass sie sich meistens irgendwie durch den Tag schleppt und manchmal gar nicht weiß, wie sie die verschiedenen Aufgaben – selbst alltägliche Erledigungen wie Einkaufen, Kochen oder Aufräumen – schaffen soll. Ihr Studium macht ihr große Mühe, und es ist ihr peinlich, dass sie in den Vorlesungen jeden Tag ein paar Mal einschläft.

Von anderen wurde ihr schon gesagt, dass sie sich zusammenreißen soll, dass sie nicht so viel feiern und lieber früher ins Bett gehen soll, usw. Tatsächlich schläft die 24-Jährige jede Nacht etwa 10 Stunden. Wenn morgens der Wecker klingelt, fühlt sie sich schläfrig und hat große Schwierigkeiten, aus dem Bett zu kommen. Eine schlafmedizinische Untersuchung ergibt, dass ihr Schlaf in der Nacht nicht gestört ist und dass auch keine andere organische Erkrankung (z. B. eine Narkolepsie) vorliegt.

Ursachen und Erklärungsmodelle

Die Ursachen der nichtorganischen Hypersomnie sind bisher weitgehend unbekannt. Es wird angenommen, dass emotionale Ursachen, aber auch genetische Faktoren bei der Entstehung der übermäßigen Schläfrigkeit eine Rolle spielen. Auch bei manchen psychischen Erkrankungen lässt sich bei einigen Patienten eine erhöhte Müdigkeit und Schlafneigung beobachten – vor allem bei Depressionen, aber z. B. auch bei der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). In solchen Fällen kann zusätzlich zur Grunderkrankung eine nichtorganische Hypersomnie diagnostiziert werden.

Behandlungsansätze und Selbsthilfemöglichkeiten

Eine gute Schlafhygiene (siehe oben) kann dazu beitragen, die Symptome etwas zu lindern. Dabei sollen die Betroffenen vor allem ausreichend und zu regelmäßigen Zeiten schlafen, um so die Müdigkeit am Tag zu verringern. Außerdem sollen sie spätes Zubettgehen und Alkohol und Koffein vor dem Einschlafen vermeiden, aber auch müde machende Substanzen während des Tages vermeiden. Diese Maßnahmen werden häufig durch eine medikamentöse Therapie ergänzt.

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Behandlung der Hypersomnie erfolgt meist symptomatisch, das heißt, es werden Medikamente verordnet, die eine wachmachende Wirkung haben. Dabei werden in der Regel Stimulanzien (vor allem Modafinil, aber auch Methylphenidat oder Amphetaminpräparate) eingesetzt. Teilweise werden auch das Blutdruckmedikament Clonidin, das Parkinson-Medikament Levodopa oder bestimmte Antidepressiva zur Verminderung der erhöhten Müdigkeit und Schläfrigkeit verschrieben.