Psychosoziale Folgen von Jobverlust und Arbeitslosigkeit (Seite 3/7)

Auswege aus Erwerbslosigkeit

Interventionsmöglichkeiten im Überblick

Für die Wiedervermittlung scheinen Art und Qualität des Arbeitssuchverhaltens entscheidend zu sein. Ein problembezogener Umgang mit dem schwierig zu bewältigenden Ereignis Arbeitslosigkeit führt schneller zur Wiederbeschäftigung als eine emotionale Bewältigungsstrategie und Vermeidungsverhalten. In einer Längsschnitt-Studie erwiesen sich Initiative und kognitive Fähigkeiten als Prädiktoren für eine kürzere Dauer der Erwerbslosigkeit. In mehreren Studien konnte kein Zusammenhang zwischen der Bewerbungshäufigkeit und der Aufnahme einer Erwerbsarbeit nachgewiesen werden.

Laut evaluierter Interventionsstudien ist eine Kombination aus Verhaltensprävention und Verhältnisprävention der beste Weg, um jugendliche Arbeitslose, ältere Langzeitarbeitslose oder Arbeitslose mit eingeschränktem Gesundheitszustand die erforderlichen Handlungskompetenzen zur Bewältigung von herausfordernden Tätigkeiten zu vermitteln. „Die Verhaltensprävention will die Vermeidung von Gesundheit gefährdendem Verhalten erzielen (z.B. Rauchen, Essgewohnheiten, Vernachlässigung der Zahnpflege). Die Verhältnisprävention dagegen befasst sich mit technischen, organisatorischen und sozialen Bedingungen des gesellschaftlichen Umfeldes und der Umwelt sowie deren Auswirkung auf die Entstehung von Krankheiten (z.B. Auswirkungen von Stress)" [Oberender et al. 2002].

Outplacement-Programme

  1. Ziel ist es, durch betriebliche Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche von Arbeitnehmern, die entlassen werden, die Erwerbslosigkeit eher von vornherein zu vermeiden.
  2. Diese Programme haben auch einen positiven Einfluss auf die Psyche, wenn es zur doch Arbeitslosigkeit kommt.

Psychologische Unterstützung

  1. Psychologisch ausgereifte Trainings haben einen positiven Effekt. Bestehende Maßnahmen können unterschieden werden in:
    • Kognitive Umstrukturierung
    • Soziales Kompetenztraining
    • Stressbewältigung
  2. Programme zur Verbesserung der Kompetenzen:
    • Interventionsmaßnahmen sind dann effektiv, wenn die Betroffenen die erforderlichen Handlungen anschließend selbst gut durchführen können: Coaching von Arbeitslosen zur Verbesserung der Suchfertigkeiten dürfte also hilfreich sein
    • Psychologische Maßnahmen sollten mit einer Verbesserung der Qualifikation der Arbeitssuchenden verbunden werden, um deren Chancen auf dem Markt zu erhöhen. Dabei ist besonders auf zukunftsträchtige Berufe zu achten.
  3. Es sollte nur auf gut evaluierte Trainingsprogramme zurückgegriffen werden.

Staatliche Unterstützung

  1. Langzeitarbeitslosigkeit durch Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik reduzieren
  2. Kosten der gesundheitlichen Folgen von Arbeitslosigkeit in den Gesamtkosten und bei der Unterstützung Betroffener berücksichtigen
  3. Arbeitslose bei der Übernahme alternativer Rollen unterstützen und somit fortgesetzte gesellschaftlich-wirtschaftliche Teilhabe zu fördern
  4. Wichtige psychohygienische Funktion aller alternativ zur Arbeit im ersten Arbeitsmarkt übernommenen Tätigkeiten unterstreichen
  5. Wahlmöglichkeit bzgl. Zeitpunkt und Höhe der Arbeitslosenunterstützung anbieten

Bei Interventionsmaßnahmen, die u.a. auch alternative Formen der Erwerbsarbeit beinhalten, ist darauf zu achten, dass

  • Tätigkeiten außerhalb der Erwerbsarbeit derart zu gestalten sind, dass sie den gleichen arbeitswissenschaftlichen Gestaltungsforderungen genügen wie produktive Erwerbsformen des ersten Arbeitsmarktes und
  • die Höhe der materiellen Absicherung die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht.

Bedingungen für die Bewältigung der Erwerbslosigkeit

  • Dauer der Erwerbslosigkeit
    • Mit zunehmender Dauer der Erwerbslosigkeit steigen auch die Gesundheitseinschränkungen
    • Bei Älteren treten nach mehr als zwölf Monaten Rückzugs- und Distanzierungsprozesse auf
  • Finanzielle Lage
    • Eine schlechte finanzielle Lage geht mit Gesundheitseinschränkungen einher
    • Geringe Mittel für Freizeitaktivitäten verschlechtern das Selbstwertgefühl
    • Die Zusammenhänge zwischen finanzieller Lage und Suchaktivitäten sind widersprüchlich.
  • Soziale Unterstützung
    • Stabilisierung von Selbstwertgefühl und Förderung des Arbeitssuchverhaltens durch emotionale Unterstützung
    • Die Unterstützung durch andere Erwerbslose wird als hilfreicher empfunden als die von Familie und Freunden
    • Fehlende soziale Unterstützung wirkt bei Männern weniger negativ als bei Frauen
    • Mit Dauer der Erwerbslosigkeit werden unterstützende soziale Netzwerke kleiner
  • Diskriminierung
    • Anteil der Arbeitslosen, die im eigenen sozialen Umfeld die Erwerbslosigkeit verschweigen ist zwischen 1986 und 2003 von 13 auf 25 Prozent gestiegen.
    • 49,3% der Befragten einer repräsentativen bundesdeutschen Befragung stimmten dem Vorurteil zu, dass Langzeitarbeitslose nicht wirklich daran interessiert seien, eine Arbeit aufzunehmen.
    • Ein hohes Maß an Scham in Verbindung mit einer schlechten finanziellen Situation geht mit eingeschränkter Gesundheit einher.
  • Vorherige Arbeitssituation
    • Vorangegangene anforderungsreiche Tätigkeiten begünstigen die Lernaktivitäten während der Erwerbslosigkeit und unterstützen den Wiedereinstieg
    • Bei Geringqualifizierten sind die gesundheitlichen Einschränkungen stärker ausgeprägt als bei höher Qualifizierten