Psychodrama

Die szenische Darstellung konfliktbeladener Situationen

28.06.2021 Von Dr. Christine Amrhein

Das Psychodrama ist eine Therapieform, die von dem Psychiater und Soziologen Jacob Levy Moreno (1890-1974) begründet wurde. Es ist eine Form der Gruppenpsychotherapie, die von der Humantischen Psychologie, aber auch von psychodynamischen Ansätzen beeinflusst ist.

Beim Psychodrama werden emotionale Probleme und zwischenmenschliche Konflikte in kreativen, einem Theaterstück ähnlichen Szenen dargestellt und auf diese Weise bearbeitet. Indem die Teilnehmer*innen aktiv handeln soll ein intensiveres emotionales Erleben ausgelöst werden als wenn lediglich über Probleme gesprochen wird. Im Unterschied zu anderen Psychotherapie-Methoden ist das Psychodrama also vor allem eine Aktionsmethode.

Der Begriff Psychodrama setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern „Drama“ für Handlung und „Psyche“ für Seele. Es geht im Psychodrama also darum, die inneren seelischen Vorgänge spielerisch sichtbar zu machen.

Philosophie und Menschenbild beim Psychodrama

Jacob Levy Morenos Sichtweise ist von einem humanistischen Menschenbild geprägt. Er ging davon aus, dass in jedem Menschen ein kreatives Potential steckt und dass Wachstums- und Veränderungsprozesse ein Leben lang möglich sind.

Zentrale Eigenschaften des Menschen sind aus Morenos Sicht Autonomie und soziale Kompetenzen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist für ihn die Zugehörigkeit des Menschen zu Gruppen und seine Angewiesenheit auf andere Menschen.

Nach Moreno lernt jeder Mensch in seinem sozialen Bezugssystem bestimmte Rollen und übt sie entsprechend aus. Das können starre, gesellschaftlich vorgegebene Handlungsmuster sein. Sie können aber durch das kreative, aktive Ausüben einer Rolle neugestaltet und verändert werden. All diese Fähigkeiten müssen jedoch gefördert werden.

Das Psychodrama ist aus Sicht Morenos ein Ansatz, diese Fähigkeiten zu fördern und zu entfalten. Wesentliche Aspekte sind für ihn dabei die Begegnung zwischen den Gruppenteilnehmern, das Konzept der Empathie (Einfühlung) in andere und das Erleben im Hier und Jetzt. Moreno war der erste, der den Begriff Gruppenpsychotherapie verwendete.

Grundlegende Idee und Ziele des Psychodrama

Die grundlegende Idee beim Psychodrama ist, dass die Teilnehmer*innen ein Thema oder Problem besonders intensiv und realitätsnah erleben können, wenn sie aktiv, spontan und spielerisch handeln.

In einem dem Theater ähnlichen Spiel sind der Fantasie der Gruppenmitglieder keine Grenzen gesetzt. Sie können vergangene und aktuelle Szenen nachspielen oder auch mögliche zukünftige Szenen oder Fantasien, Wünsche und Träume spielen. Dabei kann das Spiel ernst, aber auch lustig sein.

Durch das aktive Handeln und die Arbeit mit Symbolen sollen beim Psychodrama unbewusste Themen bewusst zugänglich gemacht werden. Auf diese Weise können individuelle Probleme oder zwischenmenschliche Konflikte bearbeitet werden.

Im Spiel auf der Bühne können starke Gefühle entstehen oder hochkommen. Indem die Gruppenmitglieder belastende Erfahrungen noch einmal erleben und in Handlung umsetzen, soll eine Katharsis, das heißt eine heilende Wirkung erzeugt werden.

Außerdem können die Gruppenmitglieder beim Spiel auf der „Bühne“ neue Handlungsweisen, Rollen oder andere Formen der Lösung eines Problems ausprobieren. Die kreative Herangehensweise macht es möglich, eingefahrene, möglicherweise ungünstige Rollen zu verlassen und neue, flexiblere und angemessenere Verhaltens- und Beziehungsmuster zu erlernen.

Gleichzeitig wird so die Dynamik in Beziehungen, zum Beispiel in einer Familie oder Arbeitsgruppe, deutlich und kann systematisch genauer betrachtet werden.

Darüber hinaus kann das Psychodrama dazu beitragen, sich selbst und andere besser kennenzulernen und persönliche Fähigkeiten weiterzuentwickeln.

Weil alle Teilnehmer*innen aktiv an den Sitzungen teilnehmen, können sie sich bei der Lösung von Problemen gegenseitig unterstützen. Durch das gemeinsame Durchleben von Problemen entsteht ein Gemeinschaftsgefühl, das zur positiven Wirkung des Psychodramas beitragen kann.