Fachkundige Anleitung wichtig

Der Entspannungszustand gilt als außergewöhnlicher Bewusstseinszustand. Das bedeutet, dass der Übende ein für ihn ungewöhnliches Empfinden erleben kann. Das können beispielsweise ein Zustand der Selbstentfremdung oder auch körperliche Missempfindungen wie Hitzewallungen sein. Der Entspannungszustand ist ein natürlicher Zustand, der keine Bedrohung für einen gesunden Menschen darstellt. Er kann aber unter Umständen als unangenehm empfunden werden, weil er neu oder fremd ist. Für Menschen, die das nicht gewohnt sind, kann es irritierend sein, Bauchgeräusche oder Empfindungen wie Wärme oder Kälte, Kribbeln oder Ziehen und auch sexuelle Erregung wahrzunehmen.

Diese Entspannungsverfahren sollten immer von einem ausgebildeten Trainer angeleitet werden. Unter professioneller Anleitung schleichen sich keine Fehler ein, der Übende bekommt Unterstützung vom Trainer. Lernt man diese Verfahren in der Gruppe, profitieren die Teilnehmer von dem Feedback der anderen, im Einzelsetting können Teilnehmer persönlicher über ihr Erleben sprechen. Immerhin wurden die beiden Verfahren für das psychotherapeutische Setting entwickelt.

Krankheiten und Medikamente berücksichtigen

Angst, Zwang oder auch Impulskontrollstörungen können das Erlernen stören. Rund 30 Prozent der Bevölkerung leidet an einer psychischen Störung. In bestimmten Fällen sollten diese Entspannungsverfahren deshalb nur unter begleitender psychotherapeutischer Behandlung erlernt werden. Denn für Menschen mit einer Psychose, einer posttraumatischen Belastungsstörung oder einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ oder auch hypochondrischen Ängsten kann der Entspannungszustand die Krankheitszeichen verstärken oder sogar ein Trauma noch einmal erleben lassen.

Medikamente können die Entspannungsinduktion verhindern, sie können den Entspannungszustand aber auch erst ermöglichen. Bei der Anleitung von Entspannungsverfahren können Medikamentenwirkungen beziehungsweise Nebenwirkungen wichtig sein, weil sie die Einleitung der Entspannung (Entspannungsinduktion) beeinflussen können. Einerseits können sie die Entspannungsinduktion überhaupt erst möglich machen, weil Grundsymptome der Erkrankung verbessert werden. Andererseits kann genau das Gegenteil geschehen. Auch deshalb kann es wichtig sein, sich von einem psychotherapeutisch ausgebildeten Trainer anleiten zu lassen. Der ist auch kompetent genug, diese beiden Verfahren entsprechend des jeweiligen Befundes anzupassen.

Wer schon Erfahrungen mit einem Entspannungsverfahren sammelt, bevor die Affektlage ins Ungleichgewicht gerät oder die Erschöpfung zu groß ist, verfügt über eine Bewältigungsstrategie (Coping Skill), das ihm hilft, sehr viel besser mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen. Der trägt quasi einen Rückzugsraum bei sich, der es ihm ermöglicht, sich jederzeit die nötige Kraft und Ruhe in der Entspannung zu holen.

Alternative Methoden ohne identische Wirkung

Passive Entspannungsverfahren mit manuellen Techniken, zum Beispiel Akupressur (gezielte Druckpunkte durch Kreisen der Fingerkuppen auslösen) oder die pädagogische bewegungsorientierte Methode nach Dr. Moshé Feldenkrais, kommen dem Entspannungszustand sehr nahe. Sie erreichen aber die Wirkeffekte nicht in der Weise, wie es die standardisierten selbstaktiven Verfahren vermögen.

Auch mit der Biofeedback-Therapie kann man ein Ergebnis erzielen, das dem Entspannungszustand in gewisser Weise näherkommt. Ziel der Biofeedback-Therapie ist zunächst meist, dass der Klient die Erfahrung der Selbststeuerung und -wirksamkeit machen kann. Jederzeit den Entspannungszustand auslösen zu können, ist also nicht das primäre Ziel.

Meditation findet meist in einem bestimmten religiösen oder spirituellen Kontext statt. Wer regelmäßig meditiert, erlebt einen positiven Effekt in Hinblick auf Konzentrationsvermögen oder Gelassenheit. Der Entspannungszustand, der entsteht, ist deutlich weniger körperlich erfahrbar, wie ihn die standardisierten selbstaktiven Verfahren auslösen können.

Auch mit Yoga-Übungen wird die körperliche Wirkung nicht so schnell reproduzierbar erzielt. Dazu kommt, dass der besondere spirituelle Kontext, von dem Yoga im Grunde nicht getrennt werden kann, nicht jedem Menschen entspricht.