Erfolg bei der Therapeutensuche

Tipps für die Suche nach einem Therapieplatz

21.09.2021 Von Angelika Völkel und Dr. Christine Amrhein

In diesem Artikel zeigen wir Ihnen Wege, wie Sie einen Psychotherapieplatz finden können und welche Punkte Sie vor und während der Therapeutensuche beachten sollten, um Ihre Chancen auf einen Therapieplatz zu erhöhen sowie die Erfolgsaussichten der Psychotherapie zu verbessern.

Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Ihnen jemand sagt, dass es schwer sei, dass Sie viel zu lange warten müssten, eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten zu finden. Machen Sie sich einfach auf den Weg.

Seit Monaten will sie nicht mehr mit ihrer Freundin wandern, dabei schien ihr früher kein Berg zu hoch. Selbst ein spontaner Kaffeeklatsch ist ihr inzwischen zu anstrengend. Dieser Interessensverlust, diese Freudlosigkeit, diese ständige Gedrücktheit alarmieren ihre Freundin.

Sie will Stephanie endlich aus ihrer Trostlosigkeit herausziehen und drängt sie, zum Arzt zu gehen. Stephanie hat sogar Glück und bekommt recht zeitnah einen Termin bei einem Psychiater. Der diagnostiziert eine depressive Störung und verschreibt ihr nicht nur Medikamente, sondern gibt ihr auch Empfehlungen für drei Psychotherapeut*innen . Sie ruft alle an, leider bekommt sie keinen einzigen Termin, immerhin kann sie sich bei allen auf die Warteliste setzen lassen.

Stephanies Freundin lässt jedoch nicht locker und recherchiert mit ihr übers Internet nach einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten. Sie schauen sich viele Webseiten von Therapeut*innen im Internet an und rufen direkt in den Praxen an. Zunächst ohne Erfolg.

Schnell finden sie das Psychotherapie-Portal www.therapie.de des Vereins Pro Psychotherapie e.V. mit mehr als 11.000 Einträgen von Psychologischen Psychotherapeut*innen mit und ohne Kassensitz, Ärzt*innen und Heilpraktiker*innen für Psychotherapie.

In der umfangreichen Therapeut*innen-Suche des Portals kann man gezielt nach Therapeuten und Therapeutinnen suchen und angeben, wo, mit welchem Therapieverfahren und sogar in welcher Sprache die Psychotherapie durchgeführt werden soll.

Stephanie gibt ihre Postleitzahl ein. Sie wohnt in München, bei einer Anfrage für eine Großstadt erscheinen natürlich viele Treffer. Darunter ist schließlich auch der Therapeut, bei dem sie ein paar Wochen später eine Schematherapie beginnt.

Warum zögern viele mit rascher psychologischer Hilfe?

Viele Menschen, die unter psychischen Problemen leiden, zögern häufig lange, bevor sie sich auf die Suche nach Hilfe begeben. Sie versuchen, ihre Erkrankung zu verheimlichen und allein damit klar zu kommen, weil sie Angst vor einer möglichen Stigmatisierung haben. „Ich muss selbst damit fertig werden.“ Oder auch: „Ich kann doch nicht mit einem Fremden über meine Probleme sprechen.“ Diese und viele andere Sätze hatte sich auch Stephanie ständig gesagt.

Dabei ist man mit psychischen Schwierigkeiten nicht allein. Denn jedes Jahr erkrankt fast ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland an einer psychischen Störung.

Angststörungen, Depressionen, Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch gehören dabei zu den häufigsten psychischen Krankheiten.

Psychische Störungen gehören nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs oder Erkrankungen des Bewegungsapparates zu den Leiden, die die Lebensqualität eines Menschen am schwerwiegendsten einschränken.

Aktuelle Studien zeigen, dass Psychotherapie eine hohe Wirksamkeit hat und bei psychischen und auch bei körperlichen Erkrankungen im Vergleich zu vielen anderen Verfahren einen günstigen Einfluss auf die Gesundheit hat. Bei 80 Prozent der Menschen, die psychotherapeutisch behandelt werden, verbessert sich der Gesundheitszustand stärker als ohne Psychotherapie.

Patienten mit psychischen Erkrankungen brechen außerdem eine psychotherapeutische Behandlung deutlich seltener ab als eine medikamentöse Behandlung. Außerdem wirkt Psychotherapie im Vergleich zu einer rein medikamentösen Behandlung viel nachhaltiger und die Behandlungserfolge halten bei den allermeisten Patienten weit über das Therapieende hinaus an.

Deshalb sollten Sie nicht zögern und sich diese Hilfe rechtzeitig suchen, wenn Sie sich psychisch belastet fühlen. Ihre psychischen Probleme können umso eher gelindert oder geheilt werden, je früher Sie sich Unterstützung suchen.

Die Depression, die beispielsweise bei Stephanie auftrat, war eine Folgeerkrankung, die sich aus einer nie verarbeiteten Verlusterfahrung entwickelte. Sie hatte vor ein paar Jahren ihr kleines Kind bei einem Unfall verloren. Über diesen Schmerz, diesen Schock war sie nie hinweggekommen. In der Psychotherapie kann sie ihr Kind zum ersten Mal betrauern. Sie schafft es schließlich, es wirklich loszulassen.

Wieviele psychische Störungen werden behandelt?

Insgesamt erhalten in Europa nur etwa 25% aller Erkrankten überhaupt eine und noch weniger von ihnen eine angemessene Behandlung. Für Deutschland schwanken die Angaben zur Behandlungsquote von psychisch kranken Menschen je nach zugrundeliegender Studie zwischen 20 und 35%.

Die meisten psychischen Störungen bleiben also noch immer unerkannt und werden nicht behandelt. Obwohl eine große Zahl an Personen betroffen ist, obwohl aus deren Erkrankung hohe Kosten resultieren und obwohl mit einer adäquaten Therapie gute Erfolgsaussichten bestehen, existieren weder Ansätze zur Früherkennung noch ein offizielles Präventionsprogramm. Fände eine systematische Aufklärung der Bevölkerung statt, könnten psychische Störungen frühzeitiger erkannt und schneller oder überhaupt angemessen behandelt werden.

Häufig vergehen jedoch viele Jahre, bis eine erste Behandlung begonnen wird: Etwa 50% der psychischen Störungen beginnen bereits in Kindheit und Jugend. Ohne eine rechtzeitige angemessene Behandlung werden sie oft chronisch und haben vielfältige negative Auswirkungen auf das soziale und berufliche Leben der Betroffenen. Studien haben ergeben, dass dies bei rund 40% psychisch erkrankter Personen in Europa der Fall ist.