Papa Konrad auf der Gefühls­schaukel

Zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt

Von Angelika Völkel

Was ist los, wenn ein Mensch einmal himmelhoch jauchzend und zu einer anderen Zeit zu Tode betrübt ist? Papa Konrad ist so einer. Der Vater einer Eidechsenfamilie leidet unter einer bipolaren Störung und das nimmt ihn und alle anderen ganz schön mit. Doch wie erklärt man seinen Kindern eine solche Krankheit? Das kann man ganz einfach mit dem Buch „Papa Konrad auf der Gefühlsschaukel“ der beiden Psychiaterinnen Christine Weissenberg und Alessia Schinardi.

Mal kann sich Papa Konrad kaum rühren, liegt tagelang im Bett, rührt sein Essen nicht an und die Kinder können nur einen heimlichen Blick hinterm Vorhang auf ihn werfen. Ein paar Tage später kann er wieder mit den Kindern spielen. Und dann scheint es ihm plötzlich viel zu gut zu gehen, so dass er alles viel zu schnell macht.

Eine bipolare Störung, früher nannte man sie manisch-depressive Störung, ist eine große Belastung für Betroffene und deren Angehörige.

Es kommt oft vor, dass Kinder das Verhalten des kranken Elternteils auf sich beziehen und irgendwann davon überzeugt sind, dass sie es in der Hand haben, wie es ihrem Vater oder ihrer Mutter geht. Die Kinder können in die Elternrolle rutschen, was in der Regel eine große Überforderung für sie darstellt und sie vor allem daran hindert, sich selbst angemessen entwickeln zu dürfen. Je mehr Kinder verstehen, was tatsächlich mit ihrem Vater oder ihrer Mutter los ist, desto mehr kann sie das entlasten. Je mehr Betroffene verstehen, woran sie leiden, desto schneller lassen sie sich behandeln.

Die beiden Psychiaterinnen, Alessia Schinardi ist Kinder- und Jugendpsychiaterin, erzählen die Geschichte von Papa Konrad einfühlsam und leicht verständlich. Auch Erwachsenen kann dieses Bilderbuch zu verstehen helfen, was diese Störung mit einem Menschen macht: In der depressiven Phase kann sich ein Betroffener kaum ausreichend um sich selbst, geschweige denn um andere, kümmern. Wie Papa Konrad fehlt dann zeitweise jeder Lebensmut: Selbst das Lieblingsessen schmeckt nicht mehr, die Sportsendung ist nicht mehr wichtig und jede Aktivität scheint viel zu mühsam. Ist diese Phase endlich vorbei, bahnt sich der nächste Ausschlag an, bloß in die entgegengesetzte Richtung: Dann erscheint alles aufregend, die eigenen Fähigkeiten werden überschätzt und die Lebensenergie scheint unbegrenzt – zum Leidwesen ihrer Mitmenschen. Viele kaufen dann wie Papa Konrad Dinge, die sie nicht brauchen oder stellen sich über Vorgesetzte und Kolleg:innen. Gut, dass Mama Konrad den viel zu teuren Sportwagen schließlich doch zurückgeben kann. Gut, dass Papa Konrad seinen Job nicht verliert, nachdem er seinen Chef als Dummkopf beschimpft hat.

Wie Papa Konrad reglos im Bett liegt, sein Lieblingsobst nicht einmal anrührt, wie er im roten Sportwagen fährt, aufgeregt im Vergnügungspark herumspringt oder am Schluss ganz entspannt auf seiner Schaukel liegen kann, weil die endlich in der Balance liegt, all diese Szenen hat Iris Lindner sehr liebevoll illustriert. Auch diese anschaulichen Bilder unterstützen Eltern, Therapeut:innen oder Ärzt:innen dabei, Kinder zu erklären, was mit Mama oder Papa los ist. Und dass alles wieder besser wird, sobald sich Betroffene behandeln lassen.

Quelle:

  • Alessia Schinardi, Christine Weissenberg (2022): „Papa Konrad auf der Gefühlsschaukel“, Illustrationen von Iris Lindner,Broschur, 48 Seiten, Lesealter: 3-5 Jahre, BoD – Books on Demand, ISBN: 9783756802753