Seelische Verletzungen durch traumatische Ereignisse (Seite 3/7)

Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

Eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entsteht als Reaktion auf ein Trauma (siehe oben) – also ein extrem belastendes und bedrohliches Ereignis, das bei fast jedem starke Verzweiflung, Angst und Hilflosigkeit hervorrufen würde. Dies kann ein einmaliges Ereignis, aber auch wiederholte traumatische Ereignisse oder eine länger anhaltende, extrem belastende Situation sein.

Frau S., 38 Jahre alt, wird in den frühen Abendstunden völlig unerwartet auf offener Straße überfallen und niedergestochen. Sie wird schon im Krankenhaus psychologisch betreut und macht anschließend eine zehnstündige ambulante Psychotherapie. Nach drei Monaten sind ihre Ängste so weit zurückgegangen, dass sie ihre Arbeit wieder aufnehmen kann. Ein halbes Jahr später nähert sich der Prozess gegen den Angreifer. Nun spürt Frau S. verstärkt Ängste vor anderen Menschen, erlebt Flashbacks (plötzliche bildhafte Erinnerungen an das Ereignis) und leidet unter Schlafstörungen und Alpträumen. Diese Symptome verunsichern sie stark, und sie hat das Gefühl, „nie darüber hinwegzukommen“. Frau S. ist verzweifelt, niedergeschlagen und weint häufig. Wieder zur Arbeit zu gehen, kann sie sich überhaupt nicht vorstellen. Kurz darauf kommt sie erneut zur Therapie.**)

Die Symptome einer PTBS

Nach der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) treten bei einer PTBS folgende Symptome auf:

  • anhaltende, belastende Erinnerungen an das Trauma, oder ein wiederholtes Erleben des Traumas in intensiven, sich aufdrängenden Erinnerungen (Flashbacks). Sie werden oft durch Schlüsselreize ausgelöst, die der Betroffene mit dem Trauma verbindet, zum Beispiel durch Fotos, Menschen, Gerüche oder Geräusche.
  • ein wiederholtes Erleben des Traumas in Träumen oder Alpträumen
  • Vermeiden von Aktivitäten oder Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen würden, und Vermeiden von Gedanken und Gefühlen, die mit dem Trauma zusammenhängen
  • teilweise oder vollständige Gedächtnislücken an das Trauma
  • andauerndes Gefühl von Betäubtsein oder emotionaler Taubheit (Unfähigkeit, Freude, Trauer oder andere Gefühle zu empfinden)
  • anhaltende Symptome erhöhter Erregung und erhöhter psychischer Empfindlichkeit: etwa Schlafstörungen, starke Schreckhaftigkeit, extreme Wachsamkeit (Hypervigilanz), Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten, Reizbarkeit oder Wutausbrüche
  • Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen oder der Umgebung und ein vermindertes Interesse an Aktivitäten
  • sozialer Rückzug
  • beeinträchtigte Stimmung, zum Beispiel starke Ängste oder Depressivität

Menschen mit PTBS leben oft in einem Gefühl ständiger Bedrohung und empfinden ihre Umwelt plötzlich als unsicher und gefährlich. Schlüsselreize, die an das Trauma erinnern, können starke körperliche Symptome wie Herzrasen, Zittern, Übelkeit oder Atemnot auslösen.

Um die Diagnose einer PTBS zu stellen, müssen die Symptome in einen Zeitraum von sechs Monaten nach dem Ereignis aufgetreten sein und mindestens einen Monat anhalten. Zudem müssen sie zu deutlichem Leiden und Beeinträchtigungen in verschiedenen Lebensbereichen führen. Allerdings können nach einem Trauma auch jahrelang keine oder nur geringe PTBS-Symptome vorhanden sein. Sie können jedoch irgendwann – zum Beispiel durch veränderte Lebensumstände – stärker werden, so dass erst dann eine PTBS auftritt.