Transgenerationale Traumata (Seite 6/8)

Bewältigung kollektiver transgenerationaler Traumata

Gesellschaftliche Aspekte und Hilfsangebote

Gesellschaftliche Aspekte bei der Bewältigung kollektiver Traumata

Bei kollektiven Traumata wie dem Zweiten Weltkrieg ist es wichtig, die Symptome der Betroffenen in einem historischen und politischen Kontext zu sehen. Wenn viele Menschen einem Trauma ausgesetzt waren, entwickeln sie oft gemeinsame Geschichten und Sichtweisen, in denen sie das Trauma reflektieren und verarbeiten.

Gleichzeitig entwickeln sich bestimmte Traditionen, wie mit dem Trauma umgegangen wird und wie die Erinnerung daran weitergegeben wird. Je nachdem, wie diese Sichtweisen und Traditionen aussehen, können sie die Traumatisierung verstärken, zum Beispiel wenn sie das Gefühl des Verlusts verstärken oder wenn die Betroffenen sich in einer Opferrolle sehen oder aber zur Bewältigung der Traumata beitragen.

Um die Weitergabe von Traumata von einer Generation an die nächste zu verhindern, sind daher aus Sicht von Experten auch Maßnahmen auf gesellschaftlicher und politischer Ebene wichtig. Ebenso wichtig ist, dass es ausreichend Unterstützungsangebote wie Beratungs- und Therapieangebote für die Opfer von Traumata, aber auch für deren Angehörigen gibt.

Offenes Sprechen ermöglicht gesellschaftliche Diskussion

Wenn einzelne Betroffene den Mut haben, offen über ihre traumatischen Erlebnisse zu sprechen, erleichtert es dies anderen, sich ebenfalls zu öffnen. Auf diese Weise kann eine gesellschaftliche Diskussion über das Thema entstehen. Opfer von Gewalt, denen es gelingt, offen über das Erlebte zu sprechen, gewinnen zudem mehr Selbstvertrauen und können einen positiven Einfluss auf ihre Kinder und ihr gesamtes Umfeld haben.

Sexuelle oder andere Gewalterlebnisse in der Gesellschaft sollten nicht mehr tabuisiert und stigmatisiert werden, etwa Erfahrungen von Frauen, die in Kriegen und Konflikten sexuelle Gewalt erlebt haben. Wenn die Opfer offen über ihre belastenden Erfahrungen sprechen können und ihr Leid anerkannt wird, kann ihnen dies helfen, die eigene Traumatisierung zu überwinden und gleichzeitig eine Traumatisierung nachfolgender Generationen zu verhindern.

Wichtig sind aus Sicht von Fachleuten ein offener gesellschaftlicher Austausch und eine Aufarbeitung der Ereignisse. Dabei sollte den Opfern von Gewalt Mitgefühl und Solidarität entgegengebracht werden und ihr Leid gesellschaftlich anerkannt und gewürdigt werden. Das kann ihnen vermitteln, dass sie ihre Würde nicht verloren haben. Es kann ihren Selbstwert stärken, ihr Leid lindern und zu einer Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse beitragen.

Auch der Staat sollte Verantwortung für bestimmte Ereignisse übernehmen

Auf politischer Ebene ist es von Bedeutung, dass auch der Staat Verantwortung für die Ereignisse übernimmt, zum Beispiel in Form von Entschädigungszahlungen oder indem Politiker:innen eine Schuld auch einräumen und dafür eine offizielle Entschuldigung abgeben.

Wenn Politiker oder Personen des öffentlichen Lebens zu den Ereignissen Stellung nehmen und sexualisierte oder andere Gewalt klar als Unrecht verurteilen, kann dies den Opfern helfen, das Trauma zu verarbeiten. Auch Gedenkveranstaltungen oder Gedenkstätten, die an die Ereignisse erinnern, tragen dazu bei, das Leid der Betroffenen anzuerkennen. Das kann ihnen Würde und Selbstwert zurückgeben und auf diese Weise eine heilsame Wirkung haben.

Unterstützungsangebote

  1. Frauenrechtsorganisation medical mondiale: setzt sich dafür ein, dass Frauen, die in Kriegen sexuelle Gewalt erfahren haben, medizinische und psychologische Hilfe erhalten.
    Webseite: https://medicamondiale.org/
  2. Bundesinitiative Frühe Hilfen: Sie unterstützt Eltern in der Schwangerschaft und mit Kindern bis zu 3 drei Jahren. Ziel ist, die Beziehungs- und Versorgungskompetenz der Eltern zu stärken und ein gesundes, gewaltfreies Aufwachsen des Kindes zu ermöglichen. Es werden auch Hilfen für junge, geflüchtete Eltern angeboten.
    Webseite: https://www.fruehehilfen.de
  3. Frühinterventionsprogramm STEEP (Steps towards effective and enjoyable parenting): Das Programm vermittelt Eltern, die psychischen Belastungen ausgesetzt sind, wie sie gut und einfühlsam mit ihrem Kind umgehen können. Es wird von verschiedenen Praxiseinrichtungen in Deutschland eingesetzt.
    Webseite: https://www.fruehehilfen.de/forschung-im-nzfh/erreichbarkeit-und-effektivitaet-der-angebote-in-den-fruehen-hilfen/modellprojekte-in-den-laendern/wie-elternschaft-gelingt-wiege-steep-hamburg/

Zu Holocaust und Verfolgung in der NS-Zeit

  1. Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte.
    Webseite: https://www.nsberatung.de/home
  2. Arbeitskreis für Intergenerationelle Folgen des Holocaust.
    Webseite: https://www.pakh.de/
  3. AMCHA Deutschland e. V.: Verein, der sich für die Unterstützung von Überlebenden des Holocausts und die Anerkennung ihres Leids einsetzt.
    Webseite: https://amcha.de/
  4. Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V.:
    Webseite: https://zwst.org/de
  5. Der halbe Stern: Verein für ältere Menschen mit jüdischer Herkunft, die vom NS-Regime verfolgt wurden.
    Webseite: http://www.der-halbe-stern.de
  6. Aufarbeitung von Verlusten sowie Recherchemöglichkeiten zum Verbleib im Zweiten Weltkrieg: „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“
    Webseite: www.volksbund.de

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