Psychose (Seite 2/5)
Frühe psychotische Symptome oft unerkannt
Erste Warnzeichen treten meist schon lange vor der Erkrankung auf
Auch wenn sie meistens viel zu selten weder von den Betroffenen selbst noch von ihrer Umwelt als solche erkannt werden, treten Frühwarnsymptome wie Konzentrationsstörungen, Antriebslosigkeit, depressive Verstimmungen oder innere Leere meist schon längere Zeit vorher auf.
Auch zu Beginn der Störung treten diese Symptome auf, meistens kommen dann noch Leistungseinbruch, Schlafstörungen, nachlassende Lebensfreude oder Ängste hinzu. Im weiteren Verlauf entstehen erst eindeutigere Symptome wie Denkstörungen, Halluzinationen, Ich-Störungen, emotionale und motorische Veränderungen oder Wahn.
Erste Anzeichen

Je früher eine Psychose behandelt werden kann, desto besser sind die Heilungschancen. Viele Symptome entwickeln sich schon sehr früh, manchmal Jahre vor dem eigentlichen Ausbruch der Krankheit. Sie sind aber häufig nicht eindeutig genug, um als psychotisches Symptom erkannt zu werden.
- Konzentrationsstörungen: Menschen, die gefährdet sind, an einer Psychose zu erkranken, können sich meist sehr schlecht konzentrieren. Sie lassen sich leicht ablenken und sind kaum dazu imstande, verschiedene Dinge gleichzeitig zu machen oder im Blick zu behalten. Außerdem wirken sie nervös und ruhelos.
- Denkstörungen: Die Betroffenen haben zunehmend Probleme damit, zusammenhängend und strukturiert zu denken. Sie sind kaum mehr Herr ihrer Gedanken: Die Gedanken werden blockiert oder von anderen Gedanken unterbrochen, Gedanken schieben sich zwischen andere Gedanken. Die Betroffenen können sich auch regelrecht von Gedanken überflutet fühlen.
- Antriebslosigkeit und innere Leere: Viele Betroffene ziehen sich plötzlich von ihrer Umgebung, der Familie, den Freunden oder Bekannten zurück und möchten eigentlich niemanden mehr sehen und sprechen. Sie wirken innerlich leer, ihr Leben und alles, was damit verbunden ist, wird ihnen immer gleichgültiger. Sie können sich kaum noch motivieren, Dinge zu tun, die ihnen bis vor einer gewissen Zeit noch wichtig waren oder Spaß gemacht haben.
- Leistungseinbruch: Wenn die Leistungsfähigkeit in Schule oder Beruf plötzlich deutlich abnimmt, sollte das unbedingt sehr ernst genommen werden.
Symptome im weiteren Verlauf
Mit der Zeit entwickeln sich Symptome, die sehr viel deutlicher auf eine drohende Psychose hinweisen:
Angemessenes Verhalten nicht mehr möglich
Wer an einer Psychose leidet, ist meist nicht mehr imstande, sich angemessen gegenüber seinen Mitmenschen zu verhalten. Menschen, die eine Psychose entwickeln, fallen oft auch dadurch auf, dass sie sich anders als vorher plötzlich für Religion, Mystik oder Magie interessieren.
Betroffene können sehr viel feindseliger und aggressiver auf ihre Umwelt reagieren oder alles, was geschieht, sehr viel stärker auf sich selbst beziehen.
Halluzinationen

Viele Psychose-Patient*innen leiden unter Halluzinationen. Grundsätzlich können alle Sinne davon betroffen sein, am häufigsten kommen aber akustische Halluzinationen vor. Dabei hören die Betroffenen Stimmen, die beispielsweise ihr Verhalten kommentieren oder ihnen Befehle erteilen. Meist werden diese Stimmen als bedrohlich empfunden. Manche Patient*innen sehen Gegenstände, Personen, Farben oder Gesichter, die von anderen Menschen nicht wahrgenommen werden können. Betroffene erleben es auch, dass sie etwas meist sehr Unangenehmes riechen, zum Beispiel nehmen Sie den Geruch von etwas Verwestem oder Giftigem wahr oder sie haben den Eindruck, als sei etwas Seltsames mit ihrem Körper geschehen.
Denkstörungen
Denkstörungen sind typische Anzeichen einer Psychose. Man unterscheidet zwischen inhaltlichen und formalen Denkstörungen. Zu den inhaltlichen Denkstörungen gehören Wahnvorstellungen wie Verfolgungs-, Beziehungs-, Größen- oder Schuldwahn.
Der Wahn entspricht meist der Grundstimmung, das nennt man synthym. Wenn beispielsweise Angst zugrunde liegt, ist der Wahn bedrohlich. Wenn der Wahn von einer unangemessenen Euphorie bestimmt wird, dann erlebt sich der Betroffene wie in der Manie als sehr viel mächtiger oder bedeutender als er ist und entwickelt eher einen Größen- oder Abstammungswahn.
- Wenn jemand unter einem Verfolgungswahn leidet, fühlt er sich beispielsweise von politischen Mächten verfolgt oder ist davon überzeugt, dass andere Menschen ihm Schaden zufügen wollen.
- Betroffene, die unter einem Beziehungswahn leiden, beziehen allgemeine Ereignisse auf sich selbst oder interpretieren bestimmte Gegenstände oder Personen als Bedrohung. Sie interpretieren beispielweise Überschriften in Zeitungen oder Nachrichten im Fernsehen als geheime Botschaften an sie persönlich.
- Wer unter einem Größenwahn leidet, betrachtet sich selbst meist als eine berühmte Persönlichkeit, zum Beispiel die Königin von England oder er geht davon aus, dass sein Genie einfach von anderen Menschen nicht erkannt wird.
- Beim Schuldwahn sind die Betroffenen davon überzeugt, für eine Tat oder ein Leiden anderer verantwortlich zu sein, obwohl es keinerlei Begründung dafür gibt. Wenn bei schweren Depressionen als psychotisches Symptom Wahn auftritt, handelt es sich meist um Schuld- oder Versündigungswahn.
- Inhaltliche Denkstörungen zeigen sich auch in überwertigen Ideen, dabei kreisen die Betroffene gedanklich fast nur noch um ein bestimmtes Thema. Im Volksmund sagt man dazu auch fixe Ideen.
- Es kommt auch vor, dass Betroffene plötzlich irrational denken, zum Beispiel entwickeln sie Zwangsgedanken, die sich immer und immer wieder aufdrängen, ohne dass sie sie verdrängen könnten. Ein Zwangsgedanke kann beispielsweise sein, dass man ohne es zu wollen oder steuern zu können, andere Menschen verletzen könnte.
Formale Denkstörungen dagegen betreffen die Art und Weise, wie jemand denkt. Sie können auftreten in Form:
- einer undeutlichen, wirren oder unverständlichen Sprache
- von häufigen, nicht nachvollziehbaren Gedankensprüngen
- eines plötzlichen Abreißens von Gedanken
- eines verlangsamten Denkens
- von Neologismus, das bezeichnet das Erfinden neuer Begriffe und Wortkombinationen, zum Beispiel naturig statt natürlich
- eines Vorbeiredens am eigentlichen Thema
- von Grübeln
- permanenten Wiederholungen von ein und denselben Sätzen oder Gedanken
- von zerfahrenem Denken, zusammenhanglosen Sätzen, das nennt man inkohärentes Denken
- einer Unfähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, das Denken wird umständlich
- eines eingeschränkten Wortschatzes und einer Gedankenarmut, das ist ein Denken, das nur noch auf wenige Themen beschränkt ist
- eines Gefühls, dass bestimmte Gedanken sich wie von selbst aufdrängen
Ich-Störungen

Darunter versteht man, dass jemand die schützende Grenze zwischen der eigenen Person und der Umwelt verloren hat. Zum Beispiel haben viele Menschen, die unter einer Schizophrenie leiden, das Gefühl von außen beeinflusst oder sogar gesteuert zu werden. Betroffene gehen davon aus, dass die eigenen Gedanken von anderen gehört werden können, dass sie von anderen abgezogen werden können. Es kann aber auch die Gewissheit bestehen, dass Gedanken anderer in das eigene Innere gelangen. Manche empfinden ihre Umwelt als unwirklich oder sich selbst fremd, sie fühlen sich zum Beispiel nicht mehr in ihrem eigenen Körper zuhause.
Emotionale Veränderungen
Menschen, die unter einer Psychose leiden, erleben Emotionen anders als gesunde Menschen, häufig weniger intensiv, so dass die Patient*innen unter Umständen wirken, als hätten sie gar keine Empfindungen. Andere sind während einer akuten Psychose dagegen sehr reizbar. Manchmal reagieren Betroffene unpassend, indem sie etwa in einer traurigen Situation zu lachen beginnen.
Sonstige Psychose-Symptome
Eine Psychose kann auch zu motorischen Veränderungen führen. Patient*innen leiden dann unter starker Unruhe und extremem Bewegungsdrang oder können im Gegensatz dazu komplett erstarren und bewegungslos verharren.
Etliche vernachlässigen ihr Äußeres und widmen sich nicht mehr ihren bisherigen Interessen. Sie ziehen sich sozial sehr stark zurück, das kann so weit gehen, dass sie überhaupt nicht mehr aus dem Haus gehen.
Viele können ihren Alltag nicht mehr allein bewältigen, geschweige denn, einen Beruf ausüben. Manche verhalten sich selbst oder anderen gegenüber gewalttätig.