Psychotherapie und Onkologie (Seite 2/8)

Mythos Krebs­persön­lich­keit

Blick auf Zusammenhang von Krebs und Psyche prägt eigenen Umgang mit Krebs

Gibt es einen Zusammenhang von Krebs, Persönlichkeit und Psyche? Die Sichtweise von Betroffenen auf den Zusammenhang von Persönlichkeit, Psyche und Krebs beeinflusst erheblich ihren Umgang mit dieser Krankheit. Dort liegen Ansatzpunkte für eine optimale Behandlungsstrategie.

Psyche und Krankheitsverlauf

Zahlreiche Studien zu Krankheitsverarbeitung und Überleben lieferten bisher letztendlich keine ausreichende Datenbasis für die Schlussfolgerung, dass die Art der Krankheitsverarbeitung sich ursächlich auf den Krankheitsverlauf auswirkt oder der onkologische Krankheitsverlauf vom psychischen Befinden abhängt.

Etwa jeder zweite Betroffene hält seine Krebserkrankung für psychisch mit verursacht und damit auch durch psychische Faktoren beeinflussbar. Dieser Zusammenhang besteht nicht bzw. konnte empirisch nicht nachgewiesen werden.

Eine aufgrund einer genügend großen Stichprobe und sorgfältigen Forschungsmethoden aussagekräftige „Prospektive Interventionsstudie“ lieferte aber den Hinweis, dass eine psychologische Intervention, die das Gesundheitsverhalten und die medizinische Kooperationsbereitschaft der Patienten in das Zentrum rückte, einen leichten Vorteil hinsichtlich Rückfallrate und Überleben brachte.

Behandlungsmaßnahmen, die in erster Linie auf die Krankheitsverarbeitung oder das allgemeine psychische Wohlbefinden zielen, verlängern das Überleben nicht. Nichtsdestotrotz sind sie aufgrund der Erhöhung der psychischen Lebensqualität für die Patienten sehr wichtig:

Optimisten leben nach einer Krebsdiagnose zweifelsohne besser, jedoch nicht länger.

In der Therapie sollten die Heilungstheorien der Kranken ihren Platz haben. Die Hoffnung von Patienten ist unbedingt zu respektieren. Sollten jedoch falsche Heilungstheorien geäußert werden, ist eine Korrektur notwendig.

Tradierte Falschaussage: Die so genannte Krebspersönlichkeit

Das Konzept der „Krebspersönlichkeit“ unterstellt einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Krebserkrankung und bestimmten Persönlichkeitszügen. Dieses Konzept ist schon in der Antike von Hippokrates und Galenus „entwickelt“ worden.

Letztendlich konnte dieses Konzept trotz intensiver empirischer Bemühungen mittels einer Vielzahl von Studien und Analysen nicht belegt werden. Es fanden sich keine Belege für den direkten Zusammenhang von psychischen Faktoren und dem Risiko einer Krebserkrankung.

Es wird vermutet, dass die Idee „Krebspersönlichkeit“ nur aufgrund ihrer Funktion für Gesunde derart lange überdauern konnte: Sie beinhaltet nämlich, dass nur ganz bestimmte Menschen Krebs bekommen. Damit bietet sie den Gesunden die Möglichkeit, sich durch Abgrenzung von diesem Persönlichkeits-Typus vor einer eigenen Krebserkrankung sicher zu fühlen. Diese Annahme grenzt Krebskranke aus. Patienten, die eine Krebspersönlichkeit annehmen, sind ganz besonders belastet, weil sie plötzlich zu „den Anderen“ gehören.