Medikamentenmissbrauch und Medikamentenabhängigkeit (Seite 2/4)

Schmerzmittel, Schlaf- und Beruhigungsmittel

Abhängigkeit kann aufgrund zu langer Einnahme oder steigender Dosis entstehen

Auch manche Medikamente, insbesondere Schlaf- und Beruhigungsmittel, opiathaltige Schmerzmittel und Psychostimulanzien können abhängig machen. Diese Medikamente werden zwar vom Arzt verschrieben und führen, wenn sie wie verordnet und nur für eine begrenzte Zeit eingenommen werden, normalerweise nicht zur Abhängigkeit.

Es kann jedoch sein, dass ein Patient das Medikament über längere Zeit einnimmt als ursprünglich beabsichtigt oder die bisherige Menge nicht mehr ausreicht, um die Beschwerden (wie Schmerzen oder Schlafstörungen) ausreichend zu lindern.

Mit der Zeit kann sich so eine Abhängigkeit entwickeln. Versuche, das Medikament wegzulassen oder zu reduzieren, sind dann häufig mit deutlichen Entzugserscheinungen verbunden.

Schmerzmittel und Betäubungsmittel

Opiate und Opioide sind starke Schmerz- und Betäubungsmittel und haben ein hohes Suchtpotential. Als Opiate bezeichnet man dabei Substanzen, die Opium oder vom Opium abstammende Substanzen (zum Beispiel Morphin) enthalten. Opioide sind dagegen alle synthetischen, morphinähnlichen Substanzen. Neben der starken schmerzstillenden Wirkung können Opiate und Opioide auch Ängste, Anspannung und negative Gefühle dämpfen und ein Gefühl von Zufriedenheit oder Euphorie auslösen. Diese Wirkungen sind vermutlich für das starke Suchtpotential verantwortlich.

Werden die Substanzen dagegen unter kontrollierten Bedingungen in der Schmerztherapie eingesetzt, kommt es in der Regel nicht zu einer Suchtentwicklung. Zu den Opiaten und Opioiden gehören beispielsweise Buprenorphin, Codein (das häufig auch als Hustenstiller eingesetzt wird), Levomethadon, Methadon, Morphin, Oxycodon, Tilidin und Tramadol.

Bei so genannten Misch-Analgetika wird ein Schmerzmittel mit einer weiteren psychoaktiven Substanz wie Codein oder Coffein kombiniert. Der psychisch stimulierende Effekt der Zusatzsubstanz kann dabei zur Fortsetzung der Medikamenteneinnahme und so zur Entstehung einer Abhängigkeit beitragen. Nebenwirkungen von Opiaten und Opioiden können Übelkeit und Erbrechen, Verstopfung, Müdigkeit und eine verminderte Atemtätigkeit sein.

Weil die Substanzen sehr stark wirken, kann es leicht zu einer Überdosierung mit gefährlichen Nebenwirkungen wie einer Atemlähmung kommen. Auf der anderen Seite können beim Weglassen der Substanzen deutliche Entzugserscheinungen auftreten. Dazu gehören Schwitzen, Zittern, Gliederschmerzen, Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, Fieber und Schlaflosigkeit.

Schlafmittel und Beruhigungsmittel

Schlafmittel werden verordnet, um Schlafstörungen zu lindern und haben eine beruhigende und schlafanstoßende Wirkung. Beruhigungsmittel (Sedativa und Tranquilanzien) werden bei starker Erregung, Anspannung und Ängsten eingesetzt und haben eine beruhigende, entspannende und angstlösende Wirkung. Die Substanzen, insbesondere Benzodiazepine, können bei wiederholter Einnahme schon bei einer geringen Dosis und nach relativ kurzer Zeit zu Abhängigkeit führen.

Eine Besonderheit bei der Einnahme von Benzodiazepinen und anderen Schlaf- und Beruhigungsmitteln ist die so genannte Niedrigdosis-Abhängigkeit: Die Betroffenen nehmen eine relativ niedrige Dosis und steigern diese auch im Lauf der Zeit nicht.
Die psychischen, körperlichen und sozialen Folgen der Medikamenteneinnahme sind dann oft relativ gering. Allerdings können bei längerfristiger Einnahme deutliche gesundheitliche Probleme auftreten.
Außerdem kommt es beim Versuch, das Medikament wegzulassen oder zu reduzieren, oft zu deutlichen Entzugserscheinungen – und diese verleiten häufig dazu, das Medikament weiter einzunehmen.

Zu den Schlaf- und Beruhigungsmitteln gehören Barbiturate (wie Phenobarbital), Benzodiazepine (wie Alprazolam, Clonazepam, Diazepam, Lorazepam, Oxazepam), sowie Clomethiazol, das bei der Behandlung des Alkoholentzugs eingesetzt wird. Verwandte Substanzen sind die Benzodiazepin-Analoga (Z-Drugs), die als Schlafmittel eingesetzt werden (wie Zolpidem, Zopiclon, Zaleplon).

Als Nebenwirkungen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln können Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, Benommenheit, eine verminderte Reaktionsfähigkeit, emotionale Abstumpfung, Kopfschmerzen und Muskelschwäche auftreten. Einige dieser Nebenwirkungen können zu einer eingeschränkten Fahrtüchtigkeit führen.
Als paradoxer Effekt können während der Einnahme auch Ängste oder Schlafstörungen auftreten. Die Nebenwirkungen sind bei höherer Dosis und längerfristiger Einnahme meist stärker ausgeprägt.

Typische Entzugserscheinungen sind Schwächegefühl, Schwindel, Schlafstörungen, Angstzustände, Zittern und Unruhe.

Psychostimulanzien

Psychostimulanzien (Amphetamine und verwandte Substanzen) werden meist bei der Behandlung der Aufmerksamkeits-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) und der Narkolepsie (einer bestimmten Schlafstörung) eingesetzt.
Sie verbessern die Leistungsfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit, vermindern Müdigkeit und Schlafbedürfnis und unterdrücken das Hungergefühl. Darüber hinaus können sie zu positiver Stimmung bis hin zur Euphorie führen.

Das Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial von Psychostimulanzien wird als mittel bis hoch eingeschätzt. Bei einer bestimmungsgemäßen Anwendung im Rahmen der Behandlung einer ADHS oder einer Narkolepsie führen die Medikamente nach bisherigen Erfahrungen jedoch nicht zu Abhängigkeit.

Zu den Psychostimulanzien gehören beispielsweise Amphetaminil, Ephedrin, Dexamphetamin, Methylphenidat (Ritalin), Pemolin und Pseudoephedrin.

Als Nebenwirkungen der Einnahme können chronischer Schlafmangel, Erschöpfungszustände und manchmal auch psychotische Reaktionen auftreten.