Internetsucht (Seite 3/6)

Entstehung von Internetsucht

Entwicklung problematischen Nutzungsverhaltens und Abhängigkeit

Gerade die vielen Vorteile des Internets können zur Entstehung einer Internetsucht beitragen: Die digitale Welt bietet nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, die rund um die Uhr verfügbar sind. Außerdem spielen bei der Nutzung des Internets auch Gefühle und soziale Aspekte eine Rolle. Viele Inhalte oder Aktivitäten in Netz werden als angenehm erlebt und können zur Ablenkung von Problemen oder unangenehmen Tätigkeiten genutzt werden.

Wie bei anderen Süchten wird angenommen, dass bei der Entstehung einer Internetsucht eine Kombination verschiedener Faktoren eine Rolle spielt. Beim Spielen, Surfen oder Chatten erlebt man häufig ein Gefühl von Kontrolle und Erfolg. Viele Aktivitäten im Netz machen Spaß und sind entspannend – das heißt, sie wirken belohnend. Und dieser Belohnungsfaktor erhöht die Gefahr, dass eine Sucht entsteht. Außerdem erfährt man in sozialen Netzwerken oder bei Online-Rollenspielen häufig Wertschätzung und Anerkennung und erlebt ein Gefühl der Zugehörigkeit.

Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Verhaltenssüchten (zum Beispiel einer Spielsucht), ähnlich wie bei Alkohol- oder Drogensucht, biochemische Veränderungen im Gehirn eine Rolle spielen. Dabei sind vor allem das Belohnungszentrum des Gehirns und der Botenstoff Dopamin von Bedeutung. So kommt es während des „süchtigen Verhaltens“ zu einer erhöhten Ausschüttung von Dopamin im Gehirn, was belohnend wirkt und zu Glücksgefühlen führt. Gleichzeitig sind Gehirnregionen, die bei Belohnung eine Rolle spielen, überdurchschnittlich stark aktiviert. Dadurch wird das Verhalten immer häufiger gezeigt, während andere Aktivitäten, die weniger belohnend wirken, immer mehr vernachlässigt werden.

Weiterhin können psychische Probleme und Konflikte das Risiko für eine Internetsucht erhöhen. Schließlich wird vermutet, dass auch genetische Faktoren bei der Neigung, ein süchtiges Internetverhalten zu entwickeln, eine Rolle spielen. Dies hat sich für andere Arten der Sucht bereits gezeigt. Mit dem Compulsive Internet Use Scale (CIUS) -Selbst test zur Internetsucht finden Sie heraus, ob Ihr Internetnutzungsverhalten problematisch sein könnte.

Risikofaktoren für eine Internetsucht

Besonders gefährdet für eine Internetsucht scheinen Menschen zu sein, die ein geringes Selbstwertgefühl haben und / oder unter psychischen Problemen leiden. Wer wenig Selbstbewusstsein hat, kann sich in sozialen Medien so darstellen, wie er gerne sein möchte oder sich eine ganz neue Identität geben – und in Computerspielen kann er sich mutig und „heldenhaft“ fühlen. Die Aktivitäten im Netz stärken scheinbar das Selbstwertgefühl, wirken belohnend und verleiten dazu, immer mehr Zeit in der „virtuellen Welt“ zu verbringen.

Bei vielen Formen der Internetsucht spielt auch die Suche nach sozialem Kontakt eine wichtige Rolle. Wenn jemand sich im „echten“ Leben Probleme mit zwischenmenschlichen Beziehungen hat, sucht er diese Kontakte möglicherweise im Netz und empfindet diese vielleicht als befriedigender als „echte“ zwischenmenschliche Kontakte. Dies kann das Risiko für eine übermäßige Internetnutzung erhöhen. Studien haben zudem gezeigt, dass sich die Probleme mit sozialen Kontakten auf diese Weise eher verstärken.

Studien haben zudem gezeigt, dass 86 Prozent der Internetsüchtigen eine weitere psychische Störung haben. Am häufigsten waren dabei Depressionen, eine andere Suchterkrankung (zum Beispiel Alkoholabhängigkeit) und eine Aufmerksamkeits-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS). Auch soziale Ängste und Persönlichkeitsstörungen scheinen häufig zusammen mit einer Internetabhängigkeit vorzukommen. Es wird vermutet, dass die Internetsucht sowohl eine Folge als auch die Ursache anderer psychischer Erkrankungen sein kann: Psychische Probleme können die Gefahr einer Internetsucht erhöhen – denn die ständige Nutzung des Internets kann ein Versuch sein, Problemen oder sozialen Konflikten aus dem Weg zu gehen. Andererseits erhöht eine exzessive Internetnutzung die Wahrscheinlichkeit, dass weitere psychische Probleme entstehen.

Mögliche Folgen einer Internetsucht

Untersuchungen haben gezeigt, dass eine häufige Nutzung des Internets zu Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit – insbesondere der Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit – führt. So haben internetsüchtige Jugendliche schlechtere Leistungen in der Schule, und bei Erwachsenen lässt die Arbeitsleistung nach. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Betroffenen viel Zeit online verbringen und dadurch weniger Zeit für Hausaufgaben oder Arbeitstätigkeiten zur Verfügung haben.
Weiterhin werden durch die Internetsucht häufig Kontakte zu Freunden und Familie vernachlässigt. So vereinsamen die Betroffenen häufig, ohne es zu bemerken. Zwar können auch im Internet neue Kontakte oder Freundschaften entstehen, aber meist findet dabei kein reales Treffen statt.

Das ständige Verlangen, online zu sein, kann außerdem zu gesundheitlichen Problemen führen. So verbringen die Betroffenen so viel Zeit am Computer, dass sie zu wenig Schlaf bekommen. Oder sie leiden durch die „aufregenden” Aktivitäten im Internet unter Schlafstörungen. Oft werden Bedürfnisse wie Essen und Trinken vernachlässigt: Die Betroffenen essen zu wenig oder ernähren sich ungesund, zum Beispiel von Fastfood, und bewegen sich gleichzeitig zu wenig. Das führt oft dazu, dass Internetsüchtige stark abnehmen oder zunehmen. Das lange Sitzen am Computer kann zudem zu Muskelverspannungen, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen oder Problemen beim Sehen führen. Schließlich können die mangelnde Bewegung und ungesunde Ernährung das Risiko für Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.

Selbst bei kleinen Kindern haben Forscher schon negative Folgen des häufigen Kontakts mit Smartphone und Internet festgestellt: So beobachteten sie bei Kindern zwischen zwei und fünf Jahren einen Zusammenhang zwischen der Nutzung digitaler Medien und Konzentrations- und Sprachstörungen sowie Hyperaktivität.

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