Volkskrankheit Depression (Seite 3/11)

Depressionen

Die Krankheit Depression hat viele Gesichter

Depressionen können verschiedene Formen annehmen. Die folgende Liste umfasst die bekanntesten Ausprägungen dieser Erkrankung. Die Aufstellung orientiert sich bei der Einordnung an diversen Kriterien, zum Beispiel dem Alter der Betroffenen, Ursachen oder Auslöser, aber auch am Krankheitsverlauf und den prägnantesten Merkmalen der jeweiligen Art der psychischen Störung Depression:

Unabhängig von der konkreten Form, Ursache und Schweregrad treten die meisten Depressionserkrankungen als sogenannte rezidivierende depressive Störung auf. Das bedeutet, dass es nicht bei einer einzigen depressiven Episode bleibt, sondern es zu einem Rückfall kommt. Die Rückfallquote für Depressionen liegt zwischen 50 und 70 Prozent.

Die Krankheit verläuft generell in Phasen, die in Schweregrad und Dauer variieren können. Die Dauer einer Episode kann zwischen wenigen Wochen und vielen Monaten schwanken. Mit jeder Episode steigt das Risiko einer erneuten Depression. Deshalb ist es wichtig, einen entsprechenden Verdacht abzuklären und sich behandeln zu lassen.

Auch wenn eine Depression für die Betroffenen immer eine sehr schwere Belastung darstellt, wird zwischen leichten, mittelgradigen und schweren Depressionen unterschieden. Diese Unterscheidung in Schweregrade hat vor allem den Zweck, dass der behandelnde Psychotherapeut den richtigen Therapie-Mix zusammenzustellen kann.

Unipolare und bipolare Depression

Bei der überwiegenden Zahl der Betroffenen treten ausschließlich depressive Phasen auf. Sie leiden also unter einer unipolaren Depression, das bedeutet, dass ihre Stimmung phasenweise zum negativen Pol hin verschoben ist.

Weniger als ein Prozent der Bevölkerung sind dagegen von Stimmungsschwankungen betroffen, die sich sowohl in Phasen mit großer Niedergeschlagenheit als auch in Phasen mit gehobener Stimmung und gesteigertem Antrieb äußern. Man spricht in diesem Fall von einer bipolaren Störung oder auch manisch-depressiven Erkrankung. Bipolare Störungen sind schwere chronisch verlaufende psychische Erkrankungen mit starken Stimmungsschwankungen, die vorübergehend und unabhängig von der augenblicklichen Lebenssituation auftreten.

Erleben Betroffene diese Höhen und Tiefen in abgeschwächter Form und haben sie den Eindruck, dass diese Schwankungen zu ihnen gehören, spricht man von einer Zyklothymie. Das ist die abgeschwächte Form der bipolaren Störung. Den Betroffenen ist meist nicht bewusst, dass ihnen eine Psychotherapie helfen könnte, insgesamt stabiler zu werden und ein erfüllteres Leben führen zu können.

Artikel Bipolare Störung

Depressionen bei Kindern und Jugendlichen

Depressionen treffen auch Kinder und Jugendliche. Kinder können über ihr Innenleben oft noch nicht so gut berichten. Bei ihnen zeigt sich die Depression eher in einem veränderten Alltagsverhalten, zum Beispiel durch Spielunlust und schnelle Entmutigung, verminderten oder gesteigerten Appetit sowie in verminderter Mimik und Gestik, aber auch durch Wutanfälle. Oft klagen Kinder und Jugendliche mit einer Depression auch über körperliche Beschwerden wie Bauchweh oder Kopfschmerzen.

Depressionen als Krankheit werden bei Kindern häufig nicht so schnell erkannt oder ernst genommen. Stattdessen bekommen die Kinder zunächst Vitamine und Eisenpräparate gegen die Müdigkeit. Schwere depressive Störungen sind bei Kindern und Jugendlichen jedoch genauso langwierig, Rückfälle sind häufig. Je früher eine Depression einsetzt, desto schlechter ist die Prognose.

Auch Jugendliche in der Pubertät sind aufgrund hormoneller Turbulenzen für Depressionen besonders anfällig.

Stimmungsschwankungen, emotionale Krisen und vorübergehende schlechte Stimmung sind in der Entwicklung bei vielen Kindern und Jugendlichen normal. Der wichtigste Unterschied zu einer Depression ist: Eine Phase schlechter Stimmung dauert normalerweise nur kurz an.

Abschnitt Depressionen im Artikel "Kinder und Jugendliche"

Wochenbettdepression

Der Baby Blues ist eine Phase erhöhter psychischer Empfindlichkeit nach der Geburt, unter der Frauen aufgrund der Hormonumstellung leiden. Meist vergeht er nach einigen Tagen jedoch wieder.

Manche Frauen leiden nach der Geburt jedoch an einer Depression. Mediziner sprechen dann von einer postnatalen Depression oder postpartalen Depression. Umgangssprachlich wird sie auch Wochenbettdepression genannt. In einigen Fällen tritt eine Depression auch in der Schwangerschaft erstmals auf.

Die Wochenbettdepression ist eine psychische Erkrankung, die viele Mütter, aber auch einige Väter, nach der Geburt betrifft. Betroffene befinden sich in einem Stimmungstief, empfinden Hoffnungslosigkeit und isolieren sich zunehmend von ihren sozialen Kontakten.

Außerdem zeigen Mütter mit Wochenbettdepression häufig ein allgemeines Desinteresse, das sich sowohl auf ihr Kind und seine Bedürfnisse als auch auf die ganze Familie bezieht. Die betroffenen Frauen vernachlässigen sich in dieser Zeit oft selbst. Sie versorgen das Kind zwar korrekt, behandeln es aber beispielsweise wie eine Puppe und haben keinen persönlichen Bezug.

In schweren Fällen kommen den Betroffenen bei einer Wochenbettdepression Tötungsgedanken in den Sinn. Diese beziehen sich nicht nur auf die eigene Person, sondern manchmal auch auf das Kind.

Altersdepression und Pseudodemenz

Auch eine Altersdepression wird meist zu spät erkannt. Niedergeschlagenheit, sozialer Rückzug und Interessenverlust werden vorschnell als natürliche Begleiterscheinungen des Alterns angesehen, nicht als Symptome einer Depression.

Bei Menschen mit Altersdepression stehen häufig körperliche Beschwerden wie Schmerzen, Magen-Darm-Probleme, erhöhte Ermüdbarkeit, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit oder Schwindel im Vordergrund. Für diese psychosomatisch bedingten Symptome werden oft zu Unrecht körperliche Erkrankungen als Auslöser gesucht.

Die Konzentrationsschwierigkeiten, die bei einer Depression auch häufig auftreten können, werden bei älteren Patienten oft als Anzeichen einer beginnenden Demenz interpretiert, deshalb wird die Altersdepression auch Pseudodemenz genannt.

Eine Psychotherapie bietet aber selbst im hohen Alter noch die Chance, die Lebensqualität deutlich zu verbessern.

Abschnitt Altersdepression im Artikel "Psychische Störungen im Alter"

Hormonell bedingte Stimmungsschwankungen

Bei Frauen können auch starke hormonelle Schwankungen eine depressive Episode auslösen, zum Beispiel bei der Schwangerschaftsdepression, die bis zu zehn Prozent der Schwangeren betrifft.

In den Wechseljahren leiden viele Frauen an einer erhöhten Stimmungslabilität und Reizbarkeit, an Nervosität, Schlafstörungen sowie depressiver Verstimmung. Auch schwere Depressionen und sogar Psychosen treten in dieser Zeit vermehrt auf.

Burnout

Das Burnout-Syndrom ist kein eigenständiges Krankheitsbild. Es macht sich in verschiedenen Stadien anhand unterschiedlichster Symptome bemerkbar und tritt dabei in vielfältigen Varianten und sehr individuellem Maße auf. Man versteht darunter einen Zustand totaler körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung mit verminderter Leistungsfähigkeit.

Gerade im sehr weit fortgeschrittenen Stadium kann das Leben sinnlos und leer erscheinen, Betroffene können sogar Selbstmordgedanken entwickeln. Spätestens in dieser Situation ist professionelle medizinische und psychotherapeutische Hilfe dringend geboten.

Saisonale Depression

Eine Sonderform der Depression ist die so genannte Winterdepression. Dabei treten die Symptome in den Herbst- und Wintermonaten auf und werden offenbar durch einen Mangel an Sonnenlicht ausgelöst. Typische Symptome der Winterdepression sind eine anhaltende Müdigkeit und ein Heißhunger auf Süßigkeiten.

Larvierte Depression

Die larvierte Depression ist ein depressives Zustandsbild, das sich hinter einer Maske körperlicher Beschwerden verbirgt. Larva ist Lateinisch und bedeutet Maske. Nicht die depressive Verstimmung steht im Vordergrund, sondern unterschiedliche körperliche Beschwerden wie Kopf- und Rückenschmerzen, Verdauungsbeschwerden, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Gliederschwere oder ein Rückgang der Libido. Schwindel tritt als Symptom ebenfalls oft auf und auch Ohrgeräusche (Tinnitus).

Stehen die körperlichen Beschwerden stark im Vordergrund, so kann dies die frühzeitige Diagnose erschweren. Depressionen geben sich oft auch psychomotorisch zu erkennen, das heißt in Sprache, Mimik und Gestik, die dann verlangsamt und erstarrt erscheinen.

Agitierte Depression

Eine agitierte Depression äußert sich in ängstlicher Getriebenheit. Die Betroffenen laufen unruhig umher und klagen über Luftnot und Herzrasen. Eine agitierte Depression wird auch als Jammerdepression bezeichnet.

Während Depressive sonst eher Schwierigkeiten haben, sich zu irgendeiner Handlung aufzuraffen, leiden Menschen mit agitierter Depression unter einem ständigen Bewegungsdrang und verhalten sich hektisch und ziellos.

Atypische Depression

Im Unterschied zur klassischen Ausprägung einer Depression lässt sich die Stimmung bei der atypischen Depression durch positive Ereignisse verbessern. Weitere Anzeichen sind ein gesteigerter Appetit und ein starkes Bedürfnis, tagsüber zu schlafen. Die Betroffenen geben sich häufig sehr theatralisch und sind leicht zu kränken.

Organische Depression

Eine Depression kann auch durch eine körperliche Erkrankung ausgelöst werden, zum Beispiel durch Funktionsstörungen der Schilddrüse, Hypophysen- oder Nebennierenerkrankungen, Schlaganfall oder Frontalhirnsyndrom. Bei einer organischen Depression muss zunächst die Grunderkrankung behandelt werden.

Dysthymie

Darüber hinaus leiden manche Menschen an depressiven Symptomen, die zwar weniger stark ausgeprägt sind als bei einer klassischen Depression, dafür halten die Beschwerden aber chronisch über Jahre an. Dieses Krankheitsbild, das meist im jungen Erwachsenenalter beginnt, wird auch als Dysthymie bezeichnet.

Häufige Begleiterkrankung bei anderen psychischen Störungen

Eine Depression tritt sehr häufig als Begleiterkrankung auf, vor allem bei Angststörungen, bei Sucht oder auch Zwangsstörungen.

Angst- und Panikstörungen, Suchterkrankungen, Essstörungen, somatoforme Störungen, Zwangserkrankungen und Persönlichkeitsstörungen treten wiederum häufig als Begleiterkrankungen von Depressionen auf.