Demenz: Folge einer Erkrankung des Gehirns (Seite 3/7)

Formen der Demenz

Es gibt verschieden Arten von Demenzen, die sich in ihren Ursachen, ihren Symptomen, dem Beginn der Erkrankung und ihrem Verlauf unterscheiden.

Alzheimer-Demenz

Sie ist die mit Abstand häufigste Form der Demenz und macht über 60 Prozent der Demenzfälle aus. Meist tritt sie erst im höheren Alter, nach dem 65. Lebensjahr auf und schreitet langsam, über mehrere Jahre, voran. Es gibt aber auch seltene Formen, die schon vor dem 65. Lebensjahr beginnen. Hier verschlechtern sich die kognitiven Fähigkeiten meist rasch. Nur bei etwa fünf Prozent der Betroffenen ist die Alzheimer-Demenz erblich bedingt. Die erbliche Form tritt gehäuft innerhalb einer Familie auf und beginnt meist früh (vor dem 60. Lebensjahr).

Kennzeichnend für die Alzheimer-Demenz sind Veränderungen im Gehirn, die durch die Ablagerung von Eiweißen außerhalb und innerhalb der Nervenzellen entstehen. Außerhalb der Nervenzellen bilden sich so genannte Plaques, die aus beta-Amyloid bestehen, im Inneren der Nervenzellen entsteht ein Gewirr aus Tau-Proteinen. Beides führt dazu, dass die Nervenzellen im Gehirn nicht mehr richtig arbeiten können und schließlich absterben.

Frau E., 67 Jahre alt, stellt fest, dass sie sich vieles nicht mehr so gut merken kann wie früher. Sie muss sich immer mehr aufschreiben, braucht für vieles länger und ist auch oft emotional unausgeglichen. Ihr Ehemann hält die Veränderungen zunächst für normal. Später reagiert er aber häufig genervt und schroff, wenn Frau E. wieder einmal Dinge verlegt hat oder ihm immer wieder das Gleiche erzählt. Bei einer Routineuntersuchung fallen auch dem Hausarzt die Gedächtnisprobleme auf. Er überweist Frau E. an eine Gedächtnisambulanz, wo nach ausführlicher Untersuchung die Diagnose einer Alzheimer-Demenz gestellt wird.

Vaskuläre Demenz

Die vaskuläre Demenz ist mit 10 bis 20 Prozent der Fälle die zweithäufigste Demenzform. Hier verschlechtern sich die Gehirnleistungen durch Schädigungen der Blutgefäße im Gehirn. Dabei kommt es durch Fett- und Kalkablagerungen in den Blutgefäßen zu Durchblutungsstörungen, so dass das Gehirngewebe nicht mehr ausreichend versorgt wird und schließlich abstirbt. Eine vaskuläre Demenz kann unmittelbar nach einem Schlaganfall beginnen, sie kann aber auch durch wiederkehrende kleine Infarkte im Gehirn entstehen (so genannte Multi-Infarkt-Demenz).

Die Symptome ähneln denen einer Alzheimer-Demenz. Sie können schleichend beginnen, aber auch akut auftreten (zum Beispiel nach einem größeren Schlaganfall). Typisch bei der vaskulären Demenz ist ein eher stufenförmiger Verlauf: Es treten immer wieder schlagartige Verschlechterungen der Leistungsfähigkeit auf, die sich mit Phasen gleichbleibender oder sogar leicht verbesserter kognitiver Leistungsfähigkeit abwechseln.

Herr G., 76 Jahre alt, wird wegen eines plötzlichen Verwirrtheitszustands ins Krankenhaus eingeliefert. Er kann keine Angaben zu seinem Alter machen und weiß nicht, wo er ist und warum. Es stellt sich heraus, dass Herr G. seit Jahren an Bluthochdruck und Diabetes leidet. Nachdem ein stark erhöhter Blutzuckerwert richtig eingestellt worden ist, geht auch die Verwirrtheit wieder zurück. Herr G. ist aber nach wie vor sehr vergesslich, sucht oft nach den richtigen Worten und verläuft sich häufig auf der Station. Außerdem klagt er über Konzentrationsstörungen und kann sich an Ereignisse aus seiner Vergangenheit nicht richtig erinnern. Eine bildgebende Untersuchung des Kopfes gibt Hinweise auf viele kleine Hirninfarkte in der Vergangenheit. Die Ärzte stellen daraufhin die Diagnose einer vaskulären Demenz. *)

Behandlung der Grunderkrankungen bei der vaskulären Demenz

Bei einer vaskulären Demenz ist außerdem wichtig, die Risikofaktoren und Grunderkrankungen zu behandeln, die zu weiteren Gefäßschädigungen im Gehirn beitragen können.

Mischform aus Alzheimer- und vaskulärer Demenz

Oft treten die typischen Veränderungen bei einer Alzheimer-Demenz zusammen mit Gefäßveränderungen im Gehirn auf. Dann spricht man auch von einer "gemischten Demenz" - einer Mischform aus Alzheimer- und vaskulärer Demenz. Sie macht etwa 15 Prozent der Demenzfälle aus.#

Lewy-Körperchen-Demenz

Typisch für diese Demenzform sind Schwankungen der Wachheit und der geistigen Leistungsfähigkeit und visuelle Sinnestäuschungen (Halluzinationen). Gleichzeitig treten oft ähnliche Symptome wie bei der Parkinson-Erkrankung auf, wie Zittern, Muskelsteifigkeit und unsicherer Gang. Es kann auch zu wiederholten Stürzen ohne erkennbare Ursache, kurzen Bewusstlosigkeiten und Schlafstörungen mit Albträumen kommen. Das Gedächtnis ist zu Beginn der Erkrankung nicht oder nicht stark beeinträchtigt. Dabei schreitet die Erkrankung meist langsam voran. In den Gehirnzellen der Betroffenen finden sich typische Einschlusskörperchen, die so genannten Lewy-Körperchen, die auch bei der Parkinson-Erkrankung vermehrt auftreten.

Die 67-jährige Frau Z. lebt alleine und hat nur zu einer Nachbarin Kontakt. Dieser erzählt sie, dass sie seit einiger Zeit das Gefühl habe, ihre tote Schwester sei in ihrer Wohnung. Außerdem sehe sie manchmal Katzen in der Wohnung. Der Nachbarin fällt auf, dass Frau Z. ihre Gedanken manchmal klar und geordnet äußern kann, dann aber wieder sehr verwirrt wirkt. Sie macht auch einen sehr verängstigten Eindruck und geht kaum noch aus der Wohnung. Die Nachbarin macht sich große Sorgen und kann Frau Z. schließlich überreden, ihren Hausarzt aufzusuchen. Er überweist Frau Z. an eine Klinik für Psychiatrie, wo die Diagnose einer Lewy-Körperchen-Demenz gestellt wird.*)

Demenz bei der Parkinson-Krankheit

Die Parkinson-Krankheit ist eine langsam fortschreitende neurologische Erkrankung, bei der es zu Muskelzittern, Muskelstarre und verlangsamten Bewegungen bis hin zur Bewegungsstarre kommt. Bei etwa 30 Prozent der Parkinson-Patienten entwickelt sich im Spätstadium auch eine Demenz. Sie ähnelt vom klinischen Bild her der Lewy-Körperchen-Demenz. Es kommt zu Beeinträchtigungen bei Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit und Lernen. Dabei beginnt die Demenz schleichend und schreitet meist langsam voran.

Es wird geschätzt, dass etwa 10 bis 20 Prozent der Demenzfälle auf die Lewy-Körperchen-Demenz und die Demenz bei der Parkinson-Erkrankung entfallen.

Frontotemporale Demenz (Pick-Krankheit)

Im Gegensatz zu den meisten Demenzformen beginnt die frontotemporale Demenz oft schon im mittleren Lebensalter und schreitet dann langsam fort. Am Anfang stehen meist nicht die Gedächtnisprobleme im Vordergrund, sondern eine allmähliche Veränderung der Persönlichkeit, des sozialen Verhaltens und der Gefühlskontrolle. So kann es zu aggressivem, taktlosem oder sexuell enthemmtem Verhalten kommen, aber auch zu Teilnahmslosigkeit und emotionaler Gleichgültigkeit. Die Betroffenen erkennen schon im frühen Stadium nicht, dass sie an einer Erkrankung leiden. Im weiteren Verlauf sind dann auch die geistige Leistungsfähigkeit, das Gedächtnis und die Sprache immer mehr beeinträchtigt. In bildgebenden Untersuchungen des Gehirns zeigen sich typische Abbauprozesse im Stirnhirn (frontal) und im Schläfenhirn (temporal), die dieser Demenzform ihren Namen gaben. Es wird geschätzt, dass die frontotemporale Demenz etwa 5 bis 10 Prozent der Demenzfälle ausmacht.

Herr T., 58 Jahre alt, ist verheiratet und arbeitet als Ingenieur in einer größeren Firma. Er gilt als zuverlässig, zielstrebig und gesellig. In den letzten Jahren kam es bei der Arbeit aber immer wieder zu Zwischenfällen. Auf seine Fehler angesprochen, reagiert Herr T. gereizt und schreit zum Teil seine Kollegen und Vorgesetzten an. Zuhause sitzt er in letzter Zeit meist antriebslos auf dem Sofa, beteiligt sich nicht an den Hausarbeiten und wird immer einsilbiger. Bei einem Besuch beim Hausarzt verneint er Gedächtnisprobleme, reagiert gereizt auf Fragen und betont, dass mit ihm alles in Ordnung sei. Erst nach wochenlangem Drängen seiner Frau lässt er sich zum Besuch bei einem Facharzt überreden. Dort zeigt eine bildgebende Untersuchung des Kopfes deutliche Verminderungen des Gehirnvolumens im Stirn- und Schläfenlappen. Der Facharzt stellt die Diagnose einer frontotemporalen Demenz.*)

Reversible Formen der Demenz (Sekundäre Demenzen)

In manchen Fällen kann eine Demenz auch durch eine andere körperliche Veränderung oder Erkrankung entstehen. Wird die Grunderkrankung erfolgreich behandelt, bilden sich meist auch die Symptome der Demenz wieder zurück. Solche körperlichen Veränderungen sind zum Beispiel ein Mangel an Vitamin B, eine Schilddrüsenunterfunktion, chronische Vergiftungen (zum Beispiel das Korsakow-Syndrom, das durch chronischen Alkoholmissbrauch entsteht), Infektionen des Gehirns (zum Beispiel bei der Creutzfeldt-Jacob-Krankheit) und raumfordernde Prozesse im Gehirn wie Tumore, Blutungen oder der so genannte Normaldruck-Wasserkopf (Hydrozephalus). Reversible Demenzen machen etwa 10 Prozent der Demenzen aus.

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