Co-Abhängigkeit (Seite 5/7)

Hilfreiche Verhaltensweisen von Angehörigen

Nützlich sind Maßnahmen, die Suchtkranke bei der Therapie unterstützen, nicht aber bei der Sucht

Für Angehörige eines Suchtkranken ist es nicht leicht, sich aus einer Co-Abhängigkeit zu lösen. Viele haben das Gefühl, ihren suchtkranken Angehörigen im Stich zu lassen, wenn sie ihn nicht weiter in seinem Suchtverhalten unterstützen. Deshalb müssen Sie zunächst verstehen, wie Sie Ihrem Angehörigen tatsächlich helfen können: Nämlich, indem Sie ihn bei der Therapie, aber nicht bei seiner Sucht unterstützen.

Das können Angehörige für sich selbst tun

  • Werden Sie selbst aktiv und suchen Sie sich professionelle Unterstützung. Haben Sie den Mut, offen mit jemandem, dem Sie vertrauen, über Ihre Probleme zu sprechen. Sie sind mit der Situation nicht alleine und Sie brauchen sich auch nicht dafür zu schämen – es gibt viele andere Menschen, die ein suchtkrankes Familienmitglied haben und von Co-Abhängigkeit betroffen sind.
  • Fragen Sie sich: „Was kann ich für mich selbst tun? Wie kann ich verhindern, dass das Suchtmittel auch mein Leben ruiniert?“ So kann es gelingen, dass Sie sich wieder mehr um ihre eigenen Interessen kümmern und zum Beispiel soziale Kontakte oder Freizeitaktivitäten wiederaufnehmen.
  • Akzeptieren Sie, dass Ihr Angehöriger eine Sucht hat – und dass dies nicht nur eine schlechte Phase ist, die irgendwann vorbeigeht. Machen Sie sich klar, dass Sucht eine Krankheit ist, die professionell behandelt werden muss. Die Behandlung kann von einem ambulanten Psychotherapeuten oder Psychiater oder in einer Suchtklinik durchgeführt werden. Dabei ist es gut zu wissen, dass die Chancen, mit einer solchen Therapie die Sucht langfristig zu überwinden, gutstehen.
  • Sagen Sie sich, dass Sie sich ab jetzt nicht mehr darum kümmern werden, ob Ihr Angehöriger weiter seiner Sucht nachgeht – denn das ist seine eigene Verantwortung. Machen Sie sich außerdem klar, dass Sie keine Schuld an der Suchterkrankung haben. Das Loslassen der Verantwortung kann sehr entlastend sein. Zugleich kann es Ihrem suchtkranken Angehörigen helfen.

Angehörige sollten sich zunächst klarmachen, dass der Suchtkranke die Sucht nur überwinden kann, wenn er selbst einsieht und akzeptiert, dass er krank ist. Außerdem müssen sein Leidensdruck und sein Wunsch nach Veränderung so groß sein, dass er bereit ist, sich professionelle Hilfe zu suchen und wirklich etwas zu verändern. Andere Menschen können ihm diesen Weg nicht abnehmen. Das können Angehörige tun:

  • Wenn Ihr Angehöriger noch nicht über eine Behandlung nachdenkt: Sprechen Sie ihn, auch wenn es schwerfällt, darauf an, dass Sie den Eindruck haben, dass sein Konsum von Alkohol, Drogen oder Medikamenten problematisch ist. Sagen Sie dabei, wie Sie selbst die Situation sehen, wie das Verhalten auf Sie wirkt und was Sie dabei empfinden. Verzichten Sie auf Vorwürfe oder Belehrungen.
  • Machen Sie Ihrem Angehörigen klar, dass Sucht eine Krankheit ist und es deshalb wichtig ist, sie zu behandeln.
  • Seien Sie darauf gefasst, dass Ihr Angehöriger ablehnend oder gereizt reagiert. Erhoffen Sie sich von dem Gespräch nicht, dass sich unmittelbar etwas ändert. Das Ansprechen der Problematik kann aber dazu beitragen, dass der Betroffene anfängt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen – und möglicherweise irgendwann zu dem Schluss kommt, dass er Hilfe braucht.
  • Es ist wichtig, zu verstehen, wie Sie Ihren suchtkranken Angehörigen durch Ihr Verhalten (unbeabsichtigt) in seiner Sucht unterstützen und was Sie zukünftig nicht mehr tun sollten. Wenn Sie ihn durch Ihr Verhalten vor den negativen Folgen seiner Sucht schützen, verhindern Sie, dass er wirklich etwas verändern möchte und sich professionelle Hilfe sucht.
  • Das bedeutet: Tun Sie ab jetzt nichts mehr, was Ihrem Angehörigen die Sucht leichter macht. Versuchen Sie nicht mehr, den Alkohol- oder Drogenkonsum und dessen Folgen vor anderen zu verheimlichen oder zu vertuschen. Übernehmen Sie keine Aufgaben mehr für Ihren Angehörigen. Hören Sie auf, den Alkohol- oder Drogenkonsum Ihres Angehörigen zu kontrollieren. Akzeptieren Sie keine Versprechungen mehr von ihm. Wichtig ist auch, dass Sie dabei konsequent bleiben und das, was Sie ankündigen, auch tatsächlich tun bzw. unterlassen.

Sinnvolle Unterstützung Angehöriger für Suchtkranke

All das fällt vielen Angehörigen nicht leicht. Sie können sich aber vor Augen halten, dass das „Loslassen“ der Verantwortung dazu beitragen kann, dass Ihr suchtkranker Angehöriger zu einer echten Veränderung bereit ist:

  • Zum einen wird er nun viel mehr mit den negativen Folgen seiner Sucht konfrontiert. So sehen und spüren viele Betroffene zum ersten Mal das ganze Ausmaß ihres Problems. Auch die Angst, vom co-abhängigen Angehörigen, der zunehmend selbständiger wird, irgendwann ganz verlassen zu werden, kann den Suchtkranken dazu motivieren, sich Hilfe zu suchen.
  • Zum anderen erlebt der Betroffene, dass es seinem Angehörigen gelingt, sich Unterstützung zu suchen und auf diese Weise einiges zu verändern. Das kann dazu beitragen, dass er selbst Vorbehalte gegenüber einer professionellen Behandlung abbauen kann und dass es ihm möglicherweise leichter fällt, selbst Hilfe in Anspruch zu nehmen.
  • Ist Ihr Angehöriger bereit, sich professionelle Hilfe zu suchen, können Sie ihn bei seinem Weg aus der Sucht unterstützen: Sie können ihm aufzeigen, wo er Hilfe finden kann – zum Beispiel in einer Suchtberatungsstelle, einer Selbsthilfegruppe, einer ambulanten Suchttherapie oder einer stationären Suchteinrichtung. Zudem können Sie ihm anbieten, gemeinsam mit ihm zu einem ersten Gespräch zu gehen und ihn bei der Behandlung zu unterstützen. Sagen Sie aber auch deutlich, dass Sie ihn nicht weiter in seiner Sucht unterstützen werden.
  • Lehnt Ihr Angehöriger das Angebot ab, ihn bei der Überwindung seiner Sucht zu unterstützen, sollten Sie sich darauf konzentrieren, Ihren eigenen Weg zu gehen und sich aus der Co-Abhängigkeit zu lösen.