Wenn Angst das Leben bestimmt (Seite 6/12)

Panikstörung

Symptome, Therapie und Verlauf

Plötzlich fängt ihr Herz an, wie wild zu rasen. Sie hat das Gefühl, kaum noch Luft zu bekommen, und zittert am ganzen Körper. Gleichzeitig fühlt sie sich unwirklich und wie betäubt und bekommt große Angst, sofort umzukippen oder sogar zu sterben. In Panik rennt die 25-Jährige aus dem belebten Kaufhaus auf die Straße. Nachdem sie eine Viertelstunde durch die Straßen gelaufen ist, lassen die seltsamen Symptome allmählich wieder nach und Carmen R. beruhigt sich allmählich wieder.

Eine Panikattacke entsteht, wenn körperlich bedingte Missempfindungen wie starkes Herzklopfen oder eine schnellere Atmung als lebensbedrohlich bewertet werden. Dabei führt diese Bewertung wiederum zu einer Verstärkung der körperlichen Symptome. Diese Verstärkung lässt die Angst noch einmal ansteigen, was die körperlich-vegetativen Angstanzeichen fast bis zur Unerträglichkeit steigert. Der Teufelskreis ist geschlossen.

Die meisten Angstanfälle dauern zwischen zehn Minuten und einer halben Stunde, sie können aber auch kürzer oder länger anhalten. Während einer Panikattacke, die ihren Höhepunkt innerhalb von zehn Minuten erreicht, treten starke körperliche Symptome auf, die von den Betroffenen als bedrohlich erlebt werden.

Neben plötzlich auftretendem Herzrasen, Brustschmerz, Erstickungsgefühle, Übelkeit, Schwitzen, Zittern und Schwindel ist das ein Gefühl, sich selbst oder die Umwelt als fremd und unwirklich zu erleben oder die Angst, in Ohnmacht zu fallen, zu sterben oder verrückt zu werden.

Panikstörung: Angst vor weiteren Attacken

Zwei Wochen später erlebt Carmen R. jedoch wieder eine ähnliche „Herzattacke“, als sie an einem überfüllten Bahnsteig auf die U-Bahn wartet. In Panik ruft sie ihren Freund an, der sofort zu ihr kommt, sie beruhigt und mit ihr zusammen nach Hause fährt. Am nächsten Tag geht Carmen R. zum Hausarzt, um herauszufinden, was mit ihr „nicht stimmt“. Dieser stellt jedoch fest, dass ihr Herz gesund ist und auch sonst keine organische Erkrankung vorliegt.

Treten diese schweren Angstattacken wiederholt auf, spricht man von einer Panikstörung. Wegen der ausgeprägten körperlichen Symptome sind viele Betroffene davon überzeugt, an einer körperlichen Erkrankung, vor allem an einer Herzerkrankung zu leiden, und suchen deshalb immer wieder eine Bestätigung ihres Verdachts bei einem Arzt.

Die Panikattacken verändern das Leben von Carmen R. gravierend. Seit sie diese starken und unvorhersehbaren Ängste erlebte, entwickelt sie ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten. Aus Angst vor weiteren „Attacken“ geht Carmen R. nicht mehr in große Kaufhäuser, sie fährt nicht mehr mit der U-Bahn und besucht selbst kein Kino mehr: Sie meidet alle belebten Orte, an und in denen ihr im Notfall keine schnelle Hilfe zur Verfügung stehen würde. Nach der Arbeit kehrt sie meist schnell in ihre Wohnung zurück. Trotzdem erlebt sie alle ein bis zwei Wochen erneut einen Angstanfall.

Liegt ein solches Vermeidungsverhalten vor, spricht man auch von einer Panikstörung mit Agoraphobie beziehungsweise von einer Agoraphobie mit Panikstörung.

Psychotherapie

Für jemanden, der unter einer Panikstörung leidet, ist es besonders wichtig zu wissen, dass eine Panikattacke keine körperliche Gefahr bedeutet. Carmen R. lernt in der Psychotherapie ihren Körper quasi neu kennen. Durch kleine Übungen in der Therapie kann sie die Erfahrung machen, dass körperliche Veränderungen wie Herzklopfen oder Schwindel durch Aufregung zustande kommen und harmlos sind und nicht zu der befürchteten Katastrophe wie einem Herzinfarkt führen.

Auch bei der Panikstörung ist die Konfrontation mit angstauslösenden Situationen ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Während der Konfrontation üben die Patienten gleichzeitig auch, ihre Aufmerksamkeit nicht ständig auf die Vorgänge in ihrem Körper zu richten und stattdessen zum Beispiel mehr auf äußere Reize oder Veränderungen zu achten.

Häufigkeit und Verlauf der Panikstörung

Studien zufolge leiden zwischen einem und fünf Prozent der Bevölkerung an einer Panikstörung. Einzelne Panikanfälle, die nicht das volle Krankheitsbild einer Panikstörung erfüllen, sind jedoch wesentlich häufiger: Sie treten bei 15 bis 30 Prozent der Bevölkerung auf.

In den meisten Fällen beginnt eine Panikstörung zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Ohne Behandlung ist der Verlauf meist chronisch-fluktuierend, das heißt, die Panikattacken treten phasenweise häufiger oder seltener auf, die Störung verschwindet jedoch nicht wieder von alleine.

Panikstörungen mit oder ohne Agoraphobie

Das charakteristische Merkmal einer Panikstörung ist, dass unerwartet, wie aus heiterem Himmel starke Angst auftritt. Diese Angstanfälle werden nicht durch ein bestimmtes Objekt oder eine bestimmte Situation ausgelöst – für die Betroffenen sind sie also unvorhersehbar und damit besonders bedrohlich.

Während einer Panikattacke steigt die Angst innerhalb weniger Minuten bis zu sehr starker Angst an und klingt anschließend allmählich wieder ab. Die meisten Angstanfälle dauern zwischen zehn Minuten und einer halben Stunde, sie können aber auch kürzer oder länger anhalten.