Fragwürdiger Brauch Praxissitz-Verkauf

Unnötig schwerer Start für Berufseinsteiger und mögliche Gewinnmaximierung von Versorgungszentren

Viele Inhaber von Kassensitzen versuchen ihren Sitz gewinnbringend zu verkaufen oder kaufen mehrere Sitze, um Berufseinsteiger anzustellen. Wie stehen Sie zu dieser Praxis? Welche Lösungsansätze haben Sie, um diesen Missstand zu beheben und Berufseinsteiger finanziell zu entlasten?

Bündnis 90/ Die Grünen

Wir GRÜNE sehen es generell kritisch, dass Kassensitze faktisch verkauft werden können. Es kann einen Vorteil für die Versorgung bieten, wenn sich mehr Möglichkeiten zur Anstellung als Psychotherapeut*in bieten. Das käme dem Wunsch vieler junger Mediziner*innen nach familiengerechten Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten entgegen.

CDU/CSU

Gerade vor dem Hintergrund der Zunahme psychischer Erkrankungen etwa als Folge der COVID-19-Pandemie ist es wichtig, das Behandlungsangebot flächendeckend zu sichern.

Junge Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind dafür sehr wichtig und müssen deshalb stärker unterstützt werden.

Als CDU und CSU setzen wir uns für flexible Instrumente und sachgerechte Lösungen vor Ort ein. Dort wo es notwendig ist, sollte deshalb die Zahl der Sitze für niedergelassene Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erhöht werden.

Bei der Vergabe von Kassensitzen werden wir darauf achten, dass bei dem Vergabeverfahren die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Falsche Anreize, die zu einem Missstand bei der Vergabe von Kassensitzen führen, müssen verhindert werden.

Die Interessen der Berufseinsteiger auf der einen Seite müssen mit jenen, die ihre Praxis aufgeben wollen, in Ausgleich gebracht werden.

Die Linke

DIE LINKE fordert bei Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen eine gesetzliche Begrenzung der Verkaufspreise für Praxen.

Der "Wert" des Kassensitzes selbst sollte bei der Übergabe keine Rolle spielen. Der Kassensitz ist kein Eigentum eines Menschen und sollte daher auch nicht verkauft werden können.

Überhöhte Preise führen vielfach dazu, dass junge Menschen von einer Niederlassung wieder Abstand nehmen. Inzwischen versuchen Kapitalgesellschaften, Kassensitze aufzukaufen, um mit medizinischen Versorgungszentren Sahnestückchen der Versorgung abzugreifen. Das treibt die Preise teilweise in Höhen, die für junge Ärzt*innen nicht mehr erreichbar sind. Auch deshalb wollen wir die Verkaufspreise bei Praxisübergabe begrenzen.

Denkbar wäre etwa, die Preise anhand von neutralen Gutachtern schätzen zu lassen und bei der Auswahl der Nachfolger*innen dem Zulassungsausschuss mehr Rechte einzuräumen.

FDP

Wir Freie Demokraten wollen den Ausbau von Therapieplätzen fördern und die Anzahl der Kassensitze für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten deutlich erhöhen. Ebenso wollen wir mehr Studienplätze für Psychologie und Psychotherapie schaffen.

Piratenpartei

Gesundheit darf nicht als Ware gesehen werden. Niemand sollte mehr Kassensitze haben, wie selbst zu bedienen sind, sodass es im Allgemeinen nur einer sein dürfte. Wir würden prüfen, welche gesetzlich legitimen Möglichkeiten es gibt, die Ansammlung mehrerer Sitze zu unterbinden bzw. in dem Fall, dass es Interessent*innen für die Übernahme eines ansonsten verwaisten Sitzes gibt, Höchstpreise festzulegen.

SPD

Die Übernahme von Kassensitzen kann je nach Region und Patient:innenklientel mit auch hohen Kosten verbunden sein. Dies kann gerade für Berufseinsteiger:innen zur Herausforderung werden.

Bitte bedenken Sie, dass Bestandsinhaber:innen zum Teil über Jahrzehnte einen Patient:innenstamm aufgebaut und gepflegt haben. Für viele kommt es deshalb in erster Linie darauf an, ihre Patient:innen in Zukunft in guten Händen zu wissen.

Für Inhaber:innen ist die Veräußerung der Praxissitze aber auch Teil ihrer Altersvorsorge. Die SPD plädiert jedoch seit langem für objektive Kriterien bei der Wertbestimmung von Praxen und wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, mehr Transparenz ins Geschehen zu bringen.