Kritik Psycho­therapie-Richtlinie von 2017

Alle Parteien halten die Neuerungen für unzureichend und fordern Nachbesserungen

Wie beurteilt Ihre Partei die neue Psychotherapeuten-Richtlinie aus dem Jahr 2017? Sehen Sie Verbesserungsbedarf? Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie zur Verbesserung vor?

Bündnis 90/ Die Grünen

Mit der reformierten Psychotherapeuten-Richtlinie ist es gelungen, die psychotherapeutische Versorgung niederschwelliger zu gestalten und die Wartezeiten etwas zu verkürzen. Das ist insbesondere den Psychotherapeut*innen zu verdanken, die schon heute mehr Sprechstundenzeit pro Woche anbieten als die Richtlinie vorgibt.

Nach wie vor muss aber jede*r zehnte Antragssteller*in mehrere Monate auf einen Therapieplatz warten. Durch die Pandemie und den erhöhten Anstieg psychischer Krisen hat sich die Wartezeit weiter verschärft.

Für uns GRÜNE sind Nachbesserungen an der Psychotherapie-Richtlinie einerseits angezeigt, da es heute noch zu viele bürokratische Hürden gibt, die eine schnelle und flexible Hilfe verhindern.

Andererseits wollen wir GRÜNE eine grundlegende Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung.

CDU/CSU

Die Psychotherapie-Richtlinie bildet die Grundlage für die Durchführung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung und legt die hierfür notwendigen Voraussetzungen und Regelungen fest.

Grundsätzlich erachten wir als CDU und CSU die Richtlinie als geeignet, um die Versorgung von psychisch kranken Versicherten auf einem hohen Niveau sicherzustellen.

Uns ist wichtig, dass die Psychotherapie-Richtlinie durch die Selbstverwaltungspartner entsprechend neuen Erkenntnissen jederzeit angepasst werden kann. Dabei sollten aus unserer Sicht immer auch die einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften hinzugezogen werden.

Die Linke

DIE LINKE begrüßt, dass mit der neuen Psychotherapierichtlinie (PT-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses mehr Kassensitze für Psychotherapeut*innen entstanden sind, die auch ganz überwiegend besetzt wurden. Gemessen am Bedarf ist das jedoch ein Tropfen auf dem heißen Stein.

In der Antwort auf Frage 2 sind die Forderungen der LINKEN zur Neuordnung der Bedarfsplanung und der Versorgungsstrukturen ausgeführt.

FDP

Die seit April 2017 in Kraft getretenen Änderungen der Psychotherapie-Richtlinie hatten zum Ziel, dass Patienten schneller behandelt werden. Eine zeitnahe Versorgung durch Akutbehandlung scheint nach unserer Ansicht aber immer noch nicht gewährleistet (vgl. Kleine Anfrage „Auswirkungen der Psychotherapie-Richtlinie-Reform und des TSVG auf die psychotherapeutische Versorgung“ BT-Drs. 19/21716).

Insgesamt liegt die Psychotherapeuten-Richtlinie allerdings nicht im Zuständigkeitsbereich der Politik, sondern in der Selbstverwaltung im Gesundheitssystem beim Gemeinsamen Bundesausschuss.

Piratenpartei

Wie bereits erwähnt, funktioniert der schnelle Zugang zu einem Erstgespräch mittlerweile. Entfernung und Therapieplätze haben sich aber vielfach nicht verbessert, sogar noch verschlechtert.

SPD

Krankenkrassen und Vertragsärzte bilden neben mitberatenden Patientenvertreter:innen den Kern der Gemeinsamen Selbstverwaltung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), da sie die maßgebliche Verantwortung für die Kosten- und Leistungserbringerseite tragen.

Es ist ihre Aufgabe auf Grundlage ihrer eigenen und herangezogener Expertise von z.B. Fachgesellschaften und fachkundigen Interessengruppen die grundsätzlichen Entscheidungen über Behandlungsmethoden bzw. die Frage der Erstattungsfähigkeit von Leistungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung zu treffen. Darüber hinaus liegt auch die Erarbeitung z.B. der Psychotherapierichtlinie in ihrer Verantwortung.

Die Delegation dieser Entscheidungen in die Hände der Selbstverwaltung ist ein Wesenszug unseres Gesundheitswesens und wird von der SPD allumfassend unterstützt. Denn nur in den Reihen der Selbstverwaltung existiert die notwendige Expertise in eigener Sache, um Leistungen und ihre Qualität zu bestimmen.

Der G-BA ist ein untergesetzlicher Normengeber, der fachlich unabhängig und lediglich unter Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit agiert. Bei seinen Entscheidungen steht stets die Frage der Evidenz medizinischer Methoden und Leistungen im Zentrum. Die organisierten Patientenvertreter:innen nehmen dabei mit ihrem Mitberatungs- und Antragsrecht im G-BA eine Korrektivfunktion für die Betroffenen wahr.