Familienaufstellung und Familienskulptur

Methoden zur bildhaften Darstellung von Beziehungen zwischen Familienmitglieder

01.11.2011 Von Christine Amrhein

Familienaufstellung – bei etlichen Therapeuten und ehemaligen Teilnehmern sträuben sich die Nackenhaare, wenn sie dieses Wort nur hören. Andere dagegen schwärmen von den „unglaublichen“ und schnellen Erfolgen dieser Methode.

Anders ausgedrückt: Kaum ein therapeutischer Ansatz ist umstrittener als die Familienaufstellung, die vor allem durch Bert Hellinger bekannt wurde. Doch wie steht es tatsächlich um die Wirksamkeit – und möglicherweise auch die Schädlichkeit – einer Aufstellung? Dazu muss man zunächst wissen, was sich hinter dem Begriff „Familienaufstellung“ verbirgt.

Hintergrund der Familienaufstellung: Familienskulptur

Allgemein versteht man unter einer Familienaufstellung eine Methode aus der Systemischen Psychotherapie. Diese geht auf die so genannte Familienskulptur zurück, die von Virginia Satir in den 1970er Jahren entwickelt wurde.

Ziel beider Methoden ist es, Beziehungen zwischen Familienmitgliedern oder Mitgliedern einer Gruppe bildhaft darzustellen und so die damit verbundenen Wahrnehmungen, Gefühle und Gedanken bewusst zu machen. Dabei werden häufig auch bisher unbewusste Konflikte oder ungünstige Beziehungsmuster aufgedeckt. Diese können durch die aktuelle Situation, aber auch durch Einflüsse aus der Vergangenheit geprägt sein.

In der Systemischen Therapie geht man davon aus, dass Gefühle und Verhalten eines Menschen durch Regeln, Verhaltensmuster und Beziehungen innerhalb einer Familie geprägt sind – und das oft über mehrere Generationen hinweg. Sowohl die Familienskulptur als auch die Aufstellung sollen dem Ratsuchenden solche Zusammenhänge deutlich machen – und ihm so dabei helfen, problematische Verhaltensweisen und Beziehungsmuster zu verändern.

Dabei wird eine Familienskulptur, die in der Regel während einer Psychotherapie durchgeführt wird, meist mit den Familienmitgliedern des Klienten erstellt. Der Patient stellt die Familienmitglieder so im Raum auf, dass sie für ihn intuitiv in der „richtigen Beziehung“ zueinander stehen. Anschließend berichten der Patient und die einzelnen Familienmitglieder, wie es ihnen in ihrer jeweiligen Position geht: Zum Beispiel, welche Gefühle, Gedanken, Körperwahrnehmungen und Handlungsimpulse sie haben. Auf diese Weise werden problematische Beziehungsmuster und Beziehungskonflikte sichtbar, die in der weiteren Therapie bearbeitet werden können. In der Einzeltherapie können anstelle der Familienangehörigen auch Symbole (zum Beispiel Tierfiguren) verwendet werden, die die einzelnen Familienmitglieder repräsentieren.

Was ist eine Familienaufstellung?

Eine Familienaufstellung läuft nach einem ähnlichen Prinzip ab wie die Familienskulptur, findet jedoch häufig in einer Gruppe aus zufällig zusammengewürfelten Personen statt. Eine Person aus der Gruppe, die ein Problem bearbeiten möchte oder etwas über sich erfahren möchte, meldet sich als „Aufsteller“. Der Aufstellungsleiter stellt nun zunächst Fragen zur Problematik selbst, zur Vorgeschichte des Ratsuchenden und zu den Personen, die bei der Problematik aktuell und in der Vergangenheit eine Rolle gespielt haben.

Anschließend wählt der Aufsteller aus der Gruppe „Stellvertreter“ für diese Personen aus. Er stellt diese – ähnlich wie bei einer Familienskulptur – so im Raum auf, dass sie für ihn in der „richtigen Beziehung“ zueinander stehen. Dabei können die Stellvertreter zum Beispiel näher oder weiter voneinander entfernt stehen, sie können sich einander zuwenden, seitlich oder mit dem Rücken zueinander stehen, sie können in aufrechter, gebückter oder zusammengekauerter Haltung platziert werden.

Ähnlich wie bei einer Familienskulptur berichten die Stellvertreter anschließend, wie es ihnen in der zugewiesenen Haltung geht. Die Muster, die dabei aufgedeckt werden, ähneln angeblich oft auf überraschende Weise den Beziehungen zwischen den realen Personen.

Familienaufstellungen werden teilweise als Kurzzeitveranstaltungen – zum Beispiel als Wochenendseminar – angeboten, teilweise aber auch im Rahmen einer kontinuierlichen Therapie durchgeführt. Hier können die während der Aufstellung aufgedeckten Muster in der so genannten Aufstellungsarbeit weiter bearbeitet und verändert werden.

Kritisch ist jedoch vor allem zu sehen, dass die Aufsteller aus sehr unterschiedlichen Bereichen kommen, ihre fachliche Qualifikation und somit die Qualität der durchgeführten Aufstellungen im Vorhinein häufig nur schwer zu überprüfen ist.

Bekannt wurde die Familienaufstellung vor allem durch den Ansatz der "Klassischen Familienaufstellung" von Bert Hellinger.