Sprechstunde und Erstgespräch

Die Erstzugänge zur Psychotherapie

Mit freundlicher Genehmigung entnommen aus dem empfehlenswerten Buch "Psychotherapie - Angebote sinnvoll nutzen" der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V..

13.06.2017 Von Fritz Propach

Mittlerweile ist die psychotherapeutische Sprechstunde der Ersteinstieg in die Psychotherapie. Das Erstgespräch wurde in dieser "offiziellen Funktion" als eigenständiger Erstzugang abgelöst bzw. findet nun im Rahmen der Sprechstunde statt. Denn bis auf wenige genau definierte Ausnahmen sind gesetzlich Versicherte nun verpflichtet, die psychotherapeutische Sprechstunde aufzusuchen.

In der Therapeutensuche von therapie.de finden Sie die Therapeut*innen, die eine psychotherapeutische Sprechstunde anbieten am schnellsten, wenn Sie unter "Abrechnung" den Filter "GKV: Kassenzulassung" setzen.

Wie gestaltet sich das Erstgespräch in der Psychotherapie?

Allerdings kann jeder Therapeut, bei dem der Patient eine Therapie beginnen möchte, weiterhin ein Erstgespräch mit ihm führen. Wie das Gespräch genau aussieht und wie es abgerechnet wird, liegt im Ermessen des jeweiligen Therapeuten: Manche Therapeuten führen ein kurzes Erstgespräch von etwa 20 Minuten, bei anderen ist das Erstgespräch länger. Bei manchen Therapeuten geht es im Erstgespräch eher um die Regelung formeller Dinge und ein erstes Kennenlernen des Patienten, andere machen sich bereits ein ausführliches Bild des Patienten und sprechen auch therapeutische Inhalte an. Entsprechend handhabt jeder Therapeut die Abrechnung des Erstgesprächs anders: Manche rechnen es gar nicht ab, bei einigen Therapeuten zahlt der Patient das Erstgespräch selbst, andere Therapeuten rechnen es im Rahmen der probatorischen Sitzungen ab.

Psychotherapeutische Sprechstunde und Erstgespräch verfolgen dabei hauptsächlich ein Ziel: Die Klärung, ob eine psychische Erkrankung besteht, die einer Behandlung bedarf und wie diese aussehen soll oder ob bei der bestehenden Problematik Selbsthilfe- und Beratungsangebote genügen könnten.

Daher sind die folgenden Erläuterungen und praktischen Tipps zum abgelösten Erstgespräch nach wie vor auch für die psychotherapeutische Sprechstunde gültig und hilfreich.

Tipps für die psychotherapeutische Sprechstunde

Möglicherweise haben Sie den Termin für eine psychotherapeutischen Sprechstunde über eine Terminservicestelle erhalten oder Sie haben bereits mit Ihrem Therapeuten oder Ihrer Therapeutin telefoniert und versucht, sich aufgrund weniger Merkmale und Informationen ein Bild von ihm oder ihr zu machen. Es ist naheliegend, dass Sie frühzeitig wissen wollen, was für ein Mensch da vor Ihnen sitzt.

Normalerweise entwickeln wir sehr schnell ein Gefühl dafür, ob und wie sympathisch uns jemand ist. Sympathie spielt auch in einer Psychotherapie eine wichtige Rolle; schließlich geht es um sehr private und persönliche Angelegenheiten, die wir nicht mit jedem besprechen möchten. Lassen Sie sich also ruhig Zeit, um sich ein Urteil darüber zu bilden, was Ihnen an dieser Therapeutin oder diesem Therapeuten gefällt oder auch nicht.

Die Fragen, die Sie zu Beginn hören werden, sind meist sehr ähnlich. Sie dienen dazu, dass sich Ihr Gegenüber ein Bild von Ihnen, Ihren Beschwerden und dem Behandlungsauftrag machen kann. Einleitend heißt es oft: »Was führt Sie her?« Oder: »Welche Probleme/ Schwierigkeiten haben Sie?« Der Therapeut wird Sie dann zunächst erzählen lassen, gegebenenfalls nachfragen, wenn er etwas nicht verstanden hat, jedoch nicht ins Detail gehen. Damit er sich allgemein orientieren kann, reichen im Allgemeinen Angaben zu Art, Umfang und bisheriger Dauer Ihrer Schwierigkeiten. Meist wird auch kurz thematisiert, wie sich die Beschwerden entwickelt haben, wie Sie bisher mit den Schwierigkeiten umgegangen sind und ob Sie bereits andere Therapieversuche unternommen haben.

Normalerweise wird der Therapeut durch Nachfragen und Kommentare versuchen, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Natürlich müssen Sie nicht auf jede Frage gleich die passende Antwort wissen und Ihre Beschwerden lückenlos beschreiben. Manche Therapeuten erkundigen sich auch danach, wie Sie gerade auf sie gekommen sind (ob es Empfehlungen gab oder von wem Sie überwiesen wurden) und warum Sie gerade zum jetzigen Zeitpunkt eine Therapie beginnen wollen. Damit möchten sie unter anderem erfahren, wie dringend Ihnen eine Behandlung ist. Ebenso kann ein Therapeut Sie fragen, was Sie von einer Therapie erwarten. Themen, die auf die Zukunft ausgerichtet sind (Zum Beispiel: »Was wollen Sie durch die Therapie erreichen? Haben Sie ein Behandlungsziel? Wenn ja, welches?«), dienen dazu, dass er seinen Behandlungsauftrag klarer erkennen und benennen kann. Schließlich handelt es sich aus Sicht des Psychotherapeuten zunächst einmal um eine Art von geschäftlichem Kontakt, bei dem er eine Leistung erbringen soll. Dazu muss er die Erwartungen des Auftraggebers - also Ihre Erwartungen als Patient oder Patientin - kennen.

Vielleicht ist es sinnvoll für Sie, wenn Sie sich bereits vor dem Erstgespräch einige Fragen überlegen, die Sie dem Therapeuten oder der Therapeutin stellen wollen. Zum Beispiel können Sie sich nach dem therapeutischen Vorgehen oder den Erfahrungen des Therapeuten erkundigen: Wie gehen Sie vor? Wie beurteilen Sie die Chancen, dass mein Problem wieder verschwindet? Wie laufen die Sitzungen ab? Treffen wir Vereinbarungen jeweils für die Zeit zwischen zwei Sitzungen? Zur besseren Übersicht finden Sie eine kurze Checkliste mit Aspekten, die Sie im Erstgespräch ansprechen können. Erfragen Sie möglichst frühzeitig viele Informationen, die Ihnen die Entscheidung für oder gegen die Fortsetzung der Therapie bei diesem Therapeuten oder dieser Therapeutin erleichtern können.

Checkliste: Fragen für das erste Gespräch mit dem Psychotherapeuten

  • Entstehen für mich Kosten für dieses Gespräch?
    Diese Frage sollten Sie bereits vor dem Erstgespräch, zum Beispiel bei der telefonischen Terminvereinbarung klären. Bei kassenzugelassenen Therapeuten werden die Kosten für Erstgespräche normalerweise von den Krankenkassen übernommen.
  • Sind Sie berechtigt, mit der Krankenkasse abzurechnen?
    Auch dies sollten Sie nach Möglichkeit bereits vor dem Erstgespräch, spätestens jedoch im Laufe des Erstgespräches klären. Sie sollten als Mitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse nicht vorschnell einen Therapievertrag unterschreiben, mit dem Sie sich zur Kostenübernahme verpflichten. Legen Therapeuten Ihnen einen solchen Vertrag vor, dann bedeutet das normalerweise, dass sie nicht zur Abrechnung mit der Krankenkasse berechtigt sind.
  • Wie gehen Sie vor und nach welcher therapeutischen Methode arbeiten Sie?
    Um von der Antwort zu profitieren, sollten Sie sich vorher zumindest einen Überblick über psychotherapeutische Methoden verschafft und für sich geprüft haben, welches Vorgehen Ihnen vermutlich am ehesten zusagen wird.
  • Wie wird der Ablauf in den Sitzungen sein?
    Lassen Sie sich dies ruhig erklären: Wird nur über Probleme gesprochen? Beschränkt sich der Therapeut oder die Therapeutin darauf, Fragen zu stellen, die Sie beantworten sollen? Wird auch über mögliche Lösungen gesprochen? Werden spezielle Techniken angewendet? Werden Vereinbarungen getroffen? usw.
  • Wie lange wird es Ihrer Einschätzung nach etwa dauern, bis sich positive Veränderungen einstellen?
    Viele Therapeuten legen sich bei Fragen zur weiteren Entwicklung nicht gerne fest und sind bemüht, sich viele Möglichkeiten offen zu halten. Sprechen Sie dies trotzdem an, um deutlich zu machen, dass Sie an Veränderungen in einem überschaubaren Zeitraum interessiert sind. Es gibt für eine Reihe von psychischen Störungen durchaus Angaben dazu, ab wann man durchschnittlich mit spürbaren Verbesserungen rechnen kann.
  • Mit welchen Schwierigkeiten muss ich rechnen, wenn ich bei Ihnen eine Therapie beginne?
    Diese Frage zielt auch auf die Arbeitsweise des Therapeuten. Es spricht eher für die Seriosität eines Therapeuten, wenn er Ihnen nicht das Blaue vom Himmel verspricht, sondern bei Fragen nach möglichen Schwierigkeiten auch einige benennen kann (zusätzlichen zeitlichen Aufwand, vorübergehend psychische Mehrbelastung, Überwindung zu ungewohnten Verhaltensweisen o. Ä.).

Am Ende der Sitzung wird der Therapeut oder die Therapeutin Sie fragen, ob Sie Interesse haben, eine Therapie zu beginnen. Sie sollten sich an dieser Stelle bewusst machen, dass Sie sich in diesem Moment noch nicht entscheiden müssen. Die Krankenkassen sehen die ersten vier bis fünf Termine als Probesitzungen (»probatorische Sitzungen«) an, die dazu beitragen sollen, dass Sie eine geeignete Therapeutin oder einen geeigneten Therapeuten finden.

Wenn Sie schon in der ersten Sitzung ein schlechtes Gefühl haben und sich zum Beispiel nicht richtig verstanden fühlen, dann steht es Ihnen frei, andere Therapeuten aufzusuchen. Nutzen Sie diese Möglichkeit ruhig, denn Ihr Therapeut muss Ihnen persönlich zusagen; er muss entweder Ihr Interesse wecken oder Ihnen sympathisch sein, am besten natürlich beides. Halten Sie sich vor Augen, dass es Ihre Entscheidung ist, bei wem Sie die Therapie beginnen wollen und scheuen Sie sich nicht, im Zweifel mit verschiedenen Therapeuten ein Erstgespräch zu führen. Wenn Sie sich unschlüssig sind oder Hemmungen haben, Ihren Gesprächspartner zu enttäuschen, dann können Sie sagen, dass Sie noch etwas Bedenkzeit benötigen. Die Krankenkasse wird nach Absprache die Kosten übernehmen, sofern ein Therapeutenwechsel bereits in diesen ersten Sitzungen vorgenommen wird.

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