Psychische Erkrankungen im Alter (Seite 5/10)

Angststörungen bei alten Menschen

Unter dem Begriff "Angststörungen" (Kapitel „Diagnose Angststörung“) werden verschiedene Angstformen zusammengefasst, die durch Panikgefühle und körperliche Begleiterscheinungen wie Schweißausbrüche und Herzrasen gekennzeichnet sind.

Eine Form der Angst sind Panikattacken, die nicht an konkrete Situationen geknüpft sind. Sie treten schlagartig auf und werden von starken körperlichen Symptomen wie Herzrasen und Atemnot begleitet. Das erzeugt bei Betroffenen noch mehr Angst bis hin zur Todesangst.

Phobien hingegen sind eine Form der Angst, die mit bestimmten Situationen, Gegenständen, Lebewesen etc. verknüpft ist (z.B. die Angst vor bestimmten Tieren wie Schlangen oder Spinnen, Höhenangst, Flugangst oder Angst vor geschlossenen Räumen). Aber auch in ungewohnten Situationen, wie z.B. in großen Menschenmengen, auf großen Plätzen und in fremder Umgebung, gibt es phobische Ängste.

Darüber hinaus gibt es Patienten mit einer unspezifischen, lang anhaltenden Angst. Diese ist nicht auf bestimmte Objekte, Orte oder Personen gerichtet und ein dauerhafter Begleiter. Die Betroffenen sind unentwegt Gespanntheit, Ruhelosigkeit, Erregbarkeit, Angespanntheit, Beklemmungsgefühlen und ständiger Aufmerksamkeit ihrer Umwelt gegenüber ausgesetzt.

Häufigkeit und Verlauf

Verschiedene Angststörungen kommen im höheren Lebensalter unterschiedlich häufig vor. So sind etwa sieben Prozent der über 65-Jährigen von einer Phobie betroffen – ungefähr genauso viele wie in jüngeren Jahren. Frauen leiden dabei doppelt so häufig an einer Phobie wie Männer. Panikstörungen treten im höheren Alter insgesamt seltener auf als bei Jüngeren und kommen hier vor allem bei Frauen vor.

Die Prognose der meisten Phobien ist auch bei älteren Menschen relativ günstig, wenn eine entsprechende Therapie durchgeführt wird: Bei 60 bis 80 Prozent kommt es zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik. Bei einer Panikstörung und einer generalisierten Angststörung ist die Prognose dagegen etwas schlechter: Hier besteht die Symptomatik oft chronisch weiter, wobei sie phasenweise stärker oder schwächer ausgeprägt sein kann.

Symptome

Die Symptome von Ängsten und Angststörungen sind vergleichbar mit denen jüngerer Menschen. Ähnlich wie bei einer Depression gilt auch bei Ängsten, dass viele ältere Menschen die Symptome nicht spontan ansprechen oder sie herunterspielen.

Ursachen

Auch die Ursachen für Ängste und Angststörungen sind ähnlich wie bei jüngeren Menschen. Zur Entstehung von Ängsten können zum einen genetische Faktoren, zum anderen auch psychosoziale Faktoren beitragen – etwa belastende Lebensumstände oder Angst auslösende Lebensereignisse. Solche Belastungen kommen bei älteren Menschen häufig vor. Zum Beispiel kann die Diagnose einer körperlichen Erkrankung oder der Tod eines nahestehenden Menschen eine Angststörung auslösen.

Auf der anderen Seite können bei älteren Menschen auch krankhafte Veränderungen im Gehirn, bestimmte körperliche Erkrankungen und Medikamente zur Entstehung von Ängsten beitragen – so können zum Beispiel Erkrankungen am Herzen oder an der Lunge, antriebssteigernde Antidepressiva oder das Absetzen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln zu Angstzuständen führen.

Diagnosestellung

Sorgen und Befürchtungen werden bei älteren Menschen häufig als „normal“ angesehen, so dass ausgeprägte, behandlungsbedürftige Ängste, häufig nicht erkannt werden. Zudem werden die Symptome auch von den Betroffenen selbst oft nicht angesprochen. Deshalb ist es bei der Diagnose einer Angststörung wichtig, explizit nach den Angstsymptomen zu fragen. Dabei sollte auch erfasst werden, wie stark die Symptome die Bewältigung des Alltags, soziale Kontakte und die körperliche Gesundheit beeinträchtigen. So kann sich vor allem bei älteren Menschen die starke körperliche Erregung bei Angst oder bei einer Panikattacke ungünstig auf Herz- und Kreislauffunktionen auswirken. Weiterhin sollte bei der Diagnose darauf geachtet werden, ob weitere psychische Störungen vorliegen, insbesondere eine Demenz.

Therapie

Psychotherapie

Ebenso wie bei jüngeren Menschen gilt eine Psychotherapie auch bei älteren Angstpatienten als Behandlungsansatz erster Wahl. Dabei hat sich die kognitive Verhaltenstherapie als die effektivste Therapiemethode erwiesen, die auch bei älteren Patienten eine gute Wirksamkeit zeigt. Ergänzend können auch Entspannungsverfahren zum Einsatz kommen. Die Wirksamkeit psychoanalytischer Verfahren ist dagegen weniger gut belegt.

Behandlung mit Psychopharmaka

Angststörungen werden vor allem dann mit Medikamenten behandelt, wenn die Symptome stark ausgeprägt sind. Das ist insbesondere bei einer schweren Panikstörung und einer schweren generalisierten Angststörung der Fall. Ziel der Behandlung ist meist, die Symptome so weit zu vermindern, dass der Betroffene in der Lage ist, eine Psychotherapie zu beginnen und die Anforderungen der Therapie zu bewältigen.

Auch bei Angststörungen muss darauf geachtet werden, dass ältere Patienten anfälliger für Nebenwirkungen von Psychopharmaka sind. Gleichzeitig können die körperlichen Nebenwirkungen der Medikamente bei älteren Angstpatienten oft noch stärkere Angstsymptome auslösen als bei jüngeren.

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