Volkskrankheit Depression (Seite 6/11)

Psychotherapie bei Depressionen

Erfolgversprechende psychotherapeutische Behandlungsmethoden

Es ist sehr wichtig, dass Sie verstehen und akzeptieren, dass eine Depression eine Erkrankung ist. Sie dürfen krank sein und Sie haben einen Anspruch auf Hilfe und professionelle Unterstützung. Viele Menschen leiden jahrelang an einer Depression und nehmen es hin, dass sie nachts nicht mehr richtig schlafen können, dass Sie tagsüber nicht mehr wirklich ihrem Job nachgehen können, geschweige denn ihren Interessen oder Hobbies.

Rechtzeitig Unterstützung suchen

Aber damit nehmen Sie sich die Chance, mit dem versorgt zu werden, was Sie wirklich brauchen und was Ihnen nachweislich wieder zu einem besseren Leben verhelfen kann.

Eine Depression ist keine harmlose Befindlichkeitsstörung oder übertriebene Sensibilität, sondern eine behandlungsbedürftige Erkrankung. Eine Psychotherapie gibt Ihnen die Möglichkeit zu lernen, wie Sie Ihr Leben besser nach Ihren Bedürfnissen gestalten können.

Inzwischen weiß man, dass auch bei der Behandlung von Depressionen ein multimodaler Therapieansatz am wichtigsten ist. Das bedeutet, dass Patient:innen auf viele verschiedene Weisen – daher der Begriff multimodal – behandelt werden. Neben Psychotherapie spielen Bewegung und Ernährung eine sehr große Rolle. Außerdem haben sich auch kreative Therapiekonzepte wie Musik- oder Kunsttherapie als sinnvoll erwiesen.

Wenn Sie eine Depression nicht behandeln lassen, besteht die Gefahr, dass sie chronisch oder auch schwerer wird. Vor allem schwere Formen der Depression sind eine lebensbedrohliche Erkrankung. Denn häufig kreisen die Gedanken der Betroffenen um den Tod, nicht selten treten konkrete Selbsttötungsgedanken auf, die immer wieder auch zu Suizidversuchen oder vollendeten Suiziden führen. Depressionen sind verantwortlich für mehr als 50 Prozent der jährlichen Suizide in Deutschland.

Psychotherapie

Aktuelle Studien zeigen, dass Psychotherapie eine hohe Wirksamkeit hat und bei psychischen und auch bei körperlichen Erkrankungen im Vergleich zu vielen anderen Verfahren einen günstigen Einfluss auf die Gesundheit hat. Bei 80 Prozent der Menschen, die psychotherapeutisch behandelt werden, verbessert sich der Gesundheitszustand stärker als ohne Psychotherapie.

Patienten mit psychischen Erkrankungen brechen außerdem eine psychotherapeutische Behandlung deutlich seltener ab als eine medikamentöse Behandlung. Außerdem wirkt Psychotherapie im Vergleich zu einer rein medikamentösen Behandlung viel nachhaltiger und die Behandlungserfolge halten bei den allermeisten Patienten weit über das Therapieende hinaus an.

In einer Psychotherapie geht es vor allem darum, depressionstypische Denkmuster, negative Gefühle und passive Verhaltensweisen abzubauen und durch aktivere, positivere Verhaltensmuster zu ersetzen.

Deshalb sollten Sie nicht zögern und sich diese Hilfe rechtzeitig suchen, wenn Sie sich psychisch belastet fühlen. Ihre psychischen Probleme können umso eher gelindert oder geheilt werden, je früher Sie sich Unterstützung suchen.

Therapeutenliste Depression

Kognitive Verhaltenstherapie

Die Entwicklung der Verhaltenstherapie lässt sich in drei Wellen einteilen. Die erste Welle beschreibt die Entstehung erster verhaltenstherapeutischer Techniken in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die zweite Welle wurde maßgeblich von Aaron Beck Anfang der 70er Jahre initiiert. Als Gegenentwurf zur Psychoanalyse schuf er das Modell der kognitiven Verhaltenstherapie, die vor allem auf seiner Beobachtung basiert, dass depressive Menschen bestimmte stereotype Muster der Wahrnehmung und des Schlussfolgerns – daher der Begriff kognitiv - aufweisen, die ihren Blick auf die Wirklichkeit trüben und sie in Selbstablehnung und Pessimismus gefangen halten.
Die Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie bei Depression konnte mit vielen wissenschaftlichen Untersuchungen sehr gut belegt werden. Sie besteht bei der Behandlung der Depression aus drei zentralen Elementen. Im ersten Schritt sollen die Patient:innen wieder eine geregeltere Tagesstruktur aufbauen, in die bewusst angenehme Aktivitäten, aber auch Pflichten eingebaut werden. Dies hilft den Betroffenen, sich weniger zurückzuziehen, wieder positive Erfahrungen zu machen und allmählich zu erleben, dass sie die geplanten Aktivitäten wieder schaffen können. Regelmäßige körperliche Aktivität kann dabei dazu beitragen, die Stimmung weiter aufzuhellen.
Der zweite Baustein der Therapie bezieht sich auf den Abbau negativer Denkmuster über sich selbst und die Umwelt, zum Beispiel die Annahme „Ich mache ja sowieso alles falsch, ich kann das nicht“. Der Therapeut erarbeitet zusammen mit dem Patienten, woher diese Denkmuster kommen und wie sich diese auf das Verhalten und die Gefühle des Patienten auswirken. Anschließend werden die oftmals einseitigen Sichtweisen systematisch überprüft und schließlich durch angemessenere, realistischere Denkweisen ersetzt. So könnte der Patient nun zum Beispiel zu dem Schluss kommen: „Manchmal schaffe ich etwas noch nicht. Andere Dinge bekomme ich aber schon ganz gut hin.“

Da Patient:innen mit Depression häufig Schwierigkeiten haben, Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen und beizubehalten, konzentriert sich der dritte Aspekt der Verhaltenstherapie darauf, die sozialen Fertigkeiten der Betroffenen zu trainieren. So üben die Patient:innen in Kommunikationsübungen und Rollenspielen, mit anderen in Kontakt zu treten, aber auch, eigene Wünsche und Meinungen selbstsicherer zu vertreten. Am Ende der Therapie geht es dann darum, den Therapieerfolg zu stabilisieren und Strategien zu erlernen, um Rückfällen vorzubeugen beziehungsweise beim ersten Wiederauftreten von Symptomen rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen.

Die dritte Welle der kognitiven Verhaltenstherapie arbeitet mit Strategien wie Achtsamkeit Werteorientierung, Akzeptanz, Dialektik, interpersonelle Beziehungen, Metakognition, kognitive Defusion und Emotionen. Das Akzeptanz- und Comittment-Therapie-Verfahren (ACT) beispielsweise vereint neueste psychologische und neurophysiologische Forschungsergebnisse mit traditionellen fernöstlichen Meditationstechniken. Es geht darum, Vermeidungsverhalten in Bezug auf unangenehme Erlebnisse abzubauen („Acceptance“) und wertebezogenes, engagiertes Handeln („Commitment“) aufzubauen.

Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT)

Die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) hat die amerikanische Psychotherapeutin Marsha Linehan ursprünglich als Therapieprogramm für Borderline-Patient:innen entwickelt. Mittlerweile konnte man die Erfahrung machen, dass neben Patient:innen mit der Diagnose einer Borderline-Persönlichkeitsstörung auch Patient:innen mit anderen Diagnosen, zum Beispiel einer Depression sehr gut von den Elementen der DBT profitieren können.
Die ambulante DBT umfasst:

  • Einzeltherapie
  • Fertigkeitentraining in der Gruppe
  • Telefonkontakt im Notfall
  • regelmäßige Intervision der Therapeuten.

In der Einzeltherapie werden die Problembereiche hierarchisch im Sinne der Dringlichkeit geordnet. Im Vordergrund steht, Patient:innen vor Selbstmord oder selbstschädigendem Verhalten zu schützen, außerdem geht es darum therapiegefährdendes Verhalten, Beeinträchtigungen der Lebensqualität und mangelnde Verhaltensfertigkeiten positiv zu verändern.

Metakognitives Training

Das Metakognitive Training bei Depression (D-MKT) ist ein neuer Ansatz zur Behandlung von Depressionen. Das Training ist im Ansatz zwar inspiriert vom Metakognitiven Training (MTK) für Psychose, es greift aber depressionsrelevante Denkverzerrungen auf. Automatisch auftauchende Gedanken und Gefühle sollen bewusst hinterfragt werden, um eventuell überschießende Reaktionen zu vermeiden.

Das Training leitet Betroffene an, die zumeist automatischen und unbewussten Denkmuster zu erkennen und zu korrigieren. Zu diesem Zweck werden den Teilnehmenden Informationen depressionsfördernde und -aufrechterhaltende Denkmuster spielerisch vermittelt und an einer Reihe von Beispielen veranschaulicht, um sie so praktisch erfahrbar zu machen. Darüber hinaus werden auch ungünstige Annahmen über die eigenen Denkprozesse sowie über dysfunktionale Coping-Strategien wie sozialer Rückzug, Gedankenunterdrückung oder Grübeln zur Problembewältigung bearbeitet.

Systemische Psychotherapie

Die Wirksamkeit von systemischer Therapie konnte bei Depressionen wissenschaftlich gut belegt werden. In der systemischen Psychotherapie werden depressive Symptome nicht nur als Störung oder Krankheit verstanden, sondern im Zusammenhang des Systems, in dem der Betroffene sich befindet, betrachtet.

Eine Depression könnte so auch als ein Lösungsversuch verstanden werden, den der Betroffene entwickelt hat, um mit der Rolle oder den Aufgaben, die an ihn herangetragen werden, besser zurechtzukommen. Die tatsächlichen Bedürfnisse, die hinter den Symptomen stehen, rücken dabei in den Fokus und die Patient:innen machen die Erfahrung, dass sie neue Lösungsversuche erlernen können. Lesen Sie auch den Artikel "Systemische Therapie".

Psychoanalytische und tiefenpsychologisch fundierten Therapie

In einer psychoanalytischen beziehungsweise tiefenpsychologisch fundierten Therapie liegt der Schwerpunkt dagegen auf der Analyse der unbewussten inneren Konflikte, die durch negative Erfahrungen in der Kindheit entstanden sind. Diese Konflikte werden bewusst gemacht und sollen aufgelöst werden, indem der Patient sie wiederholt durchlebt.

In den weiterführenden Artikeln zur Psychoanalyse und den Tiefenpsycholgisch fundierten Therapieformen können Sie sich umfassend informieren.